Norderstedt (em) Eine merkwürdige Sache ist das mit dem Erwachsen werden. Man wird es sowieso, und jeder will es irgendwann, aber ein bisschen Angst macht es auch. Schließlich lauert hinter der vermeintlichen großen Freiheit auch die große Verantwortung. In dieser etwas gemischten Gefühlslage befinden sich im SOS-Kinderdorf Harksheide im Moment immerhin 11 Jugendliche ab 15 Jahren. Das ist gut ein Fünftel aller dort lebenden Kinder, denen mit dem speziellen Trainingsprogramm „Step by Step“ in diesem Lebensabschnitt unter die Arme gegriffen wird.
„Verselbständigung in der Jugendhilfe erfordert deshalb so viel Aufmerksamkeit, weil die Zeit einfach knapper ist als gewöhnlich“, so die Pädagoginnen Petra Feuser, Cindy Klein und Kasia Kosmal-Stoffers (Foto), die das Training in Harksheide zusammen durchführen. Die Selbstgewissheit, voller Zuversicht Entwicklungsschritte zu gehen, gewänne man üblicherweise beiläufig in der Kindheit, so Kosmal-Stoffers. Aber es liege eben in der Natur der Sache, dass diese Normalität bei Kindern, die in der Jugendhilfe aufwüchsen, nicht gegeben sei. Und da man im SOS-Kinderdorf ein Kinderleben erst als gelungen empfindet, wenn auch der Weg in ein selbstbestimmtes Leben geklappt hat, kümmert man sich eben rechtzeitig um dieses Problem.
Das Programm „Step by Step“ hat für die Jugendlichen des Dorfes verbindlichen Charakter, sogar 10 Euro Teilnahmegebühr müssen von jedem entrichtet werden. Dafür bekommt man aber auch was geboten. Alle zwei Wochen trifft sich die Gruppe, um sich mit Themen aus einem der vier Bausteine Geld, Gesundheit, Lebensraum und Beruf zu beschäftigen. Nichts ist schneller gelangweilt als ein Jugendlicher, das weiß man auch in Harksheide, und deshalb ist das Programm sehr um Attraktivität und Realitätsnähe bemüht. „Wir arbeiten mit örtlichen sozialen Trägern und Gastreferenten zusammen“, so Feuser, „aber auch mit der Norderstedter Polizei und dem Jugendamt.“ Die Themen sind vielfältig, vom Umgang mit Behörden bis zur Haushaltsführung ist alles dabei. Im Mittelpunkt stehen aber immer die eigenen Zukunftsvorstellungen und was man tun muss, um sie Wirklichkeit werden zu lassen.
“Ich weiß nicht, ob unsere Jugendlichen nach ihrem Auszug auch nur einen Fehler weniger machen, als andere“, so Cindy Klein, die auch die Jugendarbeit des Kinderdorfes verantwortet, „aber auf jeden Fall haben sie zu jeder Schwierigkeit, der man begegnen kann, schon mal einen Lösungsvorschlag gehört“. Und das sei ja viel wert, immer das richtige „Werkzeug“ dabei zu haben.
Foto: SOS-Kinderdorf Harksheide: Das Step-by-Step-Team (v.l. Kasia Kosmal-Stoffers, Cindy Klein u. Petra Feuser) und die Jugendlichen bei ihrem Treffen alle 2 Wochen