Kreis Segeberg/Kopenhagen (em) Der Kreis Segeberg hat sich auf den Weg gemacht, ein fahrradfreundlicher Kreis zu werden: Seit einem Jahr gibt es einen ehrenamtlichen Radverkehrsbeauftragten und einen Radverkehrsbeirat. Der Kreis ist zudem Gründungsmitglied der RAD.SH, einem Zusammenschluss von Kreisen und Kommunen in Schleswig- Holstein, die sich die Förderung des Radverkehrs auf die Fahnen geschrieben haben.
In seiner Juni-Sitzung hat der Kreistag beschlossen, jährlich drei Millionen Euro für den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen (zwei Millionen Euro für die Gemeinden und eine Million Euro für Radwege an Kreisstraßen). Eine Machbarkeitsstudie für einen Radschnellweg von Hamburg über Norderstedt Richtung Kaltenkirchen und Bad Bramstedt ist beauftragt und das Radverkehrskonzept des Kreises befindet sich in der Überarbeitung.
Vor Kurzem machte sich nun eine Delegation aus dem Kreis Segeberg, bestehend aus Kreistagsabgeordneten, Mitgliedern des Radverkehrsbeirats und des Ausschusses für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz sowie Mitarbeitern der Kreisverwaltung, für zwei Tage nach Kopenhagen und Umgebung auf, um anschaulich demonstriert zu bekommen und selber zu erfahren, was eine fahrradfreundliche Stadt/Umgebung ausmacht.
Die dänische Metropole eignete sich als „Best-Practice“-Beispiel deshalb als Ziel so hervorragend, weil sie in den vergangenen Jahren ein Netz von Radschnellwegen gebaut hat und über einen Radverkehrsanteil am Gesamtverkehr von inzwischen 45 Prozent verfügt. Zum Vergleich: Der Kreis Segeberg hat einen Anteil von rund zehn Prozent. Kopenhagen gilt überdies als eine der fahrradfreundlichsten Städte der Welt und ist engagiert, ihr Wissen über Radverkehrsförderung in die Welt zu tragen. Eigens dafür wurde die „Danish Cycling Embassy“ gegründet, die Verkehrsexperten und Politiker weltweit bei der Planung unterstützt und unter anderem auch Vorträge und Radtouren anbietet.
Die „Danish Cycling Embassy“ war deshalb auch die erste Station für die Segeberger. Dort erfuhren sie, wie Kopenhagen von einer normalen Großstadt mit dominierendem Autoverkehr zur heutigen „Stadt der Radfahrer“ wurde: Dazu wurde der vorhandene Verkehrsraum neu aufgeteilt. Es entstanden breite Rad- und Gehwege auf jeder Straßenseite, die durch Kantsteine voneinander und vom Kfz-Verkehr abgesetzt wurden. Hinzu kommen eigene Radrouten, die beispielsweise durch die Grünanlagen der Hauptstadt fernab des Autoverkehrs geführt werden. Es gibt spezielle Ampelschaltungen, die eine grüne Welle für Radfahrer bei Tempo 20 ermöglichen, eine vorbildliche Wegweisung und überwiegend klare Vorfahrtregelungen für Radfahrer. „Die Stadt lädt geradezu zum Radfahren ein. Noch nie habe ich mich im Stadtverkehr so sicher gefühlt“, zeigte sich Julia Maßow, Regionalmanagerin des Kreises, begeistert.
In einem Vorort Kopenhagens machte sich die Delegation ein Bild von den „Supercykelstier“, den Radschnellwegen. Radschnellwege sind überwiegend kreuzungsfreie, direkte Radverkehrsverbindungen mit einer Breite von mindestens drei, oft aber bis zu fünf Metern, die besonders markiert sind, über eine eigene Wegweisung verfügen und ständig gepflegt und gewartet werden (Winterdienst). Die meisten Strecken sind zudem beleuchtet und in regelmäßigen Abständen gibt es kostenlose Service- Stationen. Für den Bau eines Radschnellwegs wird in Dänemark eine Kooperationsvereinbarung zwischen allen beteiligten Gemeinden geschlossen (im Großraum Kopenhagen sind es 23), ein eigenes Planungsbüro gegründet und ein staatlicher Fonds zur Finanzierung aufgelegt. Insgesamt sind 28 Radschnellwege mit einer Länge von 467 Kilometern geplant. Aktuell existieren acht Routen mit 167 Kilometern.
Alle Teilnehmer der Exkursion waren sehr beeindruckt davon, was möglich ist, wenn der politische Wille zur gleichberechtigten Neugestaltung des Verkehrsraums vorhanden ist. Die Segeberger Delegation fühlte sich in ihrem Bemühen, die Radverkehrsinfrastruktur zu verbessern, durch viele anregende Beispiele deutlich bestärkt. Allerdings ist allen auch klar, dass es dazu eines langen Atems bedarf, der eine Wahlperiode deutlich übersteigt.
Weitere Informationen zum Thema Radverkehr in Dänemark gibt es im Internet unter:
www.cycling-embassy.org
www.copenhagenize.com
www.supercykelstier.dk
Foto: Die Teilnehmer der Kopenhagen-Exkursion an der Bryggebroen am Südhafen von Kopenhagen (von links): Joachim Brunkhorst (Radverkehrsbeauftragter), Katharina Loedige (Kreistagsabgeordnete), Wolfgang Schnabel (Fraktionsvorsitzender FDP Kreistagsfraktion), Hans-Jürgen Sass-Olker (Kreistagsabgeordneter), Peter Stoltenberg (bürgerliches Mitglied), Arne Hansen (Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz), Heiko Birnbaum (Klimaschutzmanager), Rüdeger Cuwie (Radverkehrsbeirat), Ludwig Reese (Radverkehrsbeirat), Sven Brauer (Kreistagsabgeordneter), Julia Maßow (Regionalmanagerin), Urte Brauer, Reinhold Nawratil (Kreistagsabgeordneter), Rebecca Hall (Anthropologin aus Chicago, die die Exkursion für ihre Dissertation begleitete).
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