Neumünster (red) Ab 15. Juli darf der Großflecken nicht mehr durchfahren werden. An dem Tag startet der halbjährliche Verkehrsversuch.
Die Ratsversammlung hat den Test am 19. März beschlossen. Es soll damit ermittelt werden, welche Auswirkungen die Einschränkung auf die vielfältigen Nutzungen der Innenstadt hat. Am 15. Juli wird die Durchfahrtssperre Realität, kurz davor wurden die Einzelhändler am Großflecken und Neumünsteraner in einer Bürgeranhörung über das Konzept informiert. Die Verwaltung sieht vor, das von dem Tag an jeweils Montag bis Sonnabend zwischen 8 und 18 Uhr der Großflecken von beiden Seiten aus angefahren werden kann jedoch nicht mehr überquert werden darf. Dies soll durch eine beschilderte Sperrung, etwa in Höhe der Parkplatzeinfahrt Karstadt/ C&A, umgesetzt werden. Die Dauer des Versuchs ist auf ein halbes Jahr beschränkt. Um die Abdrängung des Durchgangsverkehrs etwa über Park-, Marien- oder Schützenstraße zu unterbinden, will die Stadt mehrere Straßenabschnitte zu Einbahnstraßen umwidmen. „Ziel muss es sein, den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt herauszuhalten und über den Ring zu führen“, so Oberbürgermeister Dr. Olaf Tauras. Nach der Testphase ist ein Bürgerentscheid geplant. Das Stadtmagazin hat die sechs demokratischen Parteien in der Ratsversammlung zu diesem Thema befragt.
CDU: Sperrung sehen wir weiter kritisch
Die Entwicklungen des wachsenden Verkehrsaufkommens in unserer Stadt sind auf der einen Seite sicherlich ein positives Zeichen, andererseits stellen sie die Menschen und die Verwaltung auch vor große Herausforderungen. Es müssen Lösungen entwickelt werden, die den unterschiedlichen Bedürfnissen unterschiedlicher Interessen gerecht werden. Die Aufenthaltsqualität auf dem Großflecken muss genauso berücksichtigt werden, wie die Interessen des Einzelhandels. Dem Vorschlag seitens der Verwaltung, zunächst einmal einen Versuch durchzuführen, begrüßen wir außerordentlich und ist für uns eine gute Möglichkeit, Klarheiten zu bekommen: Wie verhalten sich die Verkehrsteilnehmer tatsächlich? Welche Auswirkungen hat es tatsächlich auf die Nebenstraßen? Was muss tatsächlich neu überplant werden? Auch die zukünftige Planung und Ampelschaltung an den Knotenpunkten Gänsemarkt und Rathaus können neu und besser abgestimmt werden. So werden wir dem Versuch positiv unterstützend zur Seite stehen. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir als Fraktion von unserem grundsätzlichen Beschluss abweichen werden, sondern die komplette Sperrung weiterhin als durchaus kritisch betrachten.
SPD: Auch Radler & Fußgänger im Visier
Die Verkehrsführung in unserer Innenstadt und damit auf dem Großflecken ist Ausgangspunkt eines tragfähigen Verkehrskonzeptes, dessen Folgen den Verkehr in der Stadt Neumünster nachhaltig betreffen. Dies in einem Versuch abzubilden, an dessen Ende die Neumünsteraner in einem Bürgerentscheid aktiv mitentscheiden, ist für uns ein richtiger Weg zu mehr Bürgerbeteiligung in solch wichtigen Fragen. Dabei geht es uns nicht allein um den Kraftfahrzeugverkehr, sondern wir werden auch die Situation für Radfahrer und Fußgänger kritisch begleiten. Wir erhoffen uns Ergebnisse in entscheiden Fragen des Verkehrsflusses, vor allem im Bereich des Stadtrings und der großen Einfallstraßen. Die SPD in Neumünster wird dabei den Versuch aktiv begleiten, an dessen Ende dann die Neumünsteraner gefragt sind.
Bündnis 90/Die Grünen: Umstieg vom Auto auf das Fahrrad
Die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs bleibt für uns ein wichtiges Anliegen. Im Herzen der Stadt favorisieren wir weiterhin eine Sperrung des Großfleckens für den Durchgangsverkehr in Höhe der Einfahrt zum Karstadt-Parkplatz. Dieser Gedanke hat neue Aktualität durch Überlegungen, die Kreuzung am Gänsemarkt für das geplante Einkaufszentrum Holsten- Galerie für den Autoverkehr aufzurüsten. Diesen Planungen stehen wir skeptisch gegenüber. Der Großflecken ist ausgelegt für 6000 Kfz pro Tag. Aktuell sind es aber fast 12.000 Kfz, davon durchfahren den Großflecken 6000 Kfz. Durch die Überlastung des Großfleckens ist es für Fußgänger sehr viel schwieriger geworden, den Großflecken zu queren. Und das Nachsehen haben die Busreisenden, die im Stau stehen müssen und ihre Anschlusszeiten verpassen. Wir begleiten deswegen den Verkehrsversuch der Stadt positiv, zumal der Durchgangsverkehr nicht in die Nebenstraßen verdrängt, sondern über den Ring bewegt werden soll. Wir wollen erreichen, dass vermehrt der Umstieg vom Auto auf das Fahrrad gelingt, gerade in der Innenstadt. Hierzu muss dann aber auch die Innenstadt fahrradfreundlich gestaltet werden.
BfB/Piraten: Versuch ist nicht aussagefähig
Ein wesentlicher Punkt, der aus unserer Sicht gegen den bevorstehenden Verkehrsversuch in der Innenstadt spricht, ist die unzureichende Planung. Trotz Einbahnstraßenregelungen sind erhebliche Behinderungen zu erwarten. Ein stockender Verkehr ist in der Zeit der Sperrung zu erwarten. Daraus folgt in den betroffenen Straßen eine erhöhte Schadstoff- und Lärmbelastung für die Anwohner. Bisher wurden seitens der Verantwortlichen keine entsprechenden Maßnahmen zur Feststellung dieser Werte getroffen. Gemäß Gesetz sind jedoch im Bereich von Pflegesowie Altenheimen und Schulen nur eingeschränkte Werte zulässig. Die Ermittlung der auftretenden Istwerte und die zeitgleiche Erfassung der Verkehrsdichte während des Versuches sind unerlässlich und könnten exemplarisch im Bereich Ecke Schleusberg, Schützenstraße und der Mühlenhofschule erfolgen. Weiterhin befürchten wir eine Zunahme der bereits bestehenden Verkehrsbehinderungen auf dem Großflecken selbst. Beispielweise sei hier die ungeklärte Regelung mit dem Karstadt-Parkplatz genannt, die zu Rückstaus führen kann und wird. Aufgrund der zahlreichen Straßenbauarbeiten in den umliegenden Straßen ist ein normaler Verkehrsfluss bereits jetzt nur eingeschränkt gewährleistet. Der Verkehrsversuch ist somit nicht aussagefähig und eigentlich ein verschwendeter Aufwand an Zeit und Geld.
FDP: Gegen den Test, aber nun ergebnisoffen
Die FDP-Fraktion war im Bauausschuss gegen eine Sperrung des Großfleckens, hat aber, nachdem es keine Mehrheit für unsere Meinung gab, dem Verkehrsversuch zugestimmt. Wir werden es mit großer Aufmerksamkeit und Spannung ergebnisoffen beobachten, inwieweit das als reine Beschilderung ausgewiesene Durchfahrtsverbot beachtet wird und ob sich der ortskundige wie auch der ortsunkundige Verkehr seine Wege durch die Nebenstraßen sucht. Die Meinung der Bevölkerung ist uns dabei sehr wichtig und wird durch einen Bürgerentscheid abgefragt. Hoffentlich nehmen die Neumünsteraner die Chance wahr und gehen zahlreicher als zur Kommunalwahl an die Urnen. Natürlich werden wir auch das informelle Gespräch mit den Bürgern suchen sowie es parteiintern als auch mit den anderen Parteien kontrovers diskutieren. Wir erhoffen uns ein konkretes und belastbares Votum, das die Meinung der überwiegenden Bewohner der Stadt wiederspiegelt. Der Bürgerentscheid ist bindend. Dieses ist nur ein erster Schritt zum „Verkehrskonzept Teil 1 KFZ-Verkehr“. In Kürze ist in Anlehnung an das Ergebnis des Bürgerentscheides die konkrete Planung der Verkehrsführung um und über den Konrad-Adenauer-Platz sowie das qualifizierende Parkleitsystem (mit Angabe der freien Parkplätze auf den jeweiligen Parkflächen/- häusern) zu diskutieren und umzusetzen.
Die Linke: Es gibt keine seriöse Planung
Ein Konzept kann Die Linke nicht erkennen. Eine seriöse Planung gibt es nicht. Die Linke lehnt alle Versuche ab, die nicht die Bürger im Vorfeld einbezieht. Ganz besonders die Anwohner, die im Umfeld der Versuche wohnen. Die Betroffenen werden durch zusätzlichen Lärm und Abgase in ihrer Gesundheit beeinträchtigt. Wir fordern ein Gesamtkonzept für die gesamte Innenstadt. Die LINKE hat überhaupt keine Hoffnung in Bezug der chaotischen Vorgehensweise der Verantwortlichen. Operative Hektik ersetzt Planungskompetenz.