Dezember (rj) Eine über 20-jährige Planungsgeschichte geht am 7. Dezember zuende. Dann wird um 13 Uhr der Verkehr auf der Ortsumgehung Bad Bramstedt freigegeben.
Für den Akt am Lohstücker Weg haben sich zahlreiche Vertreter aus Politik und Wirtschaft angekündigt, so Torsten Conradt, Direktor des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr, Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, und Landeswirtschaftsminister Jost de Jager.
Vorerst keine Änderungen
Die Ortsumgehung wird zunächst einmal ohne Veränderungen am Bleeck starten. Lediglich die Fußgängerampeln werden darauf angepasst, dass die Bundesstraße nicht mehr über den Bleeck verläuft. „Wir wollen die nächsten Wochen beobachten, wie sich der Verkehrsfluss entwickelt“, so Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach. In der Zwischenzeit soll der Sachverständige Dr. Rolf Hüttmann vom Ingenieurbüro Masuch und Olbrisch noch einmal zu den Alternativen zur Kreisverkehrslösung befragt werden. Eine Auswertung ist in der nächsten Sitzung des Planungsausschusses am 16. Januar vorgesehen.
Zunächst wurde von Hüttmann ein Kreisverkehr am Bleeck favorisiert, mittlerweile empfiehlt er eine wesentlich teurere Variante: die Schließung der Hamburger Straße. Für den Verkehrsingenieur eine optimale Lösung des Kreuzungsproblems Altonaer Straße/Hamburger Straße. Nur: Eine Verlängerung der Altonaer Straße mit Anbindung an den Bleeck würde immense Kosten verursachen.
Die Bad Bramstedter Sozialdemokraten frohlocken bereits, dass der Kreisverkehr vor der Raiffeisenbank vom Tisch ist. Dies sei auch der Wunsch der Bürger, wie sie auf einem Infostand auf dem Wochenmarkt festgestellt haben. „Spontan beteiligten sich fast 50 Marktbesucher an einer Umfrage. Über 95 Prozent wollen keinen Kreisel“, stellt Ortsvereinsvorsitzender Klaus-Dieter Hinck klar. Er fordert: „Wir brauchen jetzt keine sogenannten Zwischenlösungen mehr, sondern eine Lösung, wie sie die Bürger in der fast zweijährigen Beteiligung erarbeitet haben. Diese muss nun endlich mit den Verkehrs- und Stadtplanern abgestimmt werden. Wir hoffen, dass das bis zum Frühjahr geschehen wird.“ Ebenso fordert die SPD, „dass sich der Ausschuss für Wirtschaft und Finanzen endlich mit dem Thema Tourismuskonzept befasst. Joachim Behm von der FDP verschleppt dieses Thema seit Monaten aus unerklärlichen Gründen.“ Ein schlüssiges Tourismuskonzept ist für Bad Bramstedt wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, an Fördergelder für eine Umgestaltung der Innenstadt zu kommen.
Schon seit langem wurde die Ortsumgehung Bad Bramstedt im Zuge der B 206 geplant. Bislang nutzen die Bundesstraßen B 4 und B 206 noch den gemeinsamen Streckenabschnitt Kirchenbleeck, auf dem der gesamte Fernverkehr gebündelt ist. Dieser stauanfällige Bereich soll durch den Zubringer Lohstücker Weg als neue Verknüpfung zur B 4 vom Fernverkehr entlastet werden. Dadurch ergeben sich für die Innenstadt neue Entwicklungsperspektiven.
So verläuft die Strecke
Die Ortsumgehung wurde in zwei Abschnitten realisiert: fünf Kilometer westlich von Hitzhusen, die nördlich um Bad Bramstedt führen und an der Anschlussstelle L 319 (alte B 4 Richtung Neumünster) enden, dann fünf Kilometer beginnend an der Anschlussstelle L 319, die östlich um Bad Bramstedt herum führen und südöstlich an die B 206 anbinden. Ebenfalls zum zweiten Bauabschnitt gehörte der Ausbau des Lohstücker Weges zur Bundesstraße B 4. Die B 4 aus Hamburg kommend bindet nun über den Lohstücker Weg an die Ortsumgehung an.
CDU: Lenkung kein Wunschkonzert
Vor fast 30 Jahren war die CDU Vorreiter und hat allein eine Umgehungsstraße für Bad Bramstedt gefordert. Erst mit der Zeit schwenkten FDP und SPD auf die Forderung nach einer Umgehungsstraße ein. Nun gilt es, mit klugen und genehmigungsfähigen Entscheidungen unsere Innenstadt vom Fahrzeugverkehr zu entlasten. Der Durchgangsverkehr, also alle diejenigen, die nicht in Bad Bramstedt halten wollen, sollten auf der Umgehungsstraße bleiben oder auf die Umgehungsstraße gelenkt werden. Der Zielverkehr in die Stadt hinein und aus der Stadt heraus soll optimal beeinflusst werden im Interesse einer deutlichen Verkehrsberuhigung in der Innenstadt.
Alle Bürger und Politiker wünschen sich eine Verkehrsberuhigung in der Innenstadt und für weite Bereiche eine Tempo-30-Zone. Hieran kann jeder Verkehrsteilnehmer in Bad Bramstedt und Umgebung mitwirken, indem er die Abfahrt von der Umgehungsstraße wählt, die seiner Wohnung bzw. seinem Arbeitsplatz am nächsten gelegen ist. Damit entlasten wir Bleeck, Kirchenbleeck und den Maienbeeck. Die von allen gewünschte Tempo-30-Zone ist nach Paragraph 45 Straßenverkehrsordnung überhaupt nur genehmigungsfähig, wenn der Bereich ohne Ampeln und ohne Fußgängerübergänge geregelt werden kann. Hier sollten alle bedenken, dass die Verkehrslenkung kein „Wunschkonzert“ ist, sondern strengen gesetzlichen Regelungen unterliegt.
SPD: Plan fehlt, das ist peinlich
Mal ehrlich: Nach über 30 Jahren Planung steht die Stadt bei Eröffnung der Umgehungsstraße ohne einen Plan, ohne einen Beschluss zur weiteren Innenstadtgestaltung dar. Wie peinlich ist das denn? Diese Peinlichkeit haben insbesondere FDP und CDU zu verantworten, die meinten, sich nicht um die Vorschläge der Bürger aus zwei Jahren Bürgerbeteiligung kümmern zu müssen, sondern plötzlich sozusagen kurz vor Toresschluss - eine völlig überflüssige „Zwischenlösung“ in Form eines Kreisverkehrs favorisierten.
Nun ja, wir gehen nach den kräftigen und eindeutigen Reaktionen aus der Bürgerschaft davon aus, dass dieser Vorschlag vom Tisch ist und hoffentlich tief in einer Schublade verschwindet. Wir danken den vielen Bürgern insbesondere dem Seniorenbeirat und dem BVV , dass sie uns hierbei unterstützen. Wir werden unser Ziel weiterverfolgen, die Innenstadt zu einem Bereich zu gestalten, in dem man sich gern aufhält, in dem man gern bummelt und ruht. Konzepte dafür haben wir schon vor geraumer Zeit vorgelegt. Für Fußgänger und Radfahrer soll es mehr Platz geben, ebenso zum Verweilen und Bummeln. Das muss nicht alles gleich viel Geld kosten: So kann man zum Beispiel im Maienbeeck die parkenden Autos problemlos von den Bürgersteigen nehmen. Das kostet allenfalls ein paar Markierungsstreifen und ein paar Schilder und natürlich den Willen, etwas zu verändern.
FDP: Wir freuen uns über Visionen
In der Schlussphase der Vollendung haben viele Bad Bramstedter von dieser Straße schon Besitz ergriffen, mit dem Fahrrad oder auch zu Fuß. Damit wird durch die schlichte Abhängung der Segeberger Straße und der neue Zugang über den Lohstücker Weg die Stadt vom Durchgangsverkehr befreit. Wir werden die vielen Lkw und die schnellen „Durchreisenden“ freudig vermissen. Der Bleeck wird keine doppelte Bundesstraße mehr sein. Es wird auf dem Bleeck, allein dass er eine verkehrsberuhigte 30-Zone sein wird, angenehmer sein zu verweilen, Feste zu feiern, Märkte abzuhalten, Umzüge zu organisieren, die Terrassen der Gaststätten an warmen Tagen im Freien zu besuchen. Dies wird unsere Gedanken fliegen lassen: Wollen wir die Fahrbahnen verengen? An welcher Stellen sollen bequeme neue Parkplätze entstehen oder sollen an der einen oder anderen Stelle auch selbige aufgehoben werden? Soll der westliche Bleeck eine weitere Zufahrt bekommen? Wann soll die Hamburger Straße nur noch als Ausfahrt in südlicher wie bisher geplant umgestaltet werden? Gibt es für den angedachten Kreisverkehr nördlich der Raiba eine bessere Lösung? Für teure Umgestaltungsbauten wird es kaum Zuschüsse geben. Dennoch, warum soll es keine Visionen für die nächsten Jahre geben. Die FDP freut sich auf viele gute umsetzbare Ideen. Gute Beiträge und Gedanken werden wir gerne aufnehmen.
Bündnis 90/Die Grünen: Ein Bleeck für alle
Wir haben den Bau der Ortsumgehung stets abgelehnt, da sie eine geringe Verkehrsentlastung mit hohen Kosten und maximaler Umweltzerstörung erkauft. Durch die Kappung der Segeberger Straße wird der gesamte Verkehr in das Kurgebiet absurde Umwege in Kauf nehmen müssen, die an der Kreuzung Lohstücker Weg/Butendoor zu neuen Verkehrsproblemen führen werden. Wir erwarten einen Rückgang des Autoverkehrs im Zentrum von zehn Prozent, da der gesamte Durchgangsverkehr überhaupt nur 16 Prozent des städtischen Verkehrs ausmacht. Das sehen die Umgehungs-Fans der anderen Parteien naturgemäß anders; einig sind wir aber darin, dass die Innenstadt attraktiver gestaltet werden muss. Den Appell der Bürgervorsteherin auf dem Neujahrsempfang vor fast zwei Jahren, dass die Politik in Sachen Innenstadtgestaltung „in die Puschen“ kommen möge, haben wir schon vorher aufgegriffen und im November 2008 einen Workshop mit zahlreichen Bürgern zum Thema gemacht. Auch die intensive Bürgerbeteiligung an den folgenden städtischen Workshops ergaben zahlreiche Wünsche: Erhöhung der Aufenthaltsqualität, Verkleinerung der Straßenverkehrsfläche, Temporeduzierung. Die Konzepte von BVV und SPD enthalten viele sinnvolle Bausteine dazu. Unsere Vision ist ein „Bleeck für alle“. Aktuell laufen wir allerdings Gefahr, dass nur die Verkehrsplaner die Gestaltung der Innenstadt diktieren.