Bad Segeberg (em) Ist der Kreis Segeberg für die wirtschaftliche Herausforderung der Zukunft gewappnet? Sind wir im Kopf eigentlich schon reif für E-Mobilität? Wie werden kleine Unternehmen vom Land bei der Digitalisierung unterstützt? Wie kann der Stationäre Handel mitgenommen werden, um nicht von großen Online Versandhäusern zurückgelassen zu werden? Wie kann das Image der dualen Ausbildung verbessert und mit dem des akademischen Studiums gleichgesetzt werden?
Diese und viele andere Fragen hatten die Verbandsvertreter aus dem Kreis Segeberg an die vier Landtagsabgeordneten Eka von Kalben (Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN Landtagsfraktion), Stefan Weber (SPD), Ole Plambeck (CDU) und Dennys Bornhöft (FDP).
Über 90 Gäste hörten am 15. Februar gespannt der Podiumsdiskussion im Bürgersaal der Stadt Bad Segeberg zu, zu der die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft des Kreises Segeberg zusammen mit den Lübecker Nachrichten eingeladen hatte.
Maike Moser, Geschäftsführerin der WKS und Holger Schwartz, Redaktionsleiter der LN-Lokalredaktion Bad Segeberg eröffneten die Veranstaltung mit einer kurzen Begrüßung und Vorstellung der Teilnehmer der Podiumsdiskussion.
In seinem anschließenden Grußwort betonte Winfried Zylka, Kreispräsident des Kreises Segeberg, dass es den Deutschen insgesamt sehr gut gehe und ermahnte, dass nicht nur die Bundespolitik (in der es zugegebenermaßen im Moment zu wenig politisch voranginge), sondern auch die Kreis- und Kommunalpolitik sehr wichtig seien.
Zur Einstimmung in den Abend hielt Honorarkonsul Bernd Jorkisch (Vorstandsvorsitzender vom HanseBelt e.V.) einen Impulsvortrag über den Hansebelt als zukunftsweisendes Positivbeispiel und Sabrina Guder (Klimaschutzmanagerin des Kreises Segeberg) gab einen Überblick über den aktuellen Stand der E-Mobilität im Kreis Segeberg und das aktuelle Förderprogramm des Kreises.
Im Anschluss berichteten und diskutierten die Landtagsabgeordneten ausführlich über den aktuellen Stand und wichtige Ziele in den Themen Fachkräftesicherung, Digitalisierung und (E-)Mobilität.
Dass diese Art des umweltschonenden Fahrens sich noch nicht weit in der Bevölkerung ausgebreitet hat, zeigt sich auch bei den vier Abgeordneten: Eka von Kalben ist die Einzige unter ihnen, die zurzeit privat ein teilelektrisch betriebenes Fahrzeug fährt. Die Kosten eines E-Autos seien einfach noch zu hoch und die Infrastruktur noch nicht genügend ausgebaut.
Stefan Weber gab das Wahlstedter Pilotprojekt als hoffnungsvollen Schritt in die richtige Richtung an, in dem bereits in diesem Jahr autonom fahrende Elektro-Busse durch die Stadt fahren sollen. Weber gab jedoch auch zu, dass auch der Verkehr im ländlichen Raum nicht vergessen werden dürfe, und erhofft sich leichteren Anschluss durch autonomen Verkehr.
Denny Bornhöft mahnte davor sich allein auf E-Mobilität zu konzentrieren. Schließlich wäre vor 10 Jahren Diesel noch das Nonplusultra gewesen. Niemand könne garantieren, “dass in 10 Jahren die E-Mobilität nicht in Ungnade gefallen ist“, gab der FDP-Politiker zu denken. Zukunftsweisender sei es sich eine klimaneutrale Mobilität zum Ziel zu machen, unabhängig davon, wie man dies am besten erreichen könnte.
Ole Plambeck wies darauf hin, dass besonders in Schleswig-Holstein mehr Strom durch Windenergie erzeugt werde, als hier verbraucht werden könne. Dies müsse man als große Chance für das Bundesland sehen, schließlich könne dieser Überschuss der Wasserstoffherstellung dienen. Auch er gab zu bedenken, dass man sich nicht nur auf Elektroautos konzentrieren sollte und sieht besonders für Nutzfahrzeuge einen größeren Vorteil in Wasserstoffmotoren.
Zum Thema Digitalisierung waren sich die Abgeordneten einig, hier gibt es noch viel zu tun.
Bornhöft fand es „interessant, dass im Industrieland Deutschland noch deutlich mehr Schüler mit Latein von der Schule gehen als mit Programmieren.“ Und Eka von Kalben bemängelte, dass was in Unternehmen und in der Politik zum Thema Digitalisierung diskutiert würde, immer zu spät käme und Verwaltung insgesamt schon seit Jahren digital sein müsste. Die Digitalisierung böte viele Chancen, die Politik müsse den schnellen Entwicklungen allerdings besser folgen.
Die Frage von Marlis Stagat, Vorsitzende des Unternehmervereins Wir für Segeberg: „Wie nehmen Sie den stationären Handel mit?“, brachte alle vier Politiker ins Grübeln.
Ole Plambeck gab zu, dass es keine Patentlösung gäbe, wie man kleine stationäre Unternehmen am besten gegen die großen Online-Händler unterstützen könnte. Hier seien allerdings alle gefordert: die Unternehmen, die Politik und die Kunden. Denn den Vorteilen die Ware vor Ort anfassen zu können und sich persönlich beraten zu lassen, steht die Bequemlichkeit gegenüber - hier helfe nur ein Umdenken.
Weber gab zudem zu denken, dass das Einkaufen vor Ort attraktiver gemacht werden müsse. Hier seien nicht nur die Unternehmen gefragt sondern auch die Kommunen. Wenn nicht genügend bestenfalls kostenlose Parkplätze vorhanden wären, würden auch die attraktivsten Geschäfte nichts nützen.
Der Fachkräftemangel sei eine Herausforderung, die man in allen Branchen fühle, entweder schon als akutes Problem oder „man weiß, dass es kommt.“ So fasste Eka von Kalben das Thema treffend zusammen und fügte hinzu, dass man sich in Deutschland zu sehr auf Abschlüsse fixiert habe, was es Quereinsteigern schwer machen würde. Schwierig wäre es, so gab von Kalben zu, neue Stellen zu schaffen, wenn die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung nicht stimmen würden. Zudem forderte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, dass niemand, der eine Ausbildung machen wolle, zuzahlen dürfe; dies sei ein großes Problem, das zum Beispiel unter anderem zu einem großen Mangel an Pflegepersonal geführt hat.
Weber fügte hinzu, dass es entscheidend sei Familien besser zu helfen. Er forderte Kinderbetreuung zu verbessern und beitragsfreie Kitas zu schaffen. Er bemängelte, dass es im Moment oft günstiger wäre, wenn einer der Ehepartner für die Kinderbetreuung zu Hause bliebe, als eine teure Kita zu bezahlen.
Auf die Frage von Carsten Bruhn, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Mittelholstein, was getan werden könnte, um das Image der dualen Ausbildung dem des akademischen Studiums gleichzusetzten, äußerte von Kalben Zweifel, ob dies überhaupt möglich sei. Die duale Ausbildung nehme zwar an Bedeutung zu, doch ob das Image in der Bevölkerung jemals einem akademischen Studium gleichkommen könnte, sei fraglich. Zudem betonte die Grünen-Abgeordnete, dass dieser Imagewandel nicht allein von der Politik getragen werden könne.
Ole Plambeck versprach jedoch, dass man auch im Landtag weiter für die Perspektiven und Vorteiler einer dualen Ausbildung werben würde und mit der Meistergründungsprämie bemüht wäre mehr Anreize zu schaffen, um sich selbständig zu machen.
Die allgemeine Botschaft des Abends war jedoch sicher, dass man niemanden vergessen sollte. Ob in Fachkräftesicherung, Digitalisierung oder Mobilität - man müsse sich bemühen niemanden zurückzulassen. Dies betonte nicht nur der Kreispräsident, sondern auch alle vier Landtagsabgeordneten. Eka von Kalben bat außerdem um Geduld mit der Landesregierung: man könne nicht alle Probleme auf einmal Lösen.
Foto: Dennys Bornhöft (l.) und Ole Plambeck