Die Belastungen durch die Corona-Pandemie, die unsichere geopolitische Lage infolge des Krieges in der Ukraine, steigende Energiekosten und allgemeine Preissteigerungen belasten deutsche Unternehmen weiterhin. Das stellt das Institut für Wirtschaft (IW) in seiner Konjunkturumfrage im Juni 2022 fest. Demnach rechnet ein Viertel der Befragten in diesem Jahr mit weniger Aufträgen als 2021. Die Mehrheit von 37 Prozent glaubt dies zwar nicht, allerdings schrumpfte der Anteil der Optimisten seit Herbst 2021 um zwölf Prozentpunkte. In der Bauwirtschaft hat sich der Ausblick besonders eingetrübt. Hier liegt der Anteil der negativ gestimmten Unternehmen bei 33 Prozent, der der Optimisten bei nur noch 25 Prozent.

Ein Optimist ist Gerd Mettjes, Geschäftsführer eines der führenden norddeutschen Erd- und Spezialtiefbauunternehmen, der Johann Heidorn GmbH & Co. KG mit Standorten in Hamburg, Appen, Uetersen und Norderstedt. Er berichtet dem WEP REPORT aus dem Alltag des Tiefbauers in Krisenzeiten.

WEP REPORT: Herr Mettjes, was genau macht Heidorn?

Mettjes: In Hamburg und den Hamburger Randgebieten wie dem Kreis Pinneberg übernehmen wir Erdarbeiten, also die Erstellung von Baugruben. Spezialtiefbauaufträge führen wir in ganz Nordeuropa aus. Dazu gehören Verbauarbeiten zur Baugrubensicherung, der Einbau von Trägerbohlwänden und Spundwänden sowie Bodenmischverfahren. Im Schnitt sind wir jedes Jahr auf 250 Baustellen tätig.

Auch in Corona-Zeiten?

Es klingt kurios, aber die Pandemie hat sich für uns wirtschaftlich nicht negativ bemerkbar gemacht. Im Gegenteil. Wir hatten volle Auftragsbücher und konnten dank ausreichender Materialvorräte alle Aufgaben abarbeiten. Vor allem 2021 war ein gutes Jahr.

Wie haben Sie das personell geschafft?

Unter entsprechenden Hygienemaßnahmen und fast ohne Personalausfälle. Organisatorisch war es aber schon eine Herausforderung. Nicht bei den Mitarbeitern draußen auf den Baustellen und den Betriebshöfen, da ist man ja an der frischen Luft. Aber im Büro. Vor allem die Arbeit im Homeoffice war belastend und zeitraubend. Da durch unsere flachen Hierarchien quasi jeder alles macht und wir eng in den Projekten zusammenarbeiten, fehlte der direkte und schnelle Austausch. Zum Beispiel brauchen wir die spontane, unkomplizierte Kommunikation beim gemeinsamen Blick auf die Zeichnungen.

Corona ist ja nun zumindest für den Sommer das kleinere Übel. Hauptproblem ist inzwischen der Ukraine-Krieg mit seinen Auswirkungen. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Schon Corona hat zu negativen Entwicklungen bei Preisen, Materialverfügbarkeit und Lieferterminen geführt, und die haben sich durch den Krieg erheblich verstärkt. Das geht natürlich nicht spurlos an uns vorbei. Unsere Kraftstoffkosten für Maschinen und Fahrzeuge sind erheblich gestiegen. Wir haben es mit Preisexplosionen bei den Materialien zu tun. Beton ist etwa 30 Prozent teurer geworden, Holz rund 200 Prozent. Der Stahlpreis hat sich gut um das Zweieinhalbfache erhöht. Von den langen Lieferzeiten ganz zu schweigen.

Wie gehen Sie damit um?

Wir haben einen Vorteil, der uns sehr hilft und konkurrenzfähig macht: unser großer Materialbestand und die Tatsache, dass Materialien mehrfach nutzbar sind. Stahlträger und Holz zum Beispiel bauen wir nach Beendigung einer Baumaßnahme wieder aus und verwenden die Teile auf der nächsten Baustelle. Erde, Kies, Sand und Recycling-Material müssen wir nicht einkaufen, sondern haben es selbst. Das können wir zum Vorteil unserer Kunden beim Preis und der Terminplanung berücksichtigen. Und für uns als Unternehmen ergibt sich auch ein positiver Effekt: Unser Materialbestand erfährt mit der Preisexplosion eine Wertsteigerung.

Aber Sie müssen doch auch Materialien beschaffen…

... und die Preissteigerungen dann auch an die Kunden weitergeben, ja, leider. Und auch auf die Materialien warten, weil sie aufgrund fehlender Rohstoffe nicht laufend hergestellt oder wegen fehlender LKW-Fahrer nicht transportiert werden können. Dadurch kommt es zu Terminverzögerungen auf den Baustellen. Wir versuchen das bestmöglich durch Überstunden aufzufangen. Momentan haben wir gerade wieder so einen Fall.

Verraten Sie uns Näheres?

Es geht um eine Brückenbaustelle an der A7 hinter dem Elbtunnel. Dort wird die Autobahn auf acht Spuren verbreitert. Wir verbauen da unter anderem Stahlrohre zur Gründung von Arbeitsebenen in der Elbe. Doch diese Rohre kommen nicht pünktlich. Das nervt. Um Zeit aufzuholen, arbeiten wir auch am Wochenende.

Viele Baufirmen haben auch Terminprobleme wegen fehlender Fachkräfte. Heidorn auch?

Wir kennen zum Glück kaum Fluktuation, weil wir unser Personal wertschätzen. Unser Team zieht an einem Strang und alles funktioniert gut. Allerdings dauert es immer länger, bis wir die Genehmigungen für Bau, Transport und Wasserhaltung von den Ämtern bekommen. Dadurch kommt es zu Verzögerungen. Und auch die ständig zunehmende Bürokratisierung macht uns zu schaffen. Die stiehlt uns viel Zeit für die eigentlichen Aufgaben. Deshalb braucht man immer mehr Personal. Neue Fachkräfte zu bekommen, ist aber auch für uns schwer, obwohl wir interessante Aufgaben, ein gutes Betriebsklima, attraktive Bezahlung und viele Weiterbildungsmöglichkeiten bieten.

Wie sehen Sie in der viel zitierten Zeitenwende die Zukunft für Ihr Unternehmen?

Ich bin da optimistisch. Klar werden die nächsten Jahre schwieriger. Hohe Preis- und Zinssteigerungen, starke Rezession, teurere Lebenshaltungskosten – da wird wohl weniger gebaut werden. Aber noch geht es uns gut und wir können uns vorbereiten. Außerdem sind wir breit aufgestellt und ein überschaubarer, flexibler Betrieb, der schon lange besteht und jetzt nicht die erste Krisenzeit erlebt. Krisen haben auch etwas Positives: Sie machen uns kreativer und schärfen den Blick aufs Wesentliche.

Danke für Ihre Zeit, Herr Mettjes.

Johann Heidorn GmbH & Co. KG auf einen Blick

Das 1859 gegründete Erd- und Spezialtiefbauunternehmen setzt von jeher auf neueste Technologie, hohe Qualität und Verlässlichkeit, beschäftigt heute 75 Mitarbeiter und verfügt über verschiedene Zertifizierungen.

Die Standorte:

Am Standort Uetersen unterhält Heidorn seinen Erdbaubereich mit Disposition, Werkstatt, Fuhrpark sowie Materialien wie Mischbeton, Kies aus eigenen Gruben, Spielsand und Mutterboden – Produkte, die Baufirmen und Privatleute hier auch direkt kaufen können. Außerdem organisiert dieser Standort das Recycling von Bauabfällen und den Verkauf dieses wiederverwendbaren Materials, das am Standort Norderstedt zur Verfügung steht.

Große Twiete 94, 25436 Uetersen
Telefon (04122) 98149 01
uetersen@heidorn.de

Im vergangenen Herbst hat Heidorn seine Verwaltung und die bautechnische Abteilung von Appen nach Hamburg-Osdorf verlegt.

Langelohstraße 134, 22549 Hamburg
Telefon (040) 8 009 08 60
esk@heidorn.de

Weiterhin am Standort Appen befinden sich für den Spezialtiefbau die Werkstatt und die Lagerflächen für Materialien wie Stahlelemente und Holz.

Foto: Gerd Mettjes führt das Unternehmen seit 2020, ist ein waschechter Kreis-Pinneberger und blickt optimistisch in die Zukunft. © Heidorn