Bad Bramstedt (em) Die FDP Bad Bramstedt spricht sich nach internen Beratungen gegen den Antrag der SPD aus, dass sich Bad Bramstedt um den Titel der „Fairtrade-Town“ bewerben soll.

Dazu sagt Helmer Krane: „Diesem Antrag kann man nicht zustimmen. Der Antrag fordert unter anderem, dass bei allen Ausschusssitzungen sowie im Bürgermeisterbüro fair gehandelter Kaffee und ein weiteres Produkt aus Fairem Handel angeboten werden. Im Moment gibt es aber mit Ausnahme der Stadtverordnetenversammlung gar keinen Kaffee auf Ausschusssitzungen! Die SPD beantragt somit nichts anderes als Kaffee und Kekse auf allen Sitzungen. Wie kann man das angesichts der Haushaltssituation verantworten? Dabei ist Fairtrade‐Kaffee zudem über 40% teurer als klassischer Röstkaffee im Handel.

Ein weiteres Kriterium für den Titel‚ Fairtrade‐Town ist, dass eine konkrete Anzahl von Fairtrade‐Produkten im Einzelhandel und in der Gastronomie in Bad Bramstedt angeboten werden. Wenn die Stadt Bad Bramstedt das fordert, dann fördert sie den Absatz von einzelnen Konzernen und Unternehmen, die an den höheren Preisen für Fairtrade‐Produkte verdienen. Denn die höhere Gewinnmarge kommt bei weitem nicht 1:1 bei den Produzenten in den Drittstaaten an. Es gibt nämlich bei Fairtrade keine feste Quote, wie viel Geld bei den Produzenten vor Ort ankommt. Auch deutsche Hersteller verdienen somit kräftig an Fairtrade‐ Produkten! Der US-­‐Ökonom Bruce Wydick hat herausgefunden, dass bei 50 Cent mehr für eine Tasse Kaffee selbst im besten Fall von diesen 50 Cent nur ein Drittel Cent beim Produzenten ankommt.

Und wir dürfen auch nicht vergessen: Wo Fairtrade drauf steht, ist noch längst nicht alles gut: Nicht umsonst hat sich die GEPA, die ‚Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt selbst Gründungsmitglied des Fairen Handels bereits vom Fairtrade‐Gütesiegel verabschiedet. Das begründet sie damit, dass sich das Siegel als Produktsiegel ausschließlich auf den Anbau und den Verkauf der Rohware bezieht. Das heißt, die sozialen Standards, die Fairtrade garantiert, gelten nicht für die späteren Verarbeitungsstufen! Aber selbst auf Ebene der Rohwaren profitieren nur Angestellte, nicht aber etwa Wanderarbeiter. Dementsprechend gibt es etwa auf Haiti andauernde Kritik an Fairtrade, weil dort Wanderarbeiter unter miserablen Bedingungen für Fairtrade-­‐Produkte arbeiten. Des Weiteren muss ein Mischprodukt wie etwa Kekse nur zu 20% aus Fairtrade-­‐Produkten bestehen, um selber das Fairtrade-­‐Siegel zu tragen.

Der ausschließliche Kauf von Fairtrade‐Produkten ist daher keine Garantie dafür, dass man sozial verträglich konsumiert. Hinzu kommt, dass es mittlerweile auch Forschungsarbeiten gibt, nach denen die Löhne bei Fairtrade‐Produkten sogar teilweise unter denen bei vergleichbaren Nicht‐Fairtrade‐Betrieben lagen und auch Forschungsarbeiten, die generell einen positiven Effekt auf die Situation in den Ländern verneinen. Das soll nicht bedeuten, dass Fairtrade ein schlechtes Konzept ist. Fairerweise gehört auch zugestanden, dass es ebenso gegenteilige Studien über die Effekte von Fairtrade gibt. Und kein Siegel kann es selbstverständlich schaffen, ohne Lücken soziale Standards zu sichern. Dennoch sprechen diese Gründe dagegen, dass sich die Stadt der vorbehaltlosen Unterstützung des Konzeptes ‚Fairtrade verschreibt. Insbesondere finde wir Freien Demokraten es inakzeptabel, dass wir einen Antrag beschließen sollen, der unsere Verpflegung in Ausschusssitzungen verbessert. Es kommt nicht darauf an, mehr zu konsumieren, sondern besser. Und wir Politiker müssen doch zumindest glaubhaft bei uns selbst sparen! Die Stadt würde als Faitrade‐Town zum Werbebanner für Unternehmen und zahlt dafür auch noch.

In jedem Fall kann ein solches Projekt nicht über die Köpfe der Bürger hinweg begonnen werden sie müssten von Anfang an bei der Entscheidung über ein „Ob“ der Bewerbung beteiligt werden, wenn die Stadt auf ihre Mitarbeit bei der Erlangung des Titels angewiesen ist. Daher hoffen wir, dass sich die abzeichnende Unterstützung aus den anderen Parteien für den Antrag nicht bewahrheitet und der Antrag abgelehnt wird. Da wir als Liberale aber selbstverständlich auch die Stadt als öffentliche Hand in der Verantwortung sehen, umsichtig einzukaufen, werden wir uns für einen entsprechenden Kompromiss einsetzen. Die Stadt soll sich zwar nicht um den Titel als Fairtrade‐Town bewerben, wohl aber beim Einkauf von Produkten möglichst auf Siegel, regionale Produkte und andere Qualitäts‐sowie Sozialstandards achten. Wir Freien Demokraten stehen für umsichtige und sachorientierte Entscheidungen.“

Anja Schuppe, Stadtverordnete und Mitglied im Sozialausschuss fügt hinzu: „Nachdem ich bereits im Sozialausschuss Kritik geübt hatte aber unter Vorbehalt zugestimmt habe, habe ich mich noch einmal mit dem Konzept auseinandergesetzt. Was zuerst gut klingt ist am Ende weder sozial noch finanziell durchdacht. Die Stadt braucht keinen Titel, um verträglich zu konsumieren.“