Norderstedt. 25 Jahre – davon 18 Jahre als Kinderdorfmutter – hat Angelika Isaakson im SOS-Kinderdorf Harksheide gearbeitet und gelebt. Sie blickt zurück auf eine nicht immer einfache, aber intensive und bereichernde Zeit. 

Angelika Isaaksons Weg ins SOS-Kinderdorf beginnt im Jahr 1999. Da ist sie 43 Jahre alt und arbeitet als Groß- und Außenhandelskauffrau. Als ihr Arbeitgeber den Standort ins Ausland verlagert, macht sich Isaakson Gedanken über ihre berufliche Zukunft. „Auch wenn mir die Arbeit viel Spaß gemacht hatte“, stellt sie fest, „wollte ich nicht mehr allein an Zahlen gemessen werden. Da habe ich begonnen, nach neuen beruflichen Perspektiven zu suchen.“ Wie es der Zufall – oder die Vorhersehung? – will, stößt sie auf eine Anzeige des SOS-Kinderdorf Harksheide, in der unter der Überschrift „Wollen Sie Ihr Leben verändern?“ zu einer Infoveranstaltung zum Beruf der Kinderdorfmutter geladen wird.

Und genau das ist es, was sie gerade will: Ihr Leben verändern. Nach dem Infoabend wird sie zu einem Besuch im Kinderdorf eingeladen. „Das hat mich alles sehr angesprochen und ich habe sofort gedacht ‚Oh ja, Kinderdorfmutter zu werden, das ist eine gute Idee‘,“ erzählt Angelika Isaakson. „Damals war ich natürlich noch recht naiv, mit dem, was das wirklich bedeutet“, ergänzt sie schmunzelnd.

Immer auf das Bauchgefühl hören

Isaakson fängt im März 2000 zunächst als Familienhelferin im Kinderdorf an und beginnt 2001 eine berufsbegleitende Ausbildung zur Erzieherin. „Während dieser Zeit haben ich schon ein paarmal hin und her überlegt“, erzählt sie, „aber mein Bauchgefühl hat mir gesagt ‚Los, mach das!‘ – und auf mein Bauchgefühl war eigentlich immer Verlass.“ 

Nach der Ausbildung arbeitet Angelika Isaakson zunächst einige Jahre als Erzieherin. Im Herbst 2007 eröffnet sie dann endlich ihre eigene Kinderdorffamilie. 

„Es gab Zeiten des Zweifels, aber rückblickend war es eindeutig die richtige Entscheidung“, ist sich Isaakson heute sicher. „Ich weiß gar nicht, wie mein Leben sonst verlaufen wäre. Im Kinderdorf hatte ich eine Aufgabe und habe seitdem einfach immer gemacht.“ Und genau das tut Angelika Isaakson, sie macht einfach. In den kommenden 18 Jahren wird sie über 20 Kinder betreuen, die meisten über viele Jahre, manche aber auch nur für kurze Zeit – immer aber war es eine intensive Zeit!

Was bleibt?

Mit den meisten der ehemaligen Kinder steht Angelika Isaakson in Kontakt. Die ältesten sind bereits selbst Eltern. „Ich habe es immer den Kindern überlassen, den Kontakt nach dem Auszug aufzunehmen. Viele brauchten dann erst Mal eine Zeit für sich, um sich allein zurecht zu finden und sich etwas Eigenes aufzubauen.“ Dabei wussten und wissen sie immer, dass Angelika Isaaksons Tür für sie offensteht. „Auch wenn die Tür jetzt nicht mehr im Kinderdorf ist“, ergänzt sie lächelnd und freut sich darauf, die Lebenswege der Kinder weiter im Auge zu behalten und zu begleiten.

Und was kommt?

Angelika Isaakson ist ein Mensch, der sich immer schnell verantwortlich gefühlt hat. Ein Thema, das sie jetzt bewusst angehet. „Ich übe mich darin, erstmal keine Verantwortung zu übernehmen, nicht mal für eine Ameise.“ Geplant sind Reisen und Besuche bei Freunden, Verwandten, ehemaligen Kindern und Kolleginnen. Und ihren vielfältigen kreativen Hobbies will sie sich widmen. Aber sonst erstmal: „Nichts! Ich werde mich jetzt erstmal nur um mich kümmern und herausfinden, was ich eigentlich möchte.“

Dass der SOS-Kinderdorf e.V. den Kinderdorfmüttern die Möglichkeit der vorzeitigen Entpflichtung bietet, schätz Isaakson sehr. „Es ist wirklich genial, dass ich so gut versorgt bin und dadurch die Möglichkeit habe, nun alles auf mich zukommen zu lassen. Mit 61 Jahren kann ich schon in die Entpflichtung gehen. Entpflichtung!“, wiederholt sie genüsslich. „Keine Pflichten mehr! Das hört sich gut an!“