Norderstedt (em) In Zeiten der Globalisierung, fortschreitender technischer Innovation und immer stärker werdenden Konkurrenzdruckes befindet sich die Wirtschaft in einem rasanten Wandel. Unternehmen strömen dorthin, wo sie aus ihrer Sicht die besten Rahmenund Standortbedingungen vorfinden, um konkurrenzfähig zu bleiben. In diesem Zusammenhang kommt Fragen der Verlegung einzelner Betriebsteile oder von ganzen Betrieben eine stetige wachsende Bedeutung zu. Der Artikel will aus Sicht des Arbeitgebers das Bewusstsein für arbeitsrechtliche Probleme schärfen.

1. Individualarbeitsrechtliche Aspekte
Im Verhältnis zum einzelnen Arbeitnehmer (individualarbeitsrechtlich) stellt sich die Frage, ob und ggf. wie der Arbeitgeber die Betriebsverlegung durchführen kann, d. h., ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber in den verlegten Betrieb zu folgen. Der Ort, an dem die Arbeitsleistung zu erbringen ist, ergibt sich normalerweise aus dem Vertrag. Ist der Arbeitsort im Vertrag genannt oder hat der Arbeitgeber nur einen Betrieb, so ist an diesem Ort die Arbeitsleistung zu erbringen und der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, kraft seines Direktionsrechtes dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zuzuweisen. In solchen Fällen kann der Arbeitsort grundsätzlich nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers geändert werden (z. B. durch einen Änderungsvertrag) oder durch den Ausspruch einer Änderungskündigung. Änderungskündigung bedeutet, das bisherige Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist vollständig aufzukündigen und ein neues Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen anzubieten. Lehnt der Arbeitnehmer das Angebot ab, so wird das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung beendet. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer nur dann einen anderen Arbeitsort kraft seines Direktionsrechtes zuweisen, wenn dies im Arbeitsvertrag durch eine sogenannte Versetzungsklausel vereinbart ist. Wenn sich ein Arbeitgeber die Möglichkeit der Betriebsverlegung offenhalten möchte, liegt die Notwendigkeit einer entsprechenden Versetzungsklausel daher auf der Hand. Allerdings muss der Arbeitgeber dabei bedenken, dass diese Vertragsgestaltung auch Nachteile mit sich bringen kann. Bei der im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung vorzunehmenden Sozialauswahl erweitert sich dann nämlich der Kreis der einzubeziehenden Mitarbeiter, weil für die Vergleichbarkeit auf das Direktionsrecht und auf die Vergleichbarkeit nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen abzustellen ist. D. h., dass bei einer konzernweiten Versetzungsbefugnis auch eine konzernweite Sozialauswahl unter vergleichbaren Mitarbeitern vorzunehmen ist und dementsprechend beispielsweise bei einer Kündigung eines in Hamburg beschäftigten Arbeitnehmers auch die in München beschäftigten, vergleichbaren Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind.
2. kollektivarbeitsrechtliche Aspekte
Existiert ein Betriebsrat, sind neben den individualrechtlichen Gesichtspunkten auch dessen Mitbestimmungsrechte zu beachten. Kollektivrechtlich handelt es sich bei einer Betriebsverlegung meist um eine Versetzung, bei denen der Betriebsrat gemäß § 99, 95 Abs. 3 BetrVG zustimmungspflichtig ist. Das bedeutet im einzelnen: Wenn der Arbeitgeber aufgrund einer einzelvertraglichen Vereinbarung die Versetzung kraft seines Direktionsrechtes anordnen kann, so ändert dies nichts an der Zustimmungsbedürftigkeit. Im Übrigen macht die Zustimmung des Betriebsrates zu einer Versetzung diese noch nicht individualarbeitsrechtlich zulässig. Unabhängig von der Zustimmung des Betriebsrates sind für die Wirksamkeit der Versetzung allein die Reichweite des Direktionsrechtes, ein Änderungsvertrag oder die Wirksamkeit einer Änderungskündigung maßgeblich. Umgekehrt kann eine individualarbeitsrechtlich wirksame Versetzung an einer unterbliebenen Beteiligung des Betriebsrates scheitern. Die individualrechtliche Maßnahme ist dann zwar nicht unwirksam, der Arbeitgeber kann diese jedoch nicht umsetzen, solange das Verfahren nach § 99 BetrVG nicht ordnungsgemäß durchgeführt ist. Vor Ausspruch jeder Beendigungsals auch Änderungskündigung muss der Betriebsrat ordnungsgemäß nach § 102 BetrVG angehört werden. Die Verlegung eines ganzen Betriebes unterliegt nach § 111 S. 2 Ziff. 2 BetrVG in Betrieben mit i.d.R. mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern der Mitbestimmung des Betriebsrates. Unerheblich für das Mitbestimmungsrecht ist es, ob die Arbeitnehmer kraft Arbeitsvertrag verpflichtet sind, am neuen Arbeitsort die Arbeit fortzusetzen oder ob es einer Änderungskündigung bedarf. Ziel der Mitbestimmung ist die Herstellung eines Interessenausgleichs darüber, ob, wann, in welchem Umfang und in welcher Weise die Verlegung durchgeführt werden soll, um damit Nachteile für die Arbeitnehmer zu vermeiden oder zu mildern. Können sich die Betriebspartner nicht einigen, so ist die Einigungsstelle anzurufen. Da die Herbeiführung des Interessenausgleiches nicht erzwingbar ist, kann der Arbeitgeber die beabsichtigte Betriebsverlegung durchführen, wenn die Einigungsstelle das Scheitern festgestellt hat. Darüber hinaus ist ein Sozialplan aufzustellen. Durch diesen sind die individuellen Nachteile für die Arbeitnehmer infolge der Betriebsverlegung wie z. B. erhöhter Zeitund Geldaufwand für den Weg zum Arbeitsort oder Umzugshilfen detailliert oder pauschaliert auszugleichen bzw. zu mildern. In Betrieben mit i.d.R. mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist der bestehende Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend zu unterrichten sowie die sich daraus ergebenen Auswirkungen auf die Personalplanung darzustellen. Im Rahmen einer Betriebsverlegung sind daher die verschiedensten arbeitsrechtlichen Aspekte und unterschiedlichen Ausgestaltungen der Arbeitsverträge zu berücksichtigen, was einer gründlichen Vorbereitung und Durchführung bedarf.