Norderstedt (em) Die Stadt Norderstedt galt früher als „Autofahrerstadt“ mit auffallend hoher Verkehrsdichte. Längst aber steuern Politik und Verwaltung gegen. Mit dem jüngst im Stadtentwicklungsausschuss beschlossenen Fußverkehrskonzept stellt Norderstedt ein Programm auf die Beine, das die Stadt lebendiger und attraktiver machen soll. Wichtig ist dabei der ganzheitliche Ansatz, wie Planerin Christine Werner vom Amt Nachhaltiges Norderstedt sagt: „Bisher gab es nur den Ansatz für bestimmte Bereiche und Quartiere, wir aber realisieren jetzt ein gesamtstädtisches Konzept.“
Das Fußverkehrskonzept fand bereits überregional positiv Beachtung: In Kombination mit den Themenrundwegen und dem Solardorf Müllerstraße punktete Norderstedt in Kiel und wurde mit dem Nachhaltigkeitspreis des Landes Schleswig-Holstein ausgezeichnet. Norderstedt soll fußgängerfreundlicher werden. Um dies zu erreichen, sollen viele Fußwege im Stadtgebiet benutzerfreundlicher gestaltet und noch besser vernetzt werden. Die sogenannte Aufenthaltsqualität im Fußgängerbereich soll erhöht werden. Baudezernent Thomas Bosse nennt das Fußverkehrskonzept einen wichtigen Baustein innerhalb der Planungen für eine zukunftsweisende urbane Mobilität.
„Denn jeder Weg beginnt und endet zu Fuß“, sagt Christine Werner. Gemäß der Zahlen aus dem Verkehrsentwicklungsplan hat der Fußverkehr in Norderstedt bis dato nur einen Anteil von 16 Prozent, wie Christine Werner erklärt. Diese Quote solle möglichst deutlich gesteigert werden. Norderstedt hat dabei ein großes Vorbild: Die britische Hauptstadt London will zur Fußgängermetropole Europas werden und den Fußverkehrsanteil um gleich zehn Prozent erhöhen. Tatsächlich zeigen Zahlen der Erhebung „Mobilität in Deutschland“, dass die Hälfte aller Wege, ob zum Einkauf, zur Schule oder zu Freunden und Verwandten, kürzer als zwei Kilometer sind also zu Fuß gut zu schaffen. In Norderstedt ist es das Gesamtziel, ein lückenloses Fußverkehrsnetz im gesamten Stadtgebiet zu schaffen. Dafür wurde ein hierarchisch gestuftes Fußverkehrsnetz entwickelt, bestehend aus Fußwegen 1. und 2. Ordnung.
In dicht bebauten Gebieten sollen die Lücken im bisherigen Fußwegenetz geschlossen und die Barrierefreiheit gewährleistet werden. Auch eine durchgängige Fußwegbreite von 2,50 Metern auf den Fußwegeachsen ist ein elementares Ziel. Für Fußgänger außerdem wichtig: der Ausschluss des Gehwegparkens und eine Trennung von Fuß- und Radwegen entlang der Hauptverbindungen.
In weniger dicht bebauten Gebieten sollen attraktive und sichere Verbindungen zu und aus anderen Quartieren entstehen. Alle wichtigen Ziele des sogenannten Alltagsverkehrs sollen in Norderstedt in Zukunft gut zu Fuß zu erreichen sein. Zu diesen Zielen gehören zum Beispiel zentrale Einzelhandelsstandorte, wichtige Bahn- und Bushaltepunkte, große Firmen und Schulzentren sowie der Stadtpark. Zu den geplanten Maßnahmen gehört es, an diversen Orten im Stadtgebiet Fußgängerinnen und Fußgängern das Überqueren von Straßen zu erleichtern, vor allem durch den Bau zusätzlicher Mittelinseln beziehungsweise Querungsanlagen, zum Beispiel an der Tangstedter Landstraße in Höhe Am Ochsenzoll und an der Ochsenzoller Straße.
An mehreren anderen Stellen sollen die Schaltungen der Ampelanlagen zu Gunsten der Zu-Fuß-Gehenden verbessert werden, etwa am ZOB in Norderstedt-Mitte. „Vielleicht werden auch Zebrastreifen durch das Fußverkehrskonzept wieder verstärkt im Stadtgebiet installiert“, hofft Christine Werner. Was den sogenannten Längsverkehr angeht, sollen entlang vieler Straßen in Norderstedt die Gehwege verbreitert werden. Die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum soll gesteigert werden, indem die Beleuchtung ergänzt und verbessert wird beziehungsweise indem mehr Sitzmöglichkeiten aufgebaut werden.
Zum Beispiel entlang der Zuwegung zur AKN-Haltestelle Moorbekhalle und der Zuwegung zur U-Bahn-Station Norderstedt-Mitte. Weiterhin beinhaltet das Fußverkehrskonzept die optimierte Gestaltung von Bushaltestellen und die Einrichtung verkehrsberuhigter Bereiche. Die Schwerpunkte sollen in den kommenden vier Jahren im Umfeld von Haupt- und Nahversorgungszentren gesetzt werden. Dazu gehören vor allem die Rathausallee und das Umfeld des Herold-Centers, jedoch auch der Bereich AKN-Haltestelle/Glockenheide/Waldbühnenweg in Friedrichsgabe, der ZOB in Glashütte und der Harksheider Markt.
Die Gesamtkosten für das Maßnahmenpaket belaufen sich nach jetzigem Stand auf annähernd 800.000 Euro. „Wir werden verwaltungsintern abstimmen, welche Maßnahmen in diesem Jahr noch kurzfristig realisiert werden können“, sagt Planerin Christine Werner. Die Stadt Norderstedt hat als erste Kommune ein gesamtstädtisches Fußverkehrsnetz aufgestellt. Die festgelegten Qualitätsstandards sollen künftig nicht nur bei der Umsetzung des Fußverkehrskonzepts, sondern generell bei Neuplanungen und Umbauten berücksichtigt werden.