Norderstedt (rj) Wo soll Norderstedt sparen? Wofür Geld ausgeben? Runde zwei des Bürgerhaushaltes hat begonnen. Gesucht werden wieder die 50 besten Ideen.

Die Haushaltslage in vielen Kommunen erfordert in zunehmenden Maße, dass Ausgaben auf den Prüfstand gestellt, aber auch zusätzliche Einnahmemöglichkeiten geschaffen werden müssen. Diese Entwicklung trifft auch Norderstedt, trotz aller Anstrengungen eine nachhaltige und solide Haushaltsführung zu betreiben. Die Ursachen hierfür kann die Stadt nicht immer direkt beeinflussen. So kommen zum Beispiel durch die Erhöhung der Kreisumlage oder Vorgaben von Bund und Land in den kommenden Jahren zusätzliche Belastungen auf die Stadt zu. Diese müssen entweder durch Einsparungen oder Mehreinnahmen ausgeglichen werden. Die Norderstedt erhalten daher durch den Bürgerhaushalt und ein Forum Gelegenheit, sich aktiv in die Diskussion um den Haushalt einzubringen und so der Verwaltung und der Politik wichtige Hinweise für die Entscheidungsfindung zu geben.

600 Vorschläge bei der Premiere
Das Beteiligungsportal wurde erstmals zum Haushalt 2012/2013 eingerichtet. 600 Norderstedter reichten Vorschläge ein. Nun folgt die Fortsetzung. Bis 9. Juni ist die Internetseite www.buergerhaushaltnorderstedt.de für Anregungen offen, bis 21. Juni können diese dann bewertet werden. Denn am Ende sollen die 50 Top-Vorschläge von der Verwaltung geprüft und bei den Politikern in ihre Etatberatungen einfließen. Die Zeit drängt: Nach der ersten Sitzung der neuen Stadtvertretung am 18. Juni und der Sommerpause beginnen die Auschussberatungen zum neuen Doppelhaushalt der Stadt für die Jahre 2014 und 2015. Für das abgelaufene Jahr 2012 ergab sich bei einem Gesamtvolumen von rund 167 Millionen Euro ein Überschuss von rund 2,8 Millionen Euro. Für das laufende Jahr wird ein Überschuss von rund 1 Million Euro, in 2014 und 2015 von 400.000 bzw. 600.000 Euro erwartet. Ein großer Kostenpunkt bleiben die so ge-nannten zusätzlichen Aufgaben. „Auf der Ausgabeseite sind wesentliche Mehrausgaben für den weiteren Ausbau der Kinderbetreuung und der Ganztagsbetreuung an Schulen zu finanzieren. Dies wird auch in der weiteren Zukunft einer der großen Kostenbereiche bleiben“, so Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote. Er hofft bei der zweiten Auflage des Bürgerhaushaltes auf viele interessante Anregungen.
Vorab haben wir bei den Fraktionen in der Stadtvertretung nachgefragt: Wie zufrieden sind Sie mit der Realisierung der eingereichten Vorschläge zum ersten Bürgerhaushalt? Was könnte besser laufen? Und: Welchen Vorschlag würden Sie einreichen?

CDU: Vorschläge erleichtern unsere ArbeitMeinung und Politik
Bei rund 260 verschiedenen Vorschlägen und fast 10.000 Bewertungen kann durchaus von einem regen Interesse gesprochen werden. Die Realisierung der Vorschläge steht in einem direkten Zusammenhang mit der Qualität der einzelnen Anregungen. Für die 58 bestbewerteten Vorschläge haben ausführliche Stellungnahmen der Verwaltung aufgezeigt, dass die Umsetzung in fast allen Fällen vollständig oder teilweise bereits erfolgt ist. Von der Notwendigkeit des Bürgerhaushaltes ist allein deshalb auszugehen, weil er Mitwirkung und Zusammenspiel von Politik, Verwaltung und Bürgern stärkt. Das Zahlen- und Faktenmaterial erleichtert auch uns Kommunalpolitikern die Arbeit. Ein möglicher Vorschlag könnte die finanzielle Ausstattung von Nachhaltigkeitsprojekten fordern, die dem „Norderstedter Dreiklang“ entsprechen, also Projekte, die sozial gerecht, ökologisch ausgewogen und wirtschaftlich vernünftig sind.

SPD: Umsetzung bislang enttäuschendMeinung und Politik
Die Prioritäten waren aus den vielen eingereichten Vorschlägen klar abzulesen: Unter den am besten bewerteten Vorschlägen gehört, die Stadtwerke in kommunaler Hand zu belassen. Die anderen Vorschläge decken viele Bereiche wie Verkehr, Jugendarbeit, Energie und Transparenz ab. Wenn als einziges konkretes Ergebnis dann aber nur die Einführung neuartig bedruckter Hundekotbeutel bleibt, ist das eindeutig zu wenig. Die in Folge der Bürgerbeteiligung gegründete Arbeitsgruppe Haushalt, bestehend aus Vertretern der Fraktionen und Verantwortlichen der Stadtverwaltung, hat bis zum heutigen Tage eine ganze Reihe von Prüfaufträgen für Einsparmöglichkeiten erarbeitet. Die Ergebnisse lassen größtenteils jedoch bis zum heutigen Tage auf sich warten. Das ist uns zu wenig. Wir setzen uns für eine stärkere Digitalisierung der Stadtverwaltung ein. Die Bürger sollen einen Großteil ihrer Behördengänge online erledigen können.

FDP: Vorschlag - Ausgaben kürzenMeinung und Politik
Ausgaben kürzen statt Steuern erhöhen! Das ist nicht nur FDP-Politik für Norderstedt, sondern Vorschlag 30 zum Bürgerhaushalt. Haushaltsdaten mit denen anderer Kommunen vergleichen, Musikschule wieder auf „Jugendmusikschule“ reduzieren. Drei Beispiele von fast 300. Die Politik hat Vorgaben gemacht, die Verwaltung setzt um. Dabei gibt es unterschiedliche Fortschritte: Das Gebrauchtwarenkaufhaus ist längst erfolgreich. Beim Vergleich der Kommunen fällt es schwerer, geeignete Kennzahlen zu entwickeln, die von anderen auch ohne großen Mehraufwand bereitgestellt werden. Die von uns Liberalen geforderte Ausgabensenkung läuft in in einigen Teilbereichen nahezu geräuschlos. Das Betriebsamt steigert die Quote privater Reinigung. Die Bildungswerke sparen rund 250.000 Euro. Unser Vorschlag wäre auch diesmal: Ausgaben kürzen statt Steuern erhöhen! Weniger Schulden bedeutet mehr Freiheit.

Die Linke: Vorschlägen fehlt es noch an KreativitätMeinung und Politik
Die Einrichtung eines Bürgerhaushaltes in Norderstedt ist eine richtige und wichtige Sache, die den Bürgern dieser Stadt wieder etwas mehr Teilhabe an den politischen Entscheidungen in Norderstedt ermöglicht. Allerdingst darf man nicht glauben, sofort den „großen Wurf“ landen zu können. In anderen Gemeinden hat das auch ein paar Jahre gedauert, bis alle Beteiligten mit diesem Instrument direkter Demokratie effektiv und sinnvoll arbeiten konnten. Im ersten Bürgerhaushalt gab es von Seiten der Vorschlagenden eher Umverteilungskämpfe (Hundesteuer erhöhen, Katzensteuer einführen), wenig Kreatives. Viele Vorschläge waren schon längst umgesetzt, ohne dass die Bürger dies wahr genommen hatten. Als Ergebnis blieb der Hundekotbeutel für den Stadtpark. Das muss und wird besser werden, alle zwei Jahre ein Stück mehr, dann werden sich Bürger, Verwaltung und Politik daran
gewöhnt haben.