Norderstedt (em) Der oberflächliche Glanz des Pariser Gesellschaftslebens, die Verlockungen des Luxus, bürgerliche Wohlanständigkeit und Liebe, überschattet von der Ahnung des nahen Todes, sind die Elemente von La Traviata. Die Oper basiert auf der wahren Lebensgeschichte von Alphonsine Duplessis, eine der schönsten, reichsten und verschwendungssüchtigsten Kurtisanen von Paris, die im Alter von 23 Jahren völlig verarmt starb, und die Alexandre Dumas fils, selbst einer ihrer Liebhaber, zur Titelfigur eines seiner erfolgreichsten Bücher machte, La Dame aux camélias.
Dumas hatte bei der Dramatisierung seines Romans den sozialkritischen Realismus gemildert und die Aufmerksamkeit stärker auf seine Titelfigur konzentriert. Für Verdi, den Komponisten der Gefühle und Leidenschaften, war die Demi-Monde-Vergangenheit seiner Heldin nur Vorbedingung für ihre Tragödie: Violetta Valéry verbringt ihr Leben in einem Rausch von Luxus und Vergnügen. Sie verdrängt die ersten Anzeichen einer schweren Krankheit und glaubt nicht an die Liebe, bis ein junger Mann in ihr Leben tritt, Alfredo Germont. Er ist ganz anders als alle Männer, die sie kennt und es gelingt ihm, sie von der Ehrlichkeit seiner Gefühle zu überzeugen. Sie sucht mit ihm, fern der Pariser Gesellschaft, Selbstverwirklichung und Glück. Doch Alfredos Vater holt sie in die Realität zurück: Violetta kompromittiert den bürgerlichen Ruf der ganzen Familie, die Heiratsaussichten von Alfredos Schwester sind gefährdet, er selbst hat keine Mittel, um auf Dauer ein gemeinsames Leben zu finanzieren. Violettas Beteuerungen, Alfredo wirklich zu lieben und dem Hinweis auf die kurze Zeit, die ihr noch zum Leben bleibt, schenkt er keinen Glauben. Schließlich willigt sie in eine Trennung ein, um Alfredos Glück zu sichern. Alfredo, dem sie Untreue vorspielt, demütigt sie öffentlich und verlässt Frankreich. Erst kurz vor ihrem Tod erfährt er die Wahrheit und kehrt zu der völlig verarmten Geliebten zurück, die in seinen Armen stirbt.
Romantik und ein für seine Zeit erstaunlicher Realismus finden in Verdis Werk ihren Ausdruck. Zwei Komponenten prägen die Musik: einerseits die Tanzmelodik, die die ganze Oper durchzieht und die Epoche und das Pariser Milieu charakterisiert. Nicht nur die Polka,- Galopp,- und Walzermelodien während des Festes im ersten Akt, sondern auch die Tanz- und Choreinlagen bei Flora im 3. Bild basieren auf Tanzweisen, bis hin zu dem vom gesamten Ensemble getragenen langsamen Walzer, der das Bild beschließt in der Apotheose der tödlich gekränkten Violetta. Der zweite musikalische Fokus liegt auf den inneren Regungen der drei Hauptcharaktere. Nur im ersten Bild scheinen in dem scheinbar vor Lebenslust sprühenden berühmten „Brindisi“ den Trinksprüchen, die Violetta und Alfredo austauschen, Übermut und Freude zu herrschen. Schon in der Koloraturarie „È strano“ zeigt sich die Brüchigkeit der Gefühle der Heldin. Ihr Abschied vom Leben „Addio del passato“ und das sehnsuchtsvolle Duett mit Alfredo kurz vor ihrem Tod „Parigi, o cara“ zählen zu den Höhepunkten der Opernliteratur. Verdi, der danach strebte, die herkömmliche Opernform aufzubrechen, hatte die Möglichkeit erkannt, mit diesem Sujet, einem zeitgenössischen Thema, einen Schritt weiter zum Musikdrama vorzustoßen, sich von überkommenen Operntraditionen zu lösen. Eines der neuartigen Merkmale seiner Komposition war auch der realistisch wirkende Konversationsstil, der sich in jedem Akt findet. Im ersten Akt die erste private Unterhaltung zwischen Violetta und Alfredo, im zweiten Bild das lange Duett Violettas mit Alfredos Vater Germont, das ein Drama innerhalb des Dramas bildet: von Violettas stolzem Aufbegehren gegen Germonts Forderung, sich vom Geliebten zu trennen, bis zu ihrer Resignation findet ein verbales Duell zweier starker Charaktere statt. Im 3. Bild kommentieren die Sänger in kurzen, abgerissenen Sätzen das Geschehen im spannungsgeladenen Kartenspiel, zu dem Violettas Liebhaber Alfredo herausfordert und das Violetta voller Angst beobachtet.
Die Compagnia dOpera di Milano wurde 1948 gegründet. Ihre Verdienste um die Popularisierung des Belcanto-Repertoires wurden mehrfach von der italienischen Regierung ausgezeichnet. Die Compagnia realisierte weit über 4000 Vorstellungen in 15 europäischen Ländern. Der hervorragende Ruf der Compagnia dOpera Italiana di Milano lässt sie zum begehrten Karrieresprungbrett junger Sänger aus der ganzen Welt werden. Bei dem alljährlichen Vorsingen in Mailand für die seit Jahrzehnten produzierende schlote productions sind nicht nur Künstler und Künstlerinnen aus Italien vertreten, sondern auch aus fast allen Kontintenten. Besonders erfreulich ist es, wenn junge Künstler, die erstmals und über Jahre im Tourneegebiet vorgestellt werden konnten, Karriere machen, wie etwa Miriam Gauci, Swetla Wassilewa oder Maria Luigia Borsi und viele, deren Wege von der Scala bis zur Metropolitan Opera, den Salzburger Festspielen und führenden Opernhäusern wie Wien, Stuttgart oder Zürich führten.
La Traviata von Giuseppe Verdi am 11. November, um 20 Uhr.
Einführung in die Oper um 19 Uhr durch Musikwissenschaftler Dr. Wolfgang Doebel
Preise: 24, 32, 40 Euro
(Schüler, Studenten und Azubis 11 Euro zuzüglich Vorverkaufs- und Systemgebühr)
Karten in allen bekannten Norderstedter Vvk-Stellen oder telefonisch unter: 040 / 30 987 / 123
Foto: Die beliebte Oper La Traviata.