Norderstedt (rj) Nach der erheblichen Deckungslücke im Haushalt, durften die Norderstedter erstmals beim Etat mitreden. Der Bürgerhaushalt brachte 272 Vorschläge.

Die einzelnen Vorschläge konnten mit Kommentaren versehen und auf einer Skala von -2 (völlig unwichtig) bis +2 (sehr wichtig) bewertet werden. 20.000 Bewertungen wurden registriert.
Unter den am besten bewerteten Vorschlägen gehört, die Stadtwerke in kommunaler Hand zu belassen. Die anderen Vorschläge decken viele Bereiche wie Verkehr, Jugendarbeit, Energie und Transparenz ab.
Zwar seien die Fachbereichsbudgets in einigen Ausschüssen bereits beschlossen worden sein, allerdings bestehe für jede Fraktion die Möglichkeit Änderungsanträge zum Doppelhaushalt 2012/2013 einzubringen. Welche Punkte aus dem Bürgerhaushalt sollten aus Sicht der Parteien unbedingt umgesetzt werden? Wir fragten nach.

CDU: Zündende Idee fehlt noch
Die ersten Ergebnisse des von der Verwaltung engagiert begleiteten Bürgerhaushalts lassen nur einen Schluss zu: Er muss gemeinsam mit den Bürgern, ehrenamtlichen Politikern und der Verwaltung weiter entwickelt werden. Zwar findet sich eine Fülle von Vorschlägen übersichtlich und nachvollziehbar auf der Internetseite des Rathauses. Auch sind die Beiträge insgesamt nach transparenten Bewertungskriterien gelistet. Sie eignen sich als übersichtliche Grundlage für alle, die mit eigenen Vorschlägen neu einsteigen wollen. Genauso wertvoll ist der Bürgerhaushalt aber auch für das Ehrenamt. Denn die fachlichen Stellungnahmen der Kämmerei zu einzelnen Vorschlägen sind eine ideale Hilfe bei der Entscheidung, ob ein vorgeschlagenes Vorhaben angegangen werden kann. Insgesamt hat die Kämmerei und mit ihr der Oberbürgermeister mit dem aktuellen Doppelhaushalt einen Sparhaushalt vorgelegt. Vorschläge von Bürgern, die auf direkte Einsparungen im Sinne von Ausgabenkürzungen zielen, sind im ersten Bürgerhaushalt allerdings noch Mangelware.

SPD: Priorität: Jugend und Verkehr
Die Initiative zum Bürgerhaushalt stammt aus einem Antrag unserer Fraktion. Bereits zum damaligen Zeitpunkt war uns klar, dass wir mehr Elemente der direkten Demokratie brauchen, um die Menschen in unserer Stadt zeitnäher und authentischer in die politischen Planungsabläufe einzubinden. Und natürlich werden wir den Bürgerhaushalt auch in den kommenden Jahren weiterführen. Den verstärkten Bau von Kreisverkehren, dort wo sie verkehrstechnisch machbar sind, wollen wir auch in 2012 fortsetzen. Für die Arbeit in den Jugendhäusern der Stadt gilt, dass diese Arbeit stärker in den Schulen stattfinden wird. Verlängerte Öffnungszeiten hängen vor allem vom Willen der Mitarbeiter in den Einrichtungen ab hier wollen wir weiter Druck machen und das Angebot an den Bedarf besser anpassen. Auch wenn die finanzielle Verlockung für CDU und FDP nach wie vor groß erscheint: Wir setzen uns für den Erhalt der Stadtwerke in städtischer Hand ein. Wir wollen für Bebauungspläne die Beteiligung für Bürger einfacher machen, zum Beispiel übers Internet.

GALiN: Kotbeutel für Hunde
„Unbedingt“ umgesetzt werden muss 2012 aus dem Bürgerhaushalt gar nichts. Es gibt aber bei den vielen Vorschlägen einige, die es nach Meinung der GALiN-Fraktion wert sind, näher betrachtet zu werden. Deshalb wurde von uns zum Beispiel bereits zum Haushalt 2012/2013 beantragt, auf die Verschwenkung der Poppenbütteler Straße vorerst zu verzichten. Für die eine Million Euro hätte die GALiN-Fraktion den sozialen Wohnungsbau gefördert. Leider hat nur Die Linke mit uns gestimmt. Eine gute Idee aus dem Bürgerhaushalt leider eine mehrheitlich vertane Chance. Wir werden weitere Vorschläge aus dem Bürgerhaushalt sukzessiv durch Anträge und Anfragen in die städtischen Gremien einspeisen. Als nächstes der Kotbeutel für Hunde und eine Satzung, die den Gebrauch verpflichtend macht. Wir sprechen uns dafür aus, den Bürgerhaushalt fortzusetzen und wissen uns dabei mit allen anderen Fraktionen einig. Mit jedem Jahr werden sowohl die Bürger als auch die Stadtvertretung geübter mit der Kommunikationsform sein.

FDP: Steuern nicht erhöhen
Wir Liberalen haben den Bürgerhaushalt möglich gemacht, er ist ein Schritt in die richtige Richtung. Jetzt muss den Bürgern noch klarer gemacht werden, wo die Stadt im Vergleich mit entsprechenden Kommunen steht. Der Wunsch nach mehr Information ist mehrfach unter den 50 wichtigsten Vorschlägen zu finden. Die FDP ist froh, dass neben Befindlichkeiten wie „weniger Hundekot“ und „Biergarten im Stadtpark“, die ihre Berechtigung, aber wenig Haushaltsrelevanz haben, echte Einsparungsansätze benannt wurden. Dazu zählen die begonnene Einführung der LED-Technik, die von uns geforderten Gasfahrzeuge und Kreisverkehre. Von uns bereits in den Doppelhaushalt 2012/2013 eingearbeitet ist die Anregung Nummer 320, „Ausgaben kürzen, statt Steuern zu erhöhen“. Wir Liberalen hatten den Steuererhöhungen 2011 nicht zugestimmt und auch dieses Jahr Einsparungsvorschläge gemacht. Die FDP will nicht, dass die Schülerin Pferdesteuer zahlt, damit der VHS-Kursus für Weinkenner subventioniert wird.

Die Linke: Mehr Solaranlagen
Auch wenn der erste Versuch des Bürgerhaushaltes noch keine Massenbeteiligung ausgelöst hat, so sollten wir diese Form der Beteiligung doch ernst nehmen und die verschiedenen Anregungen prüfen. Sicher sind einige Vorschläge schon längst umgesetzt, ohne dass es die Bürger war genommen haben. Warum aber werden eigentlich die Dächer der öffentlichen Gebäude in Norderstedt nicht weiter mit Photovoltaikanlagen ausgerüstet, wie es bereits schon einmal konsenz war (siehe Rang 23). Schon vor Jahren sind einzelne Projekte an Schulen und am Arriba durchgeführt worden, da hätte man weiter machen können und sollte dies nun wieder tun. Auch der zentrale Einkauf von Büromaterial (Rang 13) für Verwaltung und Schulen würde mehr als Sinn machen. Dabei könnte dies nicht nur zu günstigeren Konditionen, sondern auch zu einheitlichen und verbindlicheren Standards führen. Eine eindeutige Dienstanweisung würde hier helfen. Dass dies insbesondere beim Papier durchaus möglich ist, zeigt zum Beispiel der „Papieratlas“ (www.papieratlas.de).