Bad Bramstedt (rj) Bis zum Jahr 2050 will die Bundesregierung ihre Energieversorgung zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen erreichen. Sind die Bürger bereit, für „saubere“ Energie auch mehr zu bezahlen?
Mehr denn je wird auf Windenergie gesetzt. Bad Bramstedt konnte für diese Technik keine Flächen ausweisen. Doch so ganz verschont von den Nebenwirkungen der großen Windrotoren bleibt man auch nicht. Möglich ist, dass sich bald 24 weitere Windkrafträder in Bad Bramstedt-Land drehen. Die Gemeinden Föhrden-Barl, Heidmoor und Weddelbrook haben sich zuletzt zwar gegen Flächen ausgesprochen, Armstedt, Fuhlendorf, Hitzhusen, Großenaspe und Mönkloh sind jedoch bereit, in die Windenergie einzusteigen. Bisher existieren Windparks in Wiemersdorf und Hasenkrug/Hardebek.
Ökostrom soll sich für Bad Bramstedter lohnen
Bad Bramstedt setzt derzeit auf die sogenannte Bürgersolaranlage. 90 Mitglieder investieren in das Projekt. Zum ersten Bauabschnitt zählen die Anlagen auf dem Dach der neuen Sporthalle am Gymnasium (100 kWp), ferner die Feuerwehr (57 kWp), der Bauhof und die Kindertagesstätte am Hoffeldweg (zusammen 63 kWp). Die Investitionssumme beträgt 475.000 Euro, wovon rund 100.000 Euro aus den Anteilen der Genossenschaft kommen, der Rest aus Krediten von regionalen Banken. „Wir freuen uns, dass wir ein mehr als doppelt so hohes Interesse an den Anteilen haben, als wir im Moment als Zeichnung entgegennehmen können“, so Jan-Uwe Schadendorf von der Genossenschaft.
Insgesamt sollen in Bad Bramstedt und der Region 1,8 Millionen Euro in Photovoltaikanlagen investiert werden. Der fertiggestellte Bürgersolarpark soll pro Jahr etwa 600.000 Kilowattstunden Strom liefern. Damit könnten nahezu 200 Drei-Personen-Haushalte versorgt werden. Als Gewinn wird eine Rendite von bis zu fünf Prozent jährlich geschätzt.
Chancen der Energiewende
Nur wie wird das Thema Windkraft in Bad Bramstedt gesehen? Welche Rolle sollen die Stadtwerke bei der „Energiewende“ spielen? Wir fragten bei den fünf Parteien in der Stadtverordnetenversammlung nach.
CDU: Energiewende mit Augenmaß
Die Entwicklung in der Energiewirtschaft durchläuft zur Zeit eine sehr spannende Phase. Die Energiewende stellt auch an die Stadtwerke neue Herausforderungen, die es mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten eines kleinen, lokalen Energieversorgers in Einklang zu bringen gilt. Der Verbraucher erwartet kostengünstige Stromversorgung und hat durch seine Möglichkeiten des kurzfristigen Wechsels alle Chancen auf Preise zu reagieren. Die Stadtwerke leisten mit der Grundversorgung einen großen Beitrag zur sicheren Lieferung der benötigten Energiemengen. Die jüngsten Beschlüsse zur Energiewende sind jedoch nur mit erheblichen Investitionen in alternativen Energiesystemen möglich. So ist die fachliche Unterstützung der Bramstedter Bürgersolaranlage tatkräftig durch die Stadtwerke begleitet worden. Seit vielen Jahren produzieren die Stadtwerke Strom durch eigene Blockheizkraftwerke und haben ebenfalls immer Ökostrom als alternative Energie angeboten. Sie ermöglichen einen sparsamen Einkauf von Fremdenergie, die dem Bürger zu günstigen Konditionen Strom ins Haus liefern. Einen breiten Raum wird die Windenergie in der Zukunft einnehmen. Bad Bramstedt konnte für diese Technik keine Flächen ausweisen und aus diesem Grund werden wir von den Nebenwirkungen der großen Windrotoren verschont. Die CDU wird mit Augenmaß die alternative Energieverwendung in den Stadtwerken wohlwollend fördern.
SPD: Stadtwerke gut aufgestellt
Die Energiewende muss erst noch eine werden und fordert jeden einzelnen von uns, seine bisherigen Denk- und Verhaltensweisen zu ändern da schließe ich mich mit ein. Der vernünftige Umgang mit Energie ist das größte, schnell zu erreichende Sparpotential: Energie, die nicht verbraucht wird, muss auch nicht erzeugt werden! Beim Strom sind dies zum Beispiel die Standby- Schaltungen an TV-Geräten, die überwiegend völlig unnötig Strom verbrauchen. Ebenso sind es zum Beispiel PCs, die stundenlang laufen, ohne dass jemand daran sitzt. Das soll heißen: Im Bereich der Energieberatung gibt es viel zu tun für Energieversorger, auch für unsere Stadtwerke. Das muss gestärkt werden!
Ansonsten sind unsere Stadtwerke mit ihren drei Blockheizkraftwerken schon sehr gut aufgestellt, denn effektiver kann man Energie nicht verwenden, als in der Kraft-Wärme- Kopplung Strom und Wärme gleichzeitig zu erzeugen. Hinsichtlich Windenergie haben wir in Bad Bramstedt bislang keine Eignungsflächen, aber unsere Stadtwerke wollen sich an Windparks in Nachbarorten beteiligen. Das ist gut so. Die zahlreich installierten Solaranlagen speisen schon heute viel Ökostrom in das Netz der Stadtwerke ein. Der Anteil wird mit der Bürgersolaranlage deutlich steigen. Da braucht niemand mehr sogenannten Ökostrom aus dem Ausland einzukaufen, denn ökologischer als lokal erzeugte Energie geht es kaum.
FDP: Sorge: Anschluss an grüne Wiese
Die Atomtechnologie galt bis zum Frühjahr 2011 auch für die FDP als „Übergangsenergiepender.“ Auch für die Anhänger dieser Einschätzung hat sich mit der Atomkatastrophe in Japan die Welt verändert. In Bad Bramstedt haben wir vor mehr als zehn Jahren mit der Gründung unserer Stadtwerke auf eine Regionalisierung nicht nur der Verteilung von Strom, sondern auch mit dessen Erzeugung gesetzt. Dies kommt uns jetzt zugute, denn mit den vorhandenen Blockheizkraftstationen erzeugen wir nicht nur Strom, sondern auch Wärme. Mit der Gründung der Bürgersolargesellschaft bei uns kommt nun auch dieses Element als eine der Quellen für unseren Strom hinzu. Die Stadtwerke haben sich mit ihren Möglichkeiten in diese Gesellschaft eingebracht. Das Segment Windkraftanlagen kommt wegen der besonderen geographischen Lage unserer Stadt unmittelbar als Energielieferant für uns nur über die Beteiligung an vorhandenen Windenergiebetreibern in Frage. Von dieser Möglichkeit soll bald Gebrauch gemacht werden. Inzwischen liegt auch der Antrag auf dem Tisch, die neuen Gewerbegebiete an unser System der Fernheizung mit der ökologisch vorteilhaften Erzeugung von Strom und Wärme anzuschließen. Dabei ist allen Akteuren klar, dass dies einer genauen Prüfung bedarf, weil die Kostenseite des Verfahrens im Moment uns Sorgen bereitet. Die Bezieher von Fernwärme in der Stadt können davon ein Lied singen.
Bündnis 90/Die Grünen: Investition in Minikraftwerke
Die Stadtwerke bilden wie andere dezentrale Energieversorger ein entscheidendes Element für die Energiewende, die ja bereits in vollem Gange ist. Das beginnt bei der Unterstützung und Beratung von Bürgern, die sich für die Installation von Fotovoltaikanlagen auf ihrem Haus entscheiden. Alle unnötigen bürokratischen und technischen Hürden seitens der Stadtwerke sollten beseitigt werden.
Nach unseren Vorstellungen werden die Stadtwerke in Zukunft überall dort, wo es technisch und wirtschaftlich vernünftig ist, in kleinere, dezentrale Blockheizkraftwerke investieren. In Frage kommen dafür Hochhäuser, Wohnblocks usw. Hier sind die Wege kurz und bei einer ohnehin fälligen Erneuerung der Heizungsanlage rechnen sich Blockheizkraftwerke für alle Beteiligten. Obendrein wird auf diesem Wege Strom erzeugt. Gegenwärtig gibt es im Raum Bad Bramstedt keine für die Windkraft geeigneten Flächen. Bei einer erneuten Anfrage wäre aus unserer Sicht aber zu prüfen, ob es entlang der Autobahn möglich ist, Windkraftanlagen zu errichten.
Schließlich kommt den Stadtwerken eine tragende Rolle bei der Einführung des „intelligenten Netzes“ zu, das die Steuerung der Nachfrage der Stromkunden gemäß dem jeweiligen Angebot des Netzes ermöglicht. Also: Wenn die Sonne scheint und der Wind weht, dann gibt es ein großes Stromangebot. Hierauf wird der Kunde hingewiesen.