Bad Segeberg (em) „Wenn Gutachter zu hohe Besucherzahlen oder zu geringe Baukosten prognostizieren, sollten sie dafür haften müssen“, das fordert Roger H. Müller, Vizepräsident des Bundes der Steuerzahler Schleswig-Holstein, bei der Vorlage des Schwarzbuches 2012. „Leider werden immer wieder politische Entscheidungen getroffen auf der Basis von Wirtschaftlichkeitberechnungen, die sich im nachhinein als nicht belastbar erweisen. Wenn die beauftragten Planer aber für das Eintreffen ihrer Erwartungen haften müssen, wird es weniger Schönrechnerei geben“, erwartet Müller.
So werden beispielsweise im Erlebnispark „Sturmflutenwelt Blanker Hans“ mit 75.000 Gästen im Jahr nur gut ein Drittel der zu erwartenden 200.000 Jahresbesucher erreicht. Ergebnis: Ein jährliches Defizit von 1,5 Mio. Euro. Das Spaßbad FehMare auf Fehmarn hat statt erwarteter 130.000 Gäste nur etwa die Hälfte an Besucherzahlen. Die Mittelzentrumsholding Bad Segeberg/Wahlstedt, die den Betrieb übernommen hatte, schlitterte dadurch fast in ein Insolvenzverfahren, von dem auch die Karl-May- Spiele betroffen gewesen wären. Nur durch öffentliche Mittel der Städte Bad Segeberg und Wahlstedt im Gesamtumfang von fast 5 Mio. Euro konnte dies verhindert werden. Bei der Planung für eine neue Sporthalle in Itzehoe hat man schlichtweg die Außenanlagen vergessen. Mehrkosten: rund 370.000 Euro.
Neben Fehlplanungen, Kostenexplosionen (z. B. bei der Instandsetzung der Gorch Fock) teuren Fehlern und Skurrilem werden auch drei Beispiele aus Schleswig- Holstein erläutert, in denen Verschwendung noch verhindert werden kann. In drei anderen Fällen, die der Bund der Steuerzahler in der Vergangenheit angeprangert hatte, konnten Steuergelder gerettet und damit Erfolge erzielt werden. Der Bund der Steuerzahler hat wieder eine Internetseite eingerichtet auf der alle Schwarzbuchfälle nach Bundesländern und Kategorien eingesehen und heruntergeladen werden können. Zu jedem Fall besteht die Möglichkeit, eine individuelle Wertung sowie einen eigenen Kommentar abzugeben: http://Schwarzbuch.de.
Um auch positive Beispiele publik zu machen, rufen wir aktive Bürger auf, bei unserer neu initiierten Aktion „Sparfuchs“ mitzumachen. Projekte der Politik oder von öffentlichen Verwaltungen, die sich durch einen besonders sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit Steuergeld auszeichnen, können auf www.steuerzahler.de dem Bund der Steuerzahler gemeldet werden. Die für die Steuerzahler besten Projekte werden im kommenden Jahr von uns ausgezeichnet.
Schlechte Geschäfte der Mittelzentrumsholding
Im Schwarzbuch 2011 berichteten wir von den Eskapaden der Mittelzentrumsholding Bad Segeberg/Wahlstedt. Die Gesellschaft war ursprünglich gegründet worden, um gemeinsame Kommunalunternehmen zu tragen. Dann hatte man sich aber um den Betrieb eines Spaßbades auf der 80 Kilometer entfernten Insel Fehmarn beworben und den Zuschlag erhalten. Doch die erwarteten Besucherzahlen sind nie erreicht worden. Statt 130.000 kamen im Eröffnungsjahr 2009 lediglich 79.000, 2010 nur noch 71.000 Gäste. Die Folge waren enorme Betriebsverluste: 2009 etwa 590.000 Euro, 2010 etwa 780.000 Euro und 2011 ein Defizit in etwa gleicher Höhe. Da sich laut Vertrag die Stadt Fehmarn nur mit maximal 92.000 Euro am Betrieb beteiligte, mussten die Städte Bad Segeberg und Wahlstedt den Rest aufbringen. Zur Rettung des Unternehmens griffen beide Städte tief in ihre leeren Taschen. Insgesamt müssen aus den städtischen Haushalten 3,5 Mio. Euro in Bad Segeberg und 1,2 Mio. Euro in Wahlstedt aufgewendet werden, um die Schulden aus dem Engagement auf Fehmarn auszugleichen. Nur so konnte das Insolvenzverfahren für die Holding abgewendet werden. Geld, das an anderer Stelle dringend benötigt würde.