Neumünster (em) Im KiNO im KDW laufen im Juli viele interessante Vorstellung, die sich jeder angucken kann.

Mittwoch, 8. Juli
Nicht alles schlucken Ein Film über Krisen und Psychopharmaka.
20 Uhr • KiNO im KDW • Eintritt 4 Euro.

Deutschland 2015, 86 Minuten.

Der Dokumentarfilm „Nicht alles schlucken“ ist ein vielstimmiges Erzählen über die Wirkungen und Risiken von Psychopharmaka. Jeder Mensch kann in seelische Krisen geraten. Trotzdem werden psychische Erkrankungen als Makel und Schande erlebt, geheim gehalten und schamvoll versteckt. Dieser Film bricht mit diesem Tabu. Psychoseerfahrene Menschen, Angehörige sowie Ärzte und Pfleger erzählen vor der Kamera von ihren Erfahrungen mit Psychopharmaka. Sind sie heilsam oder kränkend? Ein Segen oder ein Fluch? Ein tragischer, bisher nicht gelöster Konflikt.

Psychopharmaka sind ein Riesenmarkt und ein Riesengeschäft. Doch was wissen wir über die Folgen jenseits von klinischer Forschung und Pharmaindustrie? Beziehungs- und Spracharmut bestimmen immer noch das Klima in psychiatrischen Institutionen. Das hat viele Gründe: Ein wichtiger sind die Psychopharmaka. Sie beruhigen, stellen aber auch seelisch still, insbesondere hoch dosiert.

In einem eigens für den Film geschaffenen Raum sind 20 psychiatrieerfahrene Menschen, Angehörige und Professionelle verabredet. Sie sprechen aus, was meist verschwiegen wird: die persönlichen Erfahrungen mit Psychopharmaka und das innere Erleben.

„Nicht alles schlucken“ ist das zweite trialogische Projekt von Jana Kalms und Piet Stolz. Schon ihr Kinodokumentarfilm „Raum 4070“ zum Leben mit Psychosen hat gezeigt, wie hilfreich der Perspektivenwechsel ist. Die starke Resonanz hat sie dazu ermutigt, die Vielstimmigkeit ein weiteres Mal zu Wort kommen zu lassen diesmal unter der für viele Menschen drängenden und kaum öffentlich diskutierten Fragestellung: Wirkungen und Risiken von Psychopharmaka. Das neue Projekt entstand in Zusammenarbeit mit dem Filmemacher Sebastian Winkels („7 Brüder“).

„Nicht alles schlucken“ gewährt tiefe Einblicke in die menschliche Existenz und zeigt, was Einzelne in Krisen wirklich brauchen. So haben Menschen noch nie von sich erzählt.

Das traurige Dilemma, dem der Film sich stellt, ist eine Zumutung im besten Sinne: „Nicht alles schlucken“ führt ganz unmittelbar ins Zentrum des Erzählens und lässt uns Teil einer großen menschlichen Auseinandersetzung werden.

Eine mutmachende Erfahrung und ein sehr persönliches Filmerlebnis.

Die Webseite zum Film: nichtallesschlucken.de
Donnerstag, 9. Juli
Big Eyes
20 Uhr • KiNO im KDW • Eintritt 4 Euro.
USA 2014, 106 Minuten.

Freitag, 10. Juli
Dora oder die sexuellen Neurosen unserer Eltern
20 Uhr • KiNO im KDW • Eintritt 5 Euro.
Schweiz/Deutschland 2014, 90 Minuten.
Mittwoch, 15. Juli
Nicht alles schlucken Ein Film über Krisen und Psychopharmaka.
18 Uhr • KiNO im KDW • Eintritt 4 Euro.
Deutschland 2015, 86 Minuten.
Under the Skin Tödliche Verführung
20 Uhr • KiNO im KDW • Eintritt 4 Euro.
GB 2013, 107 Minuten.

Ganz am Anfang bildet sich in einer animierten Eingangssequenz ein riesiges Auge. Und dann trägt ein mysteriöser Motorradfahrer eine Frauenleiche zu einem Lieferwagen. Eine andere, splitterfasernackte Frau entkleidet die Leiche und zieht ihre Sachen an. Diese Frau fährt schließlich mit dem Lieferwagen durch Schottland und beginnt Männer anzusprechen. In mehreren Szenen steigen jeweils Männer zu ihr in den Wagen, gehen mit ihr in ein Haus. Im Obergeschoss folgt jeder Mann ihr in stilisierten Szenen und beide ziehen sich Schritt für Schritt aus. Der nackte Mann geht auf die Frau zu und versinkt in einer zähen Flüssigkeit.

„Under the Skin“ basiert lose auf dem Roman „Die Weltenwanderin“ von Michel Faber. Der Film kam in Deutschland nie offiziell in die Kinos, Cineasten überzeugten den deutschen Verleih dennoch, ihn zur Aufführung freizugeben. Wie lohnenswert anzuschauen, aber gleichzeitig auch verstörend dieser britischer Science-Fiction-Thriller von Jonathan Glazer aus dem Jahr 2013 mit Scarlett Johansson in der Hauptrolle ist, wird allein schon aufgrund der Kritikerstimmen nach der britischen Kinopremiere deutlich:

Xan Brooks nannte das Wesen Laura, gespielt von Scarlett Johansson, im britischen Guardian einen „vampirähnlichen Weltraumalien“ und ordnete den Film zwischen Horror- und Alien-Science-Fiction ein; als „eisige Parabel über Liebe, Sex und Einsamkeit“. Leo Robson stellte im gleichen Blatt fest, dass man nicht genau wisse, was man mit „Under the Skin“ ansehe. Der Filmtitel könne antirassistisch gedeutet werden, da er deutlich mache, dass jeder unabhängig von Hautfarbe oder Herkunft gewisse Ähnlichkeiten habe. Der Film habe einen feministischen Ton, wirke Laura doch als Sexobjekt und -spielzeug und fungiere als Beobachterin und Verführerin. Der Film habe zudem komische Elemente.

Am Jahresende 2014 erklärte Peter Bradshaw im Guardian „Under the Skin“ zum besten Film des Jahres. Für den Spiegel war er ein „herausragende[r] Experimentalfilm“; „in seinen besten Momenten bietet dieser brillante, wenn auch nicht makellose Film eine Seherfahrung, wie sie das Kino in den vergangenen Jahren nicht geschafft hat.“

Der britische Telegraph bezeichnete den Film als Meisterwerk: „Under the Skin“ bringe den Betrachter dazu, darüber nachzudenken, was einen Menschen über das reine körperliche Sein menschlich werden lasse“.

Matt Zoller Seitz stellte auf rogerebert.com fest, dass der Film schwer auf einen Aspekt festzulegen sei und wie aus der Zeit gefallen wirke. Das Thema eines Aliens in unserer Welt würde im Film durch den Kontrast zwischen Scarlett Johansson und der runtergekommenen schottischen Wirklichkeit verstärkt.

Denn zahlreiche Szenen vor allem in Glasgow wurden mit versteckter Kamera gedreht. So wurden kleine Digitalkameras am Wagen angebracht, den Scarlett Johannson im Film fährt. In improvisierten Szenen, in denen sie aus dem Lieferwagen heraus Männer auf der Straße anspricht, wurde sie von Regisseur Jonathan Glazer per Knopf im Ohr instruiert.

Die (englischsprachige) Webseite zum Film: undertheskinmovie.com