Norderstedt (em) Ein ganz besonderes Angebot startet auf Alpakaerlebnis Hof Hümpel im kleinen Dorf Krukow im Lauenburgischen. Als einer von bisher drei Betrieben in Schleswig-Holstein hat sich der Hof von Sandra Hümpel über das Projekt „Der Bauernhof als Ort für Menschen mit Demenz“ zu einem Betreuungs- und Entlastungsangebot anerkennen lassen.

Angehörige, die solche Angebote nutzen, bekommen über die Pflegekassen monatlich bis zu 125 Euro erstattet. Jeden zweiten Dienstag von 14 bis 17 Uhr oder aber individuell vereinbart können solche Auszeiten auf Hof Hümpel genutzt werden. Das Projekt ist eine Kooperation des Kompetenzzentrums Demenz und der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Seit September 2015 läuft es als eine von bundesweit 500 „Lokalen Allianzen für Menschen mit Demenz“. Auf Hof Hümpel gibt es für Menschen mit Demenz viel zu entdecken. Zum einen ist es ein kleiner traditioneller Betrieb mit Milchvieh, Weide- und Ackerland. Hündin Dana liebt die Streicheleinheiten der Besucher, zwei Katzen schleichen herum und auch Hühner sind da. Eindrücke, die vielen Senioren aus ihrem Alltag früher sehr vertraut sind. „Diese Erinnerungen sind Schätze, die wir heben können.“ weiß Sandra Hümpel.

„Wir verstärken solche aktiven Augenblicke gezielt, indem wir Gespräche aufgreifen. Mit Aktionen, wie Milch im traditionellen Fass zu buttern oder Obst und Kräuter zu ernten und zu verarbeiten, können wir die Erlebnisse mit allen Sinnen vertiefen.“ Zur Hand bei den Gruppenbesuchen gehen ihr eine Krankenschwester mit sozialpsychiatrischer Zusatzausbildung und drei ehrenamtliche Helferinnen. In einer Außenvoliere zwitschern bunte Wellensittiche, auch diese wecken so manche Erinnerung an ein früheres Haustier. Und dann sind da die Exoten: Brownie, der Anführer der Herde, und Congo, Anton und Norbert. Allesamt Alpakas mit flauschig dichtem Fell und riesigen Kulleraugen.

Als Fluchttiere entscheiden sie selbst, ob sie neugierig sind, kuscheln wollen oder eher Distanz halten. Vom Temperament her sind sie aber freundlich, intelligent und gutmütig. „Allein die gemächlichen Bewegungen, das ist so beruhigend anzuschauen, da fällt alles an Stress und Hektik von einem ab.“, bereut Sandra Hümpel den Schritt der Anschaffung vor fast einem Jahr nicht. Mit den Alpakas können die Besucher richtige Spaziergänge durchs Dorf unternehmen. „Das mag auf den ersten Blick sehr fremd aussehen, aber die Skepsis, kann ich schnell widerlegen, wenn ich erzähle, welch gute Idee die Auszeit auf dem Hof sowohl für Menschen mit Demenz, als auch für deren pflegende Angehörige ist.“, erklärt Frau Hümpel.

Dass die Bereitschaft im Dorf, das neue Betreuungsangebot zu unterstützen ist groß ist, zeigt auch die Selbstverständlichkeit, mit der erlaubt wurde, die behindertengerechte Toilette im Dorfgemeinschaftshaus von Gemeinde und Feuerwehr direkt gegenüber nutzen zu können. Dieses Dorfgemeinschaftshaus wird nun auch die Wilkommensstation sein, wenn Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und die schleswig-holsteinische Sozialministerin Kristin Alheit sich am 20. April ihren persönlichen Eindruck von dem Leuchtturmprojekt machen wollen. Gerade in ländlichen Regionen bestehen Versorgungslücken für an Demenz erkrankte Menschen und ihre Angehörigen.

Das Projekt „Der Bauernhof als Ort für Menschen mit Demenz“ bietet mit dem natürlichen Umfeld und den geschulten Ehrenamtlichen eine Möglichkeit, in geselliger Kaffeerunde Reize zu schaffen, ohne zu überfordern. „Diese innovative Zusammenarbeit zweier landesweiter Organisationen mit ihrem jeweiligen Know-How zu Demenz und zu Landwirtschaft mit allen ihren Facetten und Strukturen ist bundesweit einzigartig.“, betont Cornelia Prepernau vom Kompetenzzentrum Demenz. „Können wir das im Land bekannter machen und mit Hilfe weiterer interessierter Höfe fest etablieren, haben wir wieder einen Baustein aus dem Demenzplan für Schleswig-Holstein zum Großen Ganzen einer demenzfreundlichen Gesellschaft geschaffen.“

Foto: Interesse geweckt Alpaka Norbert zieht den Blick an © Anneke Wilken, Kompetenzzentrum Demenz