Bad Segeberg (em) Ein 16-Jähriger gerät in eine Schlägerei und muss sich vor Gericht verantworten. Doch statt einer Haftstrafe erhält er eine strenge Erziehungsmaßnahme. Warum? Die Antwort liegt im Jugendstrafrecht. In Deutschland gelten für Jugendliche und Erwachsene unterschiedliche Strafrechtssysteme. Doch wann greift das Jugendstrafrecht und worin unterscheidet es sich vom Erwachsenenstrafrecht? In diesem Beitrag erfahren Sie die wichtigsten Unterschiede und was dies für die Verteidigung in einem Strafverfahren bedeutet.
1. Anwendungsbereich: Wann gilt Jugendstrafrecht?
Das Jugendstrafrecht greift bei Personen, die zum Zeitpunkt der Tat zwischen 14 und 17 Jahren alt sind. In manchen Fällen, wenn der Täter zwischen 18 und 20 Jahren alt ist, kann das Jugendstrafrecht ebenfalls angewendet werden, wenn das Gericht der Ansicht ist, dass der Täter in seiner Entwicklung noch einem Jugendlichen ähnelt. Ab dem 21. Lebensjahr greift grundsätzlich das Erwachsenenstrafrecht.
2. Zielsetzung: Erziehung statt Strafe
Der wohl größte Unterschied liegt in der Zielsetzung. Während das Erwachsenenstrafrecht hauptsächlich auf Sanktionen und Strafe ausgerichtet ist, steht im Jugendstrafrecht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Jugendliche sollen nicht nur für ihre Taten bestraft werden, sondern vor allem lernen, ein verantwortungsbewusstes und straffreies Leben zu führen. Dementsprechend sind die Sanktionen eher darauf ausgerichtet, den Jugendlichen zu unterstützen und ihm die Folgen seines Verhaltens aufzuzeigen.
3. Sanktionen: Erziehungsmaßregeln statt Freiheitsstrafen
Im Jugendstrafrecht gibt es statt Freiheitsstrafen vor allem Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und in schweren Fällen Jugendstrafen. Hier einige Beispiele:
- Erziehungsmaßregeln: Dazu gehören Weisungen, wie der Besuch von Anti-Gewalt-Trainings, das Absolvieren von Sozialstunden oder die Teilnahme an Beratungsgesprächen.
- Zuchtmittel: In dieser Kategorie finden sich mildere Sanktionen wie Verwarnungen, Auflagen (z.B. Schadenswiedergutmachung) oder Jugendarrest (eine kurzfristige Freiheitsentziehung).
- Jugendstrafe: Diese wird nur bei schwerwiegenden Straftaten verhängt und ist die einzige Form der Haft im Jugendstrafrecht. Im Gegensatz zu Erwachsenenhaft soll diese jedoch erzieherisch wirken und kann in einer Jugendstrafanstalt verbüßt werden.
Im Erwachsenenstrafrecht hingegen stehen Geldstrafen, Bewährungsstrafen oder Freiheitsstrafen im Vordergrund. Diese Sanktionen zielen primär auf die Bestrafung und Abschreckung ab.
4. Verfahren: Jugendgerichte und spezifische Verfahrensregeln
Das Strafverfahren im Jugendstrafrecht unterscheidet sich ebenfalls stark vom Erwachsenenstrafverfahren. Jugendgerichte sind speziell auf den Umgang mit jungen Straftätern ausgerichtet. Zudem gibt es besondere Verfahrensregeln, wie etwa:
- Jugendgerichtshilfe: Sie begleitet das Verfahren und erstellt Berichte über den familiären Hintergrund und die persönliche Entwicklung des Jugendlichen. Diese Informationen helfen dem Gericht, eine passende Entscheidung zu treffen.
- Öffentlichkeit ausgeschlossen: Jugendstrafverfahren finden in der Regel ohne die Öffentlichkeit statt, um den Jugendlichen zu schützen und ihm eine zweite Chance zu ermöglichen.
Im Erwachsenenstrafrecht sind solche speziellen Verfahren nicht vorgesehen. Hier steht das Prinzip der öffentlichen Verhandlung im Vordergrund.
5. Resozialisierung im Vordergrund
Ein weiterer wichtiger Unterschied ist der starke Fokus auf die Resozialisierung im Jugendstrafrecht. Das Gericht legt großen Wert darauf, dass der Jugendliche nach seiner Tat wieder in die Gesellschaft integriert wird. Dazu können Erziehungsmaßnahmen wie Sozialstunden, Anti-Gewalt-Trainings oder betreute Wohnformen beitragen. Im Erwachsenenstrafrecht liegt der Fokus weniger stark auf Resozialisierung, sondern mehr auf der Verantwortung für das eigene Handeln.
6. Strafen bei Wiederholungstätern
Während Wiederholungstaten bei Erwachsenen häufig zu verschärften Strafen führen, bleibt das Jugendstrafrecht auch bei wiederholten Verstößen auf Erziehung ausgerichtet. Es wird versucht, individuelle Maßnahmen zu finden, die dem Jugendlichen helfen, sein Verhalten zu ändern.
Fazit: Erziehungsmaßnahmen statt Strafen
Das Jugendstrafrecht und das Erwachsenenstrafrecht haben unterschiedliche Ansätze.
Während das Jugendstrafrecht auf Erziehung und Resozialisierung setzt, liegt im Erwachsenenstrafrecht der Fokus auf Bestrafung und Abschreckung. Für Jugendliche und Heranwachsende können die Unterschiede im Strafmaß erheblich sein, weshalb eine spezialisierte Verteidigung im Jugendstrafrecht besonders wichtig ist. Wenn Sie oder ein Angehöriger mit Vorwürfen im Jugendstrafrecht konfrontiert sind, ist es entscheidend, einen erfahrenen Strafverteidiger zu konsultieren, der sich mit den besonderen Anforderungen dieses Rechtsgebiets auskennt.
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