Norderstedt (em) Noch immer herrscht der weit verbreitete Irrglaube, dass vor Ausspruch einer Kündigung mindestens dreimal eine Abmahnung erfolgen muss. Auch werden häufig Fehler bei der Formulierung der Abmahnung gemacht, so dass sich diese im Nachhinein als unwirksam herausstellt.

Vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung ist im Regelfall eine Abmahnung erforderlich. Die Abmahnung dient nicht der Sanktion für vergangenes Fehlverhalten, sondern soll dem Arbeitnehmer die Folgen seines vertragswidrigen Verhaltens vor Augen führen und deutlich machen, dass der Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Der Abmahnung kommt so eine Warnfunktion zu. Vorstufen der Abmahnung sind der kollegiale Ratschlag, die Belehrung, Vorhaltungen, Ermahnungen, Verwarnungen oder Verweise. Diese enthalten, anders als die Abmahnung, keine Kündigungsandrohung und sind deshalb im Hinblick auf eine nachfolgende Kündigung nicht von Bedeutung.

Eine wirksame Abmahnung muss folgende wesentliche Bestandteile enthalten:
• Die konkrete Feststellung des beanstandeten Verhaltens;
• die exakte Rüge der begangenen Pflichtverletzung;
• die eindringliche Aufforderung zu künftigem vertragsgetreuem Verhalten und
• die eindeutige Ankündigung arbeitsrechtlicher Konsequenzen für den Wiederholungsfall (Kündigungsandrohung).

Es genügt also nicht, schlagwortartig zu argumentieren oder Unwerturteile zu formulieren (z. B. „Sie kommen dauernd zu spät“ oder „Sie arbeiten schlampig“). Vielmehr ist Präzision in der Bezeichnung der Pflichtverletzung nach Art, Ort, Zeit und Dauer unverzichtbar. Die Kündigung ist nur wirksam, wenn für den Arbeitnehmer klar ersichtlich ist, was ihm konkret vorgeworfen wird und dass bei weiteren gleichartigen Verstößen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses droht. Häufig wird der Fehler begangen, dass das Schreiben zwar mit „Abmahnung“ überschrieben wird, dann aber der Hinweis auf die arbeitsrechtlichen Konsequenzen fehlt, so dass es sich dann nicht um eine wirksame Abmahnung handelt.

Eine Regelausschlussfrist, innerhalb derer eine Abmahnung erklärt werden muss, existiert nicht. Allerdings kann das Recht auf Abmahnung verwirkt werden, wenn sich der Arbeitnehmer nach einem Fehlverhalten längere Zeit vertragstreu verhalten hat. Der Betriebsrat muß vor der Abmahnung weder angehört noch unterrichtet werden. Daher kann eine Kündigung, die beispielsweise wegen der Nichtanhörung des Betriebsrates unwirksam ist, in eine Abmahnung umgedeutet werden, weil letztendlich auch eine unwirksame Kündigung dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten vor Augen führt (sofern der Kündigungsgrund angegeben ist). Die Abmahnung ist formfrei, sie kann folglich auch mündlich ausgesprochen werden. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich jedoch, die Abmahnung stets schriftlich zu verfassen. Abmahnungsberechtigt ist nicht nur, wer kündigungsberechtigt ist, sondern jeder Vorgesetzte, dem gegenüber dem Arbeitnehmer ein Weisungsrecht zusteht. Dies kann neben dem Dienstvorgesetzten auch der unmittelbare Fachvorgesetzte sein.

Wenn eine Abmahnung auf mehrere Vertragsverstöße gestützt wird, ist die Abmahnung insgesamt unwirksam, wenn nur eine der Pflichtverletzungen nicht zutrifft. Es empfiehlt sich deshalb, für jeden einzelnen Pflichtverstoß eine gesonderte Abmahnung auszusprechen. Wurde eine Vertragsverstoß abgemahnt, kann auf diesen Sachverhalt später nicht noch eine Kündigung gestützt werden, sondern die Pflichtverletzung ist sozusagen für die Kündigung „verbraucht“. Dies folgt daraus, dass dem Arbeitnehmer durch die Abmahnung die Möglichkeit gegeben werden soll, künftig sein Verhalten zu ändern, um so eine Kündigung zu vermeiden.

Nur in Ausnahmefällen ist vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung entbehrlich, nämlich dann, wenn es um schwere Pflichtverletzungen geht, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei denen eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. Dies gilt insbesondere bei Störungen im sogenannten Vertrauensbereich (z. B. Diebstahl). Möchte sich ein Arbeitnehmer gegen eine Abmahnung zur Wehr setzen, kann er eine Gegendarstellung zu den Personalakten geben, er kann aber auch die Beseitigung und Rücknahme einer ungerechtfertigten Abmahnung verlangen und ggf. Klage auf Entfernung der Abmahnung erheben. Besonders ärgerlich ist es für den Arbeitgeber, wenn er nach Ausspruch einer Abmahnung kündigt und sich im anschließenden Kündigungsschutzprozess herausstellt, dass die Kündigung nur deshalb unwirksam ist, weil eine unwirksame Abmahnung vorliegt. Wenn sich der Arbeitgeber daher nicht sicher über die Formulierung der Abmahnung ist, empfiehlt es sich, rechtlichen Rat einzuholen.

Foto: Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht sowie Arbeitsrecht Alexander Bechmann.

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