Norderstedt (rj) Wahlprogramme stehen immer unter der Überschrift „Wünsch Dir was“ und unter Finanzierungsvorbehalt. Ersteres schreibt man auf die Wahlplakate. Und die wird es im anstehenden Kommunalwahlkampf in Norderstedt reichlich geben.
Schon bei 100 Plakaten pro Partei war in der Vergangenheit der öffentliche Raum überfrachtet. Nachdem CDU und FDP in der Stadtvertretung nun sogar für eine Verdopplung der Wahlplakate gesorgt haben, werden Norderstedter fast 1400 mögliche Einzelplakate plus Veranstaltungsankündigungen von Parteien, Maifesten, Ostereiersuche bis hin zu Theateraufführungen, Frühlingskonzerten und Messen ertragen müssen.
Nur 50 Plakate von den Grünen
„Die Menschen sind von der Fülle genervt“, meint Katrin Schmieder, Sprecherin der Grünen, die nach langer Pause wieder in die Stadtvertretung streben. An der kürzlich beschlossenen Verdoppelung der Wahlplakate will die Partei sich nicht beteiligen. 50 Einzelplakate statt 200 möglicher sind geplant. „Wir wollen den Verkehrsraum möglichst frei von Wahlwerbung halten und analog zu Flensburg zur Kommunalwahl am 26. Mai ausschließlich auf den von der Stadt zur Verfügung gestellten Tafeln plakatieren. „Die Masse macht es nicht“, sagt Regina Spörel, Spitzenkandidatin der Bündnisgrünen. „Es gilt als erwiesen, dass Wahlplakate eigentlich nur dazu dienen, auf das Wahlereignis und den Termin hinzuweisen. Dafür müssen wir nicht jede freie Fläche vollhängen.“
Kritik an Hohlkammerplakate
Nicht zuletzt würden sie ein Zeichen gegen die Umweltverschmutzung setzen. „Die von der Mehrheit der Parteien gewählten Hohlkammerplakate sind nur zum Einmalgebrauch geeignet und sorgen damit für Mengen an völlig unnötigem Kunststoffmüll“, so Spörel. Achja, nach der Wahl ist vor der Wahl: Am 22. September steht die Bundestagswahl an. Im Spätsommer wird es dann vermutlich kein freien Laternenpfahl mehr geben.
CDU: Stadtbild nicht beeinträchtigt
In der CDU wurde die Reduzierung der Plakatierung zur Kommunalwahl 2013 intensiv und teilweise auch kontrovers diskutiert. Wir sind der Meinung, dass 100 Standorte keine Ausweitung der Plakatierung bedeutet. Diese 100 Standorte sind schon seit Jahren üblich und die doppelseitige Aufhängung stellt keine besondere Beeinträchtigung des Stadtbildes dar zumal die Kommunalwahl nur alle fünf Jahre stattfindet. Daher haben wir dieser Regelung in der Sitzung der Stadtvertretung zugestimmt. Wie die Plakatierung auf die Wähler wirkt, ist ohne eine repräsentative Umfrage nicht feststellbar. Tatsache aber ist, dass die Wahlplakatierung in erster Linie die Bürger auf die anstehende Wahl aufmerksam machen und Nicht- oder Neuwähler motivieren soll, zur Wahl zu gehen. Wie die CDU in Norderstedt plakatieren wird, kann noch nicht abschließend beantwortet werden. Die CDU wird sich aber aller Kommunikationswege bedienen, die die heutige Technik zur Verfügung stellt. Welche „Give-aways“ die einsetzt werden, wird kurzfristig vor der Wahl entschieden.
SPD: Wir setzen mehr aufs Internet
Nach dem Mehrheitsbeschluss von CDU und FDP kann unsere Stadt nun mit 200 statt wie bisher mit 100 Wahlplakaten im wahrsten Sinne zugemüllt werden. Alle unsere Versuche, ausschließlich auf städtische Plakatwände auszuweichen und das Aufstellen einzelner Plakatträger damit zu reduzieren, sind leider gescheitert. In diesem Fall wäre weniger deutlich mehr gewesen. Wir werden wie bisher maximal 100 Plakate aufstellen, tendenziell eher weniger. Als Signal, dass die nächste Wahl ansteht, taugen die Plakate eher wenig. Sie gehen im Straßenbild vielfach unter und werden höchstens noch in Wohngebieten oder Fußgängerzonen wahrgenommen. Wir setzen verstärkt auf das Internet als Werbeplattform und die Möglichkeiten zur Online-Beteiligung. Unsere Kandidaten und das Programm sind über unsere Homepage und natürlich auch auf unserer Facebook- Seite erreichbar. Mit Blick auf die „Give-aways“ werden wir hauptsächlich mit Flyern und Broschüren informieren. Nützliche Stifte oder, passend zu Ostern, Schokohasen werden das Angebot ergänzen.
GALiN: Plakate haben Signalwirkung
Grundsätzlich sind Wahlplakate und andere Druckerzeugnisse für den Wahlkampf unverzichtbar. Bisher können elektronische Medien diese nicht ersetzen. Dabei haben Wahlplakate eine Signalwirkung in drei Richtungen: Sie signalisieren Wählern ein Angebot, sie zeigen der politischen Konkurrenz, dass wir auch da sind und schließlich sollen sie die eigenen Mitglieder motivieren. Die jetzt beschlossene Verdoppelung der Anzahl der Wahlplakate dürfte die bisherige Wirkung nicht wesentlich verstärken. Vielmehr ist die Gefahr vorhanden, dass bei Wählern ein Überangebot die Stimmung für die betreffende Partei kippen lässt. Aber niemand ist ja gezwungen, die zulässige Höchstzahl auch auszuschöpfen. Die GALiN wird zur Kommunalwahl nicht mehr antreten. Daher gibt es von uns in diesem Jahr weder Plakate noch andere Werbemittel. Wir wünschen allen bei der Kommunalwahl ein klares Votum zum Wohle der Stadt und eine hohe Wahlbeteiligung. Die GALiN bedankt sich bei ihren Wählern für das Vertrauen und sagt: „Tschüs!“
FDP: Lieber Doppelpack als Stellschilder
2008 haben nicht einmal die Hälfte der Norderstedter gewählt, also muss man die Bürger aufmerksam machen; Plakate helfen. Wie bisher kann jede Partei an 100 Standorten aufhängen, nur, dass es diesmal zwei Plakate sind. Hohlkammerplakate sind im Doppelpack leichter, besser und verkehrssicherer zu befestigen. Oder haben Sie sich nicht auch schon über Stellschilder, die Fuß- und Radwege versperren, und Plakate, die heruntergerutscht die Sicht nehmen, geärgert?! Wir halten 100 Standorte für besser als mehr öffentliche Stellflächen, die die Stadt teuer bezahlen muss. Wichtiger als Plakate sind aber die Information und die Diskussion mit den Bürgern, die wir während der gesamten Wahlperiode betreiben. Gäste mit ihren Anliegen sind bei uns immer willkommen; Schulen, Verbände und Vereine werden besucht. Als Werbemittel möchten wir etwas mit Gebrauchs- und Informationswert verwenden. Vielleicht kommt noch ein ungewöhnliches „Give-away“ dazu, an dem Jung und Alt Spaß haben. Also: Am 26. Mai wählen!
Die Linke: Politischer Umweltschmutz
Wenn es nach uns gegangen wäre, hätte die Plakatierung auf den 29 festen Stellwänden der Stadt Norderstedt völlig ausgereicht. Was wir nun haben, ist mal wieder ein Stück aus dem Norderstedter Amateurtheater, ohne dass ich dem NAT damit zu nahe treten möchte. Jeder in der Stadt weiß, dass die CDU immer mehr Plakate gehängt hat, als sie durfte. Darüber sollte, von der SPD angeregt, die Diskussion gehen. Daraus entwickelte sich eine bizarre, ja surreale Diskussion um „ein- oder doppelseitiges Hängen“, um Standortstatt Plakatanzahl, es fiel von unserer Seite der Begriff der politischen Umweltverschmutzung und am Ende setzten sich, die offensichtlich in Endzeitstimmung verfallene FDP und die Plakatweltmeister der CDU mit ihrer geklauten Einstimmenmehrheit durch. Auf alle Fälle werden die Bürger in Norderstedt bemerken, dass Wahl ist. Bleibt nur zu hoffen, dass noch jemand hin geht. Denn diesmal ist ohne Fünf-Prozent-Hürde keine Stimme verloren, auch für uns nicht.