Norderstedt (em) Winterzeit ist Erkältungszeit; aber nicht nur Ärzte sind mit Krankheiten befasst, sondern auch Juristen beschäftigen sich damit, nämlich dann, wenn einem Arbeitnehmer krankheitsbedingt gekündigt werden soll.

Während in Kleinbetrieben (bis zu 10 Arbeitnehmer) nur ein rudimentärer Kündigungsschutz für die Arbeitnehmer gilt, d. h. der Arbeitgeber benötigt lediglich einen einigermaßen nachvollziehbaren Grund für den Ausspruch der Kündigung, muss in Betrieben, in denen das Kündigungsschutzgesetz gilt (mehr als zehn Arbeitnehmer und der Arbeitnehmer muss länger als sechs Monate dort beschäftigt sein) die Kündigung sozial gerechtfertigt sein, d. h. die Kündigung ist nur dann wirksam, wenn entweder personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebliche Gründe für die Kündigung vorliegen.

Die krankheitsbedingte Kündigung ist ein Unterfall der personenbedingten Kündigung. Nach der juristischen Definition ist unter Krankheit ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand zu verstehen, der eine Heilbehandlung notwendig macht. Neben körperlichen Erkrankungen können damit auch Suchtkrankheiten und seelische Erkrankungen eine Kündigung rechtfertigen.

Ob eine auf Krankheit gestützte Kündigung wirksam ist, wird in drei Stufen geprüft: Zunächst ist eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung erforderlich. Auf der zweiten Stufe wird geprüft, ob die Erkrankung des Arbeitnehmers zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führt. Die Beeinträchtigungen können durch Störungen im Betriebsablauf oder wirtschaftliche Belastungen hervorgerufen werden. Betriebsablaufstörungen kommen in Form von Störungen des Arbeitsablaufs, Produktionsausfall, Verlust von Kundenaufträgen und nicht beschaffbarem Ersatzpersonal in Betracht. Zu den erheblichen wirtschaftlichen Belastungen gehören insbesondere hohe Entgeltfortzahlungskosten während der Dauer der Krankheit sowie Kosten für Überstundenzuschläge anderer Mitarbeiter und einzustellende Ersatzkräfte. Entgeltfortzahlungskosten sind dann erheblich, wenn sie für mehr als sechs Wochen pro Kalenderjahr gezahlt werden müssen.

In der dritten Stufe wird dann im Rahmen einer Interessenwägung geprüft, ob die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen. Erst dann, wenn diese drei Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine krankheitsbedingte Kündigung wirksam. Auf der ersten Stufe, im Rahmen der Prüfung, ob eine negative Prognose vorliegt, unterscheidet man im Wesentlichen drei Fälle: Zum einen die sichere dauerhafte Arbeitsunfähigkeit. Wenn fest steht, dass der Arbeitnehmer auf Dauer nicht mehr in der Lage ist, die Arbeitsleistung zu erbringen, ist eine Kündigung im Regelfall sozial gerechtfertigt.

Wenn die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ungewiss ist, ist die Kündigung dann berechtigt, wenn ein Arbeitnehmer bereits längere Zeit (ca. 1,5 Jahre) arbeitsunfähig krank ist, im Zeitpunkt der Kündigung die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit noch völlig ungewiss ist und wenn in den nächsten 24 Monaten nicht mit einer anderen Prognose gerechnet werden kann.

Letztendlich kann eine Kündigung auch wegen häufiger Kurzerkrankungen gerechtfertigt sein. Bei einer solchen Kündigung kann die negative Gesundheitsprognose durch die krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Vergangenheit indiziert sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer in den zurückliegenden zwei bis drei Jahren mindestens 30 % der Arbeitszeit krankheitsbedingt gefehlt hat.

Im Prozess kann der Arbeitnehmer die ihn behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht befreien und diese als Zeugen dafür benennen, dass mit einer baldigen Genesung zu rechnen ist und kann somit die negative Gesundheitsprognose widerlegen.

Noch immer besteht ein weit verbreiteter Irrtum: Viele meinen, dass während der Krankheit eines Arbeitnehmers keine Kündigung (beispielsweise eine fristlose Kündigung oder eine betriebsbedingte Kündigung) ausgesprochen werden darf. Dies ist nicht richtig. Eine Kündigung kann grundsätzlich zu jeder Zeit wirksam ausgesprochen werden.