Wie betroffen ist die regionale Wirtschaft von den aktuellen Krisen? Wie blicken sie in die Zukunft? Gerade als es schien, die Wirtschaft steuere nach den schlimmsten Folgen der Corona-Pandemie wieder in ein ruhigeres Fahrwasser, rollte im Februar 2022 mit dem Ukraine-Krieg die nächste Monsterwelle an. Seine weltweiten Auswirkungen sind inzwischen immer deutlicher zu spüren. Lieferengpässe, Produktionsunterbrechungen, Terminverzögerungen, explodierende Preise und anderes mehr machen den Unternehmen in unterschiedlichem Maße zu schaffen.

Der WEP Report hat diesmal das Expertengespräch mit Kai Schröder geführt. Er steht der Elektro-Innung des Kreises Pinneberg vor, ist außerdem stellvertretender Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Westholstein. Seine Firma Schröder Elektrotechnik e. K. betreibt er in zweiter Generation mit Werkstatt und Laden in der Hauptstraße in Rellingen. Mit seinen 14 Mitarbeitern führt er Installationen aller Art aus, befasst sich mit dem Thema Beleuchtung, verkauft und repariert Haushaltsgeräte.

WEP REPORT: Herr Schröder, was ist für die Elektrobetriebe schlimmer, die Folgen der Corona-Pandemie oder des Ukraine-Kriegs?

Schröder: Durch Corona hatte das Elektrohandwerk weniger Probleme. Als systemrelevanter Bereich mussten die Betriebe nicht schließen, und mit Hygienemaßnahmen und digitaler Kundenkommunikation lief alles relativ gut. Unterm Strich kann man sogar sagen, wir haben profitiert.

Konkret heißt das was?

Viele Betriebe haben mit der Digitalisierung der Abläufe im Büro, im Kundenkontakt und auch auf den Baustellen früher begonnen als geplant und sich damit nicht nur für die Corona-Zeit, sondern auch für die Zukunft besser aufgestellt. Und die Investitionsfreude der Menschen, die ihr Geld ja nicht mehr für Reisen, Kultur und andere Freizeitaktivitäten ausgeben konnten, führte zu noch volleren Auftragsbüchern, als wir sie vor Corona ohnehin schon hatten. Elektroinstallationen für neue Bäder und Küchen, Pools, Photovoltaik- und Solaranlagen, Wärmepumpen, energiesparende Heizungen, Smart-Home-Technik oder Wall-Boxen für E-Autos waren ebenso gefragt wie effiziente Spül- und Waschmaschinen oder andere moderne Haushaltsgeräte. Ein Wermutstropfen allerdings: Die Arbeitsflut war für die meisten Betriebe personell und wegen beginnender Lieferprobleme, vor allem aus China, gar nicht mehr zu bewältigen. Auch wir arbeiten heute noch an so manchem Auftrag.

Das dürfte durch die Folgen des Ukraine-Kriegs aber nochmal um einiges schwieriger geworden sein, oder?

In der Tat, die machen uns ziemlich zu schaffen. Es gibt erhebliche Transport- und damit Lieferprobleme. Auch die Warenverfügbarkeit ist eingebrochen. Es fehlt stark an Kabeln, teils auch an Schaltern. Bei Fehlerstromschutzschaltern und Verteilungen hapert es besonders. Auch Produkte aus der Ukraine, wie verzinkte Laternenmasten, sind schlecht zu bekommen. Bei den Haushaltgeräten müssen wir auf Lieferungen teils wochenlang warten, vor allem auf Geschirrspüler, aber auch auf Reparaturteile. Den Herstellern fehlen zum Beispiel Chip. Und die verknappten Angebote lassen die Preise natürlich in die Höhe schießen. Hersteller und Lieferanten können uns weder Liefertermine noch Preise verbindlich nennen.

Was bedeutet das für Ihre Arbeit und die Kunden?

Das alles hat unerfreuliche Konsequenzen für die Terminkalender, die Angebots- und Preisgestaltung und die Finanzen der Betriebe. Aufträge können nicht termingerecht ausgeführt und somit auch nicht abgerechnet werden. Unser Betrieb bearbeitet zum Beispiel bis zu 100 Aufträge gleichzeitig, weil sie wegen fehlender Teile nicht finalisiert werden können. Unsere Angebote können nur kurzfristig gelten, weil wir die stetigen Preisanhebungen unserer Vorlieferanten und die Teuerungsraten für Energie und Kraftstoff nicht allein auffangen können. Die Kunden haben dafür leider nur bedingt Verständnis. Aber ich kann allen versichern: Die Betriebe geben alles und stopfen sich auch nicht die Taschen voll.

Bleiben Aufträge nicht auch wegen fehlender Fachkräfte liegen?

Ja, das betrifft Hersteller, Lieferanten und Transporteure und auch uns als Handwerk. Corona hat diese Situation durch Krankheitsfälle noch verschärft. Und der Krieg bindet ukrainische Arbeitskräfte. Sie fehlen dort in der Produktion und hier zum Beispiel im Transport als LKW-Fahrer. In unserem Handwerk ist der Mangel vor allem ein demografisches Problem, aber auch auf die zu geringe Ausbildung in den letzten Jahrzehnten zurückzuführen. Bundesweit fehlen im Elektrohandwerk derzeit 80.000 Fachkräfte.

Was glauben Sie, wie es in Zukunft weitergeht?

Sicher wird die Inflation mit ihren steigenden Preisen und Zinsen die Konjunktur auch in unserer Branche dämpfen. Andere Krisenprobleme wie Lieferengpässe werden sich wohl wieder einpendeln. Wir können an der Situation nichts ändern, aber sollten nicht unser Leid beklagen, sondern uns weiterhin bestmöglich an alle Gegebenheiten anpassen und zuversichtlich nach vorn schauen. Das Elektrohandwerk ist ein anspruchsvolles Gewerk und für die Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft in das Digitalzeitalter ein relevanter, nicht wegzudenkender Partner. Wenn es uns gelingt, mehr Jugendliche - auch Abiturienten, da es immer weniger Realschüler gibt - für unseren attraktiven Beruf mit seinen vielen Karrieremöglichkeiten zu begeistern, sehe ich unsere Zukunft positiv. Ein Silberstreif am Horizont zeigt sich schon.

Inwiefern?

Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit haben Kammer und Innung erreicht, dass die Betriebe wieder mehr Praktikums- und Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen und das Interesse der jungen Menschen und auch die Ausbildungszahlen gestiegen sind. Da müssen wir weitermachen. Wer also mal in einen Betrieb hineinschnuppern möchte oder einen Ausbildungsbetrieb sucht, kann sich gern bei mir melden.

Danke für das Gespräch, Herr Schröder.

Schröder Elektrotechnik e.K.
Kai Schröder
Hauptstraße 33
25462 Rellingen
Telefon: (04101) 840 408
post@840408.com
www.schroederelektrotechnik.de

TIPP: Energieeffizientes Bauen und Sanieren wird bundesweit durch zahlreiche Förderprogramme auch für Unternehmen unterstützt. Nähere Informationen und passende Programme für Industrie und Gewerbe finden Sie bei der Förderdatenbank des Bundes im Internet unter www.foerderdatenbank.de