Bad Bramstedt (rj) Zwei Stimmen gegen die bisherigen Absichten im Fachmarktzentrum: Die Landesplanung will nicht so viel Fläche zulassen wie von Investor Quantum gewünscht, der Bürger- und Verkehrsverein meint, dass ein Großteil der Bad Bramstedter einen weiteren Lebensmittelhandel auf der grünen Wiese Teil des Konzepts überhaupt nicht will.
Der Verein hat eine Umfrage in den Geschäften der Stadt durchgeführt. Ergebnis: 476 Bad Bramstedter sprechen sich gegen die derzeitige Planung aus, nur 31 sind dafür. „Vor allem der geplante Lebensmittelmarkt stößt auf Kritik“, teilt BVV-Vorsitzende Andrea Schroedter mit. Aber auch mögliche Abwanderungen von Rossmann und Dänisches Bettenlager zum Fachmarktzentrum würden den Bürgern Sorge bereiten.
Weitere schlechte Nachrichten für Quantum kommen aus Kiel: Die Landesplanung besteht auf ihre ursprünglich festgesetzte Begrenzung der Verkaufsflächen. Im Klartext: Im Fachmarktzentrum sind maximale Größen für einen Lebensmittemarkt von 800 und für einen Drogeriemarkt von 400 Quadratmeter erlaubt.
Über die neuen Entwicklungen sprachen wir mit Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach.
Wie beurteilen Sie das Ergebnis der BVV-Umfrage?
Es ist gut, dass sich der BVV mit den Kunden seiner gewerblichen Mitglieder an der politischen Meinungsbildung beteiligt. Eine Umfrage, die nach belastbaren statistischen Spielregeln durchgeführt wird, kann dadurch nicht ersetzt wird. Stimmungen können natürlich sehr wohl auf diese Weise deutlich werden und müssen ernst genommen werden. Persönlich ziehe ich aus dem Ergebnis zunächst einmal die Schlussfolgerung, dass sich die bestehenden Kunden der teilnehmenden Geschäfte dort wohlfühlen auch eine ganz wichtige Aussage. Ohne spitzfindig sein zu wollen, noch der Hinweis, dass sich der BVV in seiner Umfrage auf ein Fachmarktzentrum „in der derzeitigen Form“ bezogen hat, also nicht generell gegen das Projekt. Das lässt Spielraum für die eigene Öffentlichkeitsarbeit und die der Investoren.
Läuft das Konzept des Fachmarktzentrums am Willen der Bürger vorbei?
Das muss ich zweimal mit „nein“ beantworten. Die breite Mehrheit in den politischen Gremien der Stadt geht ja auf gründliche Beratungen der Fraktionen zurück. Zwar kommt es immer wieder vor, dass „gefühlter Bürgerwille“ und Mehrheiten in demokratischen Parlamenten voneinander abweichen. Im vorliegenden Fall glaube ich das aber nicht, da sich die Bad Bramstedter Parteien und selbstverständlich auch die Stadtverwaltung auch außerhalb von offiziellen Sitzungen viele Meinungen eingeholt haben. Nach allen fachlich abgesicherten Prognosen wird ein Fachmarktzentrum gut angenommen werden. Die ganze Stadt wird von zwei neuen Zielgruppen profitieren: Auswärtige, die ihre Markenartikel bisher in Nachbarorten eingekauft haben, und Bad Bramstedter, die sich fälschlicherweise „daran gewöhnt haben, dass man bestimmte Markenware bei uns sowie nicht bekommt“. Diese Zielgruppen konnten über die Umfrage nicht erreicht werden.
Wird das Ergebnis Auswirkungen haben auf die weitere Planung?
Bis zum Vorliegen rechtsbeständiger Baugenehmigungen werden alle Argumente gehört und gewichtet. Angst vor Entscheidungen darf es umgekehrt auch nicht geben nicht zuletzt, weil unsere städtischen Nachbarn derzeit ähnliche und größere Projekte planen, die auch auf Kaufkraft aus Bad Bramstedt schielen. Daher haben wir nicht die Zeit, bei Wiederholung bekannter Argumente noch einmal und noch einmal von vorn zu diskutieren. So ist es mit einigen Positionen des BVV, die schon in die bisherigen Entscheidungen eingeflossen sind. Ich rechne deshalb bei allem Respekt vor den ehrenamtlichen Repräsentanten unserer aktiven Kaufmannschaft nicht mit einer Kehrtwende der politischen Gremien.
Wie ist der aktuelle Stand der Planung?
Die seit mehr als zehn Jahren vorgesehene Ausweisung unseres Gewerbegebiets Süd, zu dem auch Fachmarktzentrum und Baumarkt gehören, erfolgt derzeit in einem formgebundenen Verwaltungsverfahren durch eine Änderung des Flächennutzungsplans. So wird das langfristige Konzept genannt, wie, wo und in welchem Umfang sich die Stadt weiterentwickeln will. In dieses Verfahren fließen die Belange zum Beispiel des Naturschutzes und der vorhandenen Anlieger ein. Als „Schiedsrichterin“ zwischen den Interessen der Städte und Gemeinden kommt es aber auch auf die Stellungnahme der Landesplanung an. Diese sagt aktuell zu unseren Plänen „Ja, aber ...“! Ein Fachmarktzentrum in der vorgesehenen Größenordnung passe gut nach Bad Bramstedt, aber die vorgesehenen Flächen für Waren des täglichen Bedarfs also beispielsweise Lebensmittel und Drogerieartikel hält die Landesplanung für zu groß. Über die Sommerpause werden wir dies mit dem Land ausdiskutieren. Der Projektentwickler hat uns überzeugt, dass die Flächen nicht zu klein sein dürfen. Sonst stimme der Mix für die anzusiedelnden Markengeschäfte nicht mehr, denn die Gesetze des Marktes können wir nur bis zu einer gewissen Grenze durch politisch formulierte Wünsche außer Kraft setzen.
Wann könnten die Bagger anrollen?
Auf Basis des geänderten Flächennutzungsplans wollen Stadt und Bauherr passgenau mit einem sogenannten „vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ arbeiten, dem dann auch schnell eine Baugenehmigung folgen kann. Einem Baubeginn gegen Ende des Jahres würde dann nichts mehr im Wege stehen.
CDU: Verzicht hätte große Nachteile
Der Planungsausschuss hatte sich bereits im Frühjahr mit großer Mehrheit für das Fachmarktzentrum des Investors Quantum ausgesprochen. Der BVV hat mit seinen Mitgliedern Bedenken gegen diese Entscheidung angekündigt. Die Befragung von Kunden in den Bramstedter Geschäften ist legitim und zeigt das verstärkte Interesse der Geschäftswelt, sich den Veränderungen im Verbraucherverhalten zu stellen. Sicher spielen Ängste um eine weitere „Verödung“ der Innenstadt verstärkt mit. Die CDU sieht, dass die Chancen für die Innenstadtbelebung mittelfristig mit dem Fachmarktzentrum besser werden. Es wird Magnet für die Bindung neuer Käuferschichten auch im Innenstadtbereich. Mit der Schaffung des Gewerbegebietes Süd wurde ein lang gehegter Wunsch nach einem Fachmarktzentrum möglich. Kaufkraft kann künftig verstärkt in unserer Stadt gebunden werden. Die Prüfung der Landesplanung hat im wesentlichen Zustimmung zu den Planungen ergeben. Wie zu erwarten, gibt es unterschiedliche Bewertungen für die Größe des Lebensmittel und -Drogeriebereichs. Das wird jedoch aus unserer Sicht die Umsetzung des Fachmarktzentrums nicht entscheidend beeinflussen. Ein Verzicht darauf hätte für die weitere Entwicklung in Bad Bramstedt schwerwiegende Nachteile. Die CDU wird sich jedoch auch weiter für die Attraktivität unserer Innenstadt stark machen. Der Dialog mit dem BVV ist bereits im Gang.
SPD: Alle profitieren von mehr Kunden
Ja, wir als SPD stehen zu der Erschließung eines Gewerbegebietes am Lohstücker Weg und wir begrüßen, dass sich dort ein Fachmarktzentrum ansiedeln will. Wir gehen davon aus, dass dieses nicht nur mehr Kaufkraft an den Ort bindet, sondern neue Käufer nach Bad Bramstedt ziehen wird, wie es die Gutachten voraussagen. Dieses Mehr an Kaufkraft wird auch die alt eingesessenen Geschäfte profitieren lassen. Die von unserer Partei vor über 15 Jahren forcierte Ansiedlung von Famila hat dem Ort auch mehr genützt als geschadet. Allerdings muss einiges für die Innenstadt getan werden, um die Einkaufszone von Bleeck über Kirchenbleeck hin zu Landweg und Maienbeeck attraktiver zu machen. Wir als SPD-Kommunalpoltiker wollen schon lange dafür die planerischen Voraussetzungen schaffen und hier und da auch etwas investieren. Letztlich aber müssen es die Geschäftsinhaber selbst richten und nach dem Motto „Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt“ um ihre Kunden werben. Da werden größere Ladenflächen benötigt und Kooperationen zwischen benachbarten Eigentümern. Das kann die Poltik nicht leisten, sondern es müssen die Eigentümer ihre Flächen attraktiv halten und zu marktgerechten Preisen anbieten. Das kann gelingen, wie Beispiele auch in Bad Bramstedt zeigen. Die Stadt wird mit dem Fachmarktzentrum attraktiver werden, da sind wir sicher.
FDP: Quantum nicht verlieren
Leider werden nur wenige produzierende Betriebe sich ansiedeln. Das größte Interesse zeigen Firmen, die sich mit Logistik und Handel befassen. Um weitere Kosten von der Stadt fernzuhalten, kann es begrüßt werden, dass sich auch „Entwicklungsbüros“ um Aufträge bewerben, die sowohl die Detailplanung, Infrastrukturkosten und den Verkauf der angebotenen Flächen übernehmen. Das Unternehmen Quantum ist so ein Generalist, der ein Fachmarktzentrum umfassend auf den Weg bringen will. Neu ist nun, dass die Landesplanung auf ihre ursprüngliche gemachte Begrenzung der Verkaufsflächen in diesem Fachmarktzentrum besteht. Das sieht maximale Größen für einen Lebensmittemarkt von 800 und für einen Drogeriemarkt von 400 Quadratmeter vor. Diese Begrenzung wurde ursprünglich von der FDP favorisiert, von den Quantum-Planern aber nicht übernommen und auch weiter abgelehnt. Nunmehr wird es darauf ankommen, die Quantum- Gruppe bei „der Stange“ zu halten, auch mit den Betriebsgrößenbeschränkungen. Für die Entwicklung des Gewerbegebietes Ost würde eine große Verzögerung eintreten, wenn die Gesellschaft sich zurückziehen würde. Die FDP sieht sich mit Befürwortern als auch Gegnern, die per Unterschrift dies zum Ausdruck brachten, konfrontiert. Die FDP ist sich mehrheitlich einig darin, dass sie den angestammten örtlichen Handel möglichst begünstigen und nicht behindern will.
Bündnis 90/Die Grünen: Stimmen der Vernunft
Bündnis 90/Die Grünen stehen der Einrichtung eines Fachmarktzentrums in Bad Bramstedt in der geplanten Größe nach wie vor skeptisch gegenüber. Wir halten Bad Bramstedt in den Bereichen Lebensmittel und Drogeriewaren für wirklich gut versorgt, zumal, wenn man bedenkt, dass in Kürze an der Hamburger Straße der Bau eines Edeka-Vollsortimenters beginnen soll. Ein zusätzliches Angebot wird zweifellos zu Verdrängungswettbewerb und weiterem Leerstand in der Stadt führen. Deshalb begrüßen wir die Aktivitäten des Bürger- und Verkehrsvereins und sehen uns durch das Ergebnis der Umfrage in unserer Haltung bestätigt. Auch das Innenministerium des Landes Schleswig- Holstein sieht keine Möglichkeit, den Planungen in dem vorgesehenen Umfang zuzustimmen. Wir setzen darauf, dass diese beiden Stimmen der Vernunft die gegenwertigen Mehrheiten bei CDU, SPD und FDP zum Nachdenken bringen werden. Was Bad Bramstedt braucht, ist eine qualitativ gestärkte Innenstadt, in der attraktiv gestaltete Räume Bürgerinnen und Bürger sowie Gäste zu Verweilen einladen, Geschäfte hochwertige Angebote mit individuellem Service verbinden und eine vielgestaltige Gastronomie Publikum anzieht. An diesem Leitbild sollte die Kommunalpolitik weiter arbeiten, so hat das Zentrum unserer Stadt eine Zukunft.