Henstedt-Ulzburg (em) Seit 2020 leitet die Iran stämmige Künstlerin Feri Tabrisi die gemeindlich geförderte „Kunststation Henstedt-Ulzburg“ mit dem Ziel einer interkulturellen Verständigung. Das Medium „Kunst“ soll vor allem da als Ausdrucksmöglichkeit dienen, wo die gemeinsame Sprache fehlt oder wo gegenseitige Vorurteile den Dialog erschweren. So entstanden im Laufe der letzten drei Jahre eine Vielzahl von Kunstwerken, die zum Teil von Einzelkünstlern, zum Teil als eine gemeinsame Produktion von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sind - Kunstwerke von so großer Qualität, dass die Kulturabteilung des Kreises Segeberg auf das Wirken von Tabrisi aufmerksam wurde und sie vom 18.09. bis zum 1.10.2023 zu einer Ausstellung in das Segeberger „KulturHaus REMISE“ einlud.
Die Ausstellung mit dem Titel „Gibt es mich wirklich?“ zog viele Interessierte aus dem Kreisgebiet an und beeindruckte mit ganz unterschiedlichen Stilformen und kulturellen Assoziationen. Es war besonders ein Thema, dass sich gleich in mehreren Kunstwerken, insbesondere in denen von Tabrisi selbst, widerspiegelte: Die Unterdrückung von Frauen, insbesondere in muslimisch geprägten Gesellschaften. „Der vermeintliche „Schutz“ von Frauen durch Gesetze und Rollenzuschreibungen entpuppt sich vor allem als Gefängnis, das Frauen schwach und abhängig machen soll“, erklärt die Künstlerin, die nach eigenen Aussagen in ihrer Kunst immer wieder bei ihrem Anliegen „landet“, Frauen auch in westlichen Kulturkreisen dabei zu unterstützen, zu ihrer Kraft und Freiheit zu finden.
Ein gutes Beispiel hierfür war auch die Abschlussveranstaltung (Finissage) der Ausstellung, die unter dem Thema „Persische Teezeremonie und Teehausmalerei“ stand. Zunächst waren die Besucher*innen eingeladen, selbst an einer solchen Teezeremonie teilzunehmen. Sie gehört zu den auch im Iran von Vielen bereits vergessenen Traditionen, in denen es vor allem darum geht, die Gäste persönlich anzusprechen und zu ehren. Eine zentrale Rolle spielt dabei die jeweilige Hausherrin, die das Zeremoniell leitet und Helfer*innen mit viel Geschick und Kenntnis instruiert.
In ihrem anschließenden Vortrag referierte Tabrisi über die besonderen Eigenarten der so genannten „Teehausmalerei“. Ursprünglich aus der Not von Künstlern geboren, die in Teehäusern – streng genommen erst in den aus ihnen hervorgegangenen „Kaffeehäusern“ - die Möglichkeit erhielten, großformatige und meist farbenfrohe Malereien zu schaffen, avancierten die dort entstandenen Gemälde zu hoch gehandelten Kunstwerken auf der ganzen Welt. „In der Teehausmalerei geht es ausdrücklich und ganz ausschließlich um Produkte der menschlichen Fantasie“, betonte Tabrisi und verwies augenzwinkernd auf das Großgemälde, dass sie selbst im Stil der Teehausmalerei geschaffen hat und im Rahmen dieser Ausstellung erstmals präsentierte. Es zeigt die Entwicklung des Lebens im Wasser hin zu seiner höchsten Form – einer befreiten, starken und schönen….Frau.
Nachdem Tabrisi die vielen Fragen des interessierten Publikums beantwortet hatte, bedankte sich Edda Runge, Kulturmanagerin beim Verein für Jugend und Kulturarbeit im Kreis Segeberg e. V. (VJKA) und Organisatorin der Ausstellung, bei der Künstlerin mit einem großen Blumenstrauß dafür, dass sie mit ihrer Ausstellung das KulturHaus REMISE für zwei Wochen zu einem Zentrum der gegenseitigen Verständigung gemacht hat.
Auch für den ebenfalls zu den Gästen zählenden VHS-Leiter und Unterstützer der Kunststation, Dr. Jochen Brems, leistet Tabrisi gerade in Zeiten zunehmender Radikalisierung einen äußerst wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft: „Je mehr wir voneinander wissen und je mehr wir einander zuhören, desto weniger laufen wir Gefahr, uns von Ängsten und gegenseitigen Vorurteilen beherrschen zu lassen.“