Neumünster (rj) In einem offenen Brief an Stadtpräsident Friedrich Wilhelm Strohdieck, Oberbürgermeister Dr. Olaf Tauras und die Fraktionsvorsitzenden der in der Ratsversammlung vertretenen Parteien hat das Bündnis gegen Rechts erneut die Schließung des Gadelander Club 88 gefordert.

So heißt es im offenen Brief: „Vor dem Hintergrund der bundesweit geführten Diskussion um die Notwendigkeit der verstärkten Bekämpfung des Rechtsextremismus und des Verbotes der NDP wäre die Schließung des Neonazi-Clubs der richtige Beitrag der Stadt Neumünster, auch in unserer Stadt ein sichtbares Zeichen gegen Rassenwahn und faschistischen Terror zu setzen.“
Die rechtsextremen und rassistischen Gewalttaten in Neumünster erfordern besondere Maßnahmen, erklärt dazu Sabine-Almut Auerbach, Geschäftsführerin der Gewerkschaft ver.di Südholstein und Unterstützerin im Bündnis gegen Rechts. „Dazu gehört das Verbot der NPD auf Bundesebene ebenso wie die Schließung des Club 88 und der Kneipe Titanis hier vor Ort.“
Mehr als 1300 Rechtsextreme gibt es nach Informationen des Verfassungsschutzes bei uns in Schleswig- Holstein. Die Szene sei äußerst aktiv, auch wenn die Zahl der rechtsmotivierten Straftaten im Land eher zurückgeht.
Für die rechte Szene hat Neumünster besondere Bedeutung. Laut Polizei gibt es in der Stadt zwei bei Neonazis beliebte Treffpunkte: die Gaststätte Titanic und der Club 88. Die Ziffern stehen für den achten Buchstaben im Alphabet und bedeuten „Heil Hitler!“.
Wie aktiv die rechte Szene in Schleswig-Holstein ist, das zeigen auch einschlägige Seiten im Internet. Dort halten mehrere Aktionsgruppen die Gleichgesinnten auf dem Laufenden. Stolz präsentieren sich die Rechtsextremen dabei mit Text und Fotos. Und: Für den 1. Mai hat die NDP eine Demonstration durch Innenstadt Neumünsters angekündigt.
Das Stadtmagazin hat die fünf in der Ratsversammlung vertretenen Parteien zu diesem Thema befragt. Unterstützt man die Forderung nach einer Schließung des Club 88? Was können Politik und Verwaltung für eine Schließung des Szenelokals unternehmen? Wie setzt man sich gegen politischen Extremismus auf kommunaler Ebene ein?

SPD: Alle Chancen wahrnehmen
Die jüngsten Erkenntnisse um das Terror-Netzwerk in Zwickau zeigen, wie allgegenwärtig die Gefahr rechtsextremen Terrors ist. Jede Woche wird in Schleswig-Holstein mindestens eine Straftat von Rechtsextremen verübt und nur wenige angezeigt. Gerade Neumünster trägt durch den Club 88, die Lokalität Titanic, die Bandidos und Hells Angels negativ dazu bei.
Die SPD engagiert sich für ein demokratisches und weltoffenes Neumünster gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. In unserer Stadt ist kein Platz für rechtsextreme Terrorgruppen. Deshalb treten wir entschieden ein für eine Schließung des Club 88 in Gadeland. Wie ernst der SPD der Einsatz gegen Rechtsextremismus ist, wird durch einen Antrag unserer Rathausfraktion in der nächsten Ratsversammlung am 14. Februar deutlich. Damit fordern wir die Ratsversammlung auf, dass alle rechtlichen Möglichkeiten wahrgenommen werden sollen, die Aktivitäten der Rechtsextremen in Neumünster zu unterbinden. Zusammen mit allen demokratischen Parteien, die in der Ratsversammlung vertreten sind, wollen wir im Dialog dafür eintreten, dass Rechtsextremismus in Neumünster keine Chance haben wird. Weiter fordert die SPD den Oberbürgermeister, die Landes- und Bundesregierung auf, alle rechtlichen Schritte und Rahmenbedingungen zu prüfen, um ein Schließen des Club 88 und der Lokalität Titanic zu veranlassen. Darüber hinaus rufen wir alle Bürger Neumünsters beim geplanten NPD-Aufmarsch am 1. Mai zu zivilgesellschaftlichem Engagement gegen Rechts auf.

CDU: Wir unterstützen eine Schließung
Fakt ist, dass der Oberbürgermeister gemeinsam mit der Polizei immer wieder alle rechtlichen Möglichkeiten zur Schließung prüft. Der Sachstand wird in jeder Sitzung des „Polizeirats“ erörtert, der aus Mitgliedern der Ratsversammlung besteht. Auch in diesem Gremium wird immer wieder der Appell an den Oberbürgermeister und den verantwortlichen Ersten Stadtrat gerichtet, die rechtlichen Möglichkeiten zur Schließung des Clubs auszuschöpfen.
Wir unterstützen die Resolution in der kommenden Ratsversammlung zur Schließung des Club 88 und sehen darin ein erneutes politisches Signal, aber Handeln können nur Polizei und Verwaltung, soweit es die rechtlichen Möglichkeiten zulassen.
Als Vertreterin der CDU-Rathausfraktion bin ich Mitglied des „Rundes Tisches für Toleranz und Demokratie“ und freue mich, dass eine Anregung des letzten Treffens aufgenommen wurde und am 27. Januar der Oberbürgermeister gemeinsam mit den im Rat vertretenden Parteien einen Kranz anlässlich des „Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ niederlegt.
Das sind Signale, die die Neumünsteraner Politik aussenden sollte. Die CDU wird sich auch künftig dafür einsetzen, weitere Zeichen gegen politischen Extremismus und politisch motivierte Gewalt in Neumünster zu setzen.

Bündnis für Bürger: Wunsch: Antrag aller Parteien
Das Bündnis für Bürger bezog und bezieht eindeutig Stellung gegen Neonazis und rechtes Gedankengut. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, in Neumünster ein breites Bündnis gegen Rechts zu unterstützen und immer weiter auszubauen.
Die Nennung der Stadt Neumünster im gleichen Atemzug mit dem Club 88 in der Öffentlichkeit schadet unserer Ansicht nach unverdienterweise dem Ansehen unserer Stadt und seinen Bürgern. Der Schandfleck Club 88 gehört unserer Ansicht nach geschlossen und wir hoffen, dass die Verwaltung eine Möglichkeit findet dies umzusetzen.
Von daher hätten wir uns gewünscht, dass der Antrag der SPD zur Schließung des Club 88, den wir sehr begrüßen und unterstützen, fraktionsübergreifend von der SPD-Fraktion initiiert worden wäre, dies hätte schon im Vorfeld ein deutliches Signal der Einigkeit der Ratsversammlung gegen den Rechtsextremismus gesetzt.
Völlig undenkbar ist für uns die zum 1. Mai angemeldete Demonstration der NPD. Zwar wird es wohl nicht möglich sein diese zu verbieten, aber wir sehen hier alle Bürger in der Pflicht, sich gegen diesen Aufmarsch zu stellen. Von der Verwaltung erwarten wir darüber nachzudenken, ob die „Attraktivität“ dieser Veranstaltung nicht wirkungsvoll geschmälert werden könnte, indem man den Verlauf an den Stadtrand verlegt; eine Kundgebung in der Innenstadt darf es unserer Meinung nach nicht geben.

Die Grünen: Neue Ansätze prüfen
Es wäre sehr begrüßenswert, wenn der Club 88 als Treffpunkt der rechten Szene des Landes in Neumünster nicht mehr beheimatet wäre.
Die Versuche, diesen zu schließen, haben in der Vergangenheit nicht zum gewünschten Ergebnis geführt. Neue aktionistische Maßnahmen, die am Ende rechtlich nicht durchzusetzen wären, würden allerdings den Falschen nützen.
Verwaltung und politische Akteure sind in einem Rechtsstaat an die beschlossenen Regeln und Gesetze gebunden. Angesichts der immer neuen Erkenntnisse, die sich auf Grund der Thüringer „Terror-Zelle“ ergeben haben, wäre von Verwaltung und Politik zu prüfen, ob es neue Ansätze für die Schließung des Clubs gibt. Da dieser offenbar vor allem überörtliche Funktionen als Treffpunkt erfüllt, sollten dabei entsprechende überörtliche Erkenntnisse berücksichtigt werden.
Wir lehnen jeden Extremismus, ob politisch oder anders motiviert, ab. Extremismus mündet offenbar anfangs immer in Gewalt gegen Sache, später dann gegen Menschen. Wir arbeiten in verschiedenen Arbeitsgruppen gegen Extremismus vor Ort mit. Darüber hinaus arbeiten die Grünen in Neumünster auch über die Stadtgrenzen hinaus mit anderen Parteigremien und überparteilichen Initiativen gegen Rechtsextremismus zusammen. Dies ist gerade deshalb wichtig, weil die rechte Szene ebenfalls landes- und bundesweite Kontaktpflege betreibt.

FDP: Das Internet ist gefährlicher
Liberalität steht dem Extremismus diametral gegenüber, weil Extremismus vor allem intolerant ist, unabhängig von den Inhalten seiner Gedanken. Beim Rechtsextremismus widersprechen obendrein die Gedanken jedem demokratischen und freiheitlichen Handeln. Auf der anderen Seite sind Gedanken frei, wie unsinnig sie auch sein mögen. Gedanken bekämpft man nicht mit Verboten, sondern mit Argumenten. Im Allgemeinen Gleichstellungsgesetz wird auch die Weltanschauung geschützt. Für Handlungen gilt das nicht, sobald sie rechtswidrig oder staatsfeindlich sind. Hier die Augen offen zu halten, ist wichtige Aufgabe von staatlichen Institutionen und Bürgern. Umgehend muss gegen die, die solches tun, vorgegangen werden. Dass die Betreiber des Club 88 diese Linie überschritten haben, ist nicht auszuschließen, konkrete Angaben sind aber zur Zeit nicht bekannt. Das drückt sich auch in der Gesetzeslage aus. So sagen die Verantwortlichen der Stadt, dass ihnen die Grundlage für ein Vorgehen fehlt. Wenn das so ist, kann der Rechtsstaat nur verlieren, wenn er seine eigenen Regeln missachtet. Auf keinen Fall sollten wir rechten Extremisten auch nur den kleinsten Anlass geben, einen Erfolg davon zu tragen. Die Verbreitung rechtsextremistischer Gedanken ist aus guten Gründen in Deutschland beschränkt. Ausländische Portale transportieren sie trotz allem ungehindert. Hier wird sicher mehr zur Verbreitung dieser unsinnigen Gedanken geleistet, als im Club 88. Auch die Freiheit des Internets muss keine unbeschränkte Freiheit bleiben. Hier anzusetzen wäre sinnvoll. Sofortiges Handeln ist geboten, sobald rechtswidrige Aktivitäten bewiesen werden können.