Nahe (em) Tschüss Onkel Jürgen. Jürgen Drews war häufig Gast in „Vossis“ Musikdampferprogramm, dem erfolgreichsten Touristik-Unterhaltungsprogramm der 80er und 90er Jahre. Uwe Voss, Pressekoordinator der CDU damals als "Vossi" sehr erfolgreich, erinnert sich zum Bühnenfinale von Jürgen Drews an seinen Kollegen:
Loide, Loide, Loide, - Vossi mein Alter“ ruft er in sein Handy als ich ihn im Auto erwische. Später hat mir Jürgen Drews erzählt, warum er sich so gut an meinen Spruch erinnern kann. Jürgen war Stargast in meinem Musikdampferprogramm auf der „Nils Holgersson“ gewesen. Er hatte mit Ramona eine der Kabinen direkt unter der Bar. „Ich kämpfe da mit Ramona um ein neues Leben und höre dauernd Deinen blöden Schnack - Loide, Loide, Loide, Alter. Wäre es ein Junge geworden, hätten wir ihn Nils (nach Nils Holgersson) genannt.“ Es wurde eine Tochter und sie heißt Jolina. Natürlich weiß ich auch nicht, wie genau Onkel Jürgen nachgerechnet hat.
Auch ich erinnere mich gut an diese Musikdampfer-Party. Mein Stargast hatte es am Anfang nicht leicht mit einem angetrunkenen Männerclub, der von vornherein sein Programm stören wollte. Typisches Drews-Publikum: Damen, die ihn in der ersten Reihe anhimmeln und junge Männer, die aus sicherer Entfernung ihre Sprüche klopfen. Drews hat in solchen Sachen Routine und die Jungs schnell im Griff. Am Schluss haben sie mit den anderen “Zugabe“ gerufen.
Seine (damals noch nicht) Frau Ramona steht während des Auftritts an der Bar, immer ihren Jürgen im Blickfeld. Als ich merke, dass ein paar Herren eines Kegelclubs etwas aufdringlich werden, stellte ich mich mit zwei Technikern bei ihr hin und fordere die Gäste auf, ihre zotigen Sprüche zu unterlassen. Endlich sind die ruhig, da höre ich den Schlagersänger durch das Mikrophon rufen: Ramona - beweg Deinen A.. hier rüber.“ Der Kegelclub lacht und ich bestelle mir erst mal einen Wodka. Jürgen war mit dem Programm zuende und Ramona sollte ihm seine neuen CDs zum Verkaufen auf die Bühne bringen.
Jürgen kann man das nicht übelnehmen, wenn man ihn kennt. Er ist so, und wie er es sagt, ist es auch nicht verletzend. Als ich mit meinem Programm-Finale beginnen will, muss ich Jürgen Drews von der Bar holen, wo er Autogramme schreibt. Fast alle Gäste drängeln sich um ihn herum und ich hätte kein Publikum an der Bühne gehabt. Jürgen kommt sofort und setzt sich vor die Bühne. Er ist eben auch Kumpel.
Bei einem Auftritt auf der „Peter Pan“, dem Schwesterschiff der Nils Holgersson habe ich im Animationsprogramm Gäste in Ringelbadeanzügen mit Trompeten und Pauken als Überraschungsband morgens auf die Bühne geschickt. Es war ein Heidenlärm, ein Riesenspass und grosses Chaos. Auch dieses mal als Jürgen Drews mitten zwischen den Gästen mit der Riesenpauke aufmarschiert. Er ist nur ein bisschen heftig und das Trommelfell geht kaputt. Wir lachen heute noch darüber wenn wir uns sehen.
Das erste Mal traf ich auf Jürgen Drews in der Zeit seines Hits „Ein Bett im Kornfeld“. Er war mein zweiter Stargast überhaupt, den ich ansagen durfte. Ich war Discjockey im “Fürstenhof“ in Hamburg-Barmbek und wir hatten gerade eine Serie Stargastspiele angefangen. Vor Drews war Marianne Rosenberg in der Plüsch-Disco aufgetreten. Sie war mein allererster Stargast. Sie hatte mir eingeschärft „Nicht mehr als zwei Zugaben“. Nun also Drews, der noch allein seine komplette Gesangsanlage mit sich herumschleppte. Etwas von diesem Stil hat er sich erhalten. Er kommt immer ohne Roadie (Geiz oder Misstrauen) und sein Programm ist fest auf einer MD oder CD inklusiv Pausen als Halbplayback installiert. Devise für den Tontechniker: „Finger weg oder ich hack sie Dir ab.“
Nach zwei Zugaben sagte ich ihn im Fürstenhof ab, wie ich es von Marianne Rosenberg kannte. Das gab Ärger und ich hatte meine erste Lektion im Umgang mit Stars erhalten. Sie sind alle sehr verschieden. Heute lasse ich ihn singen bis er allein von der Bühne geht und gucke nochmal ob er nicht doch zurückkommt. Allerdings geht Drews erst, wenn auch wirklich kein Gast mehr eine CD kaufen will. Er ist da gnadenlos. Böse Zungen behaupten, er kaufe die Tonträger vorher in den Plattenläden und nicht bei seiner Plattenfirma, wo er sie sicherlich viel billiger bekäme. Es soll sein Beitrag sein sein, seine Titel die Verkaufshitparaden zu hieven. Aber das ist nur ein Gerücht. Außerdem wäre es nicht neu und würde nur eine alte Tradition fortsetzen. Zu Dieter Thomas Hecks Zeiten vor „Ted“ haben fast alle Schlagersänger über ihre Fan Clubs mit Postkarten „en Masse“ die Hitparaden getürkt.
Ein anderes Mal, kurz nach der Wende, hatte ich den Schlagerstar für ein Programm zum Hafenfest in Stralsund engagiert. Ich war ein bisschen genervt von dem Stress der vorangegangenen Tage. Jürgen war im Nachmittagsprogramm dran. Vor der Bühne: Fa- milien mit Kindern. Als drittes Lied singt er „Anita zieh die Strapse an“. Ich sterbe fast vor Peinlichkeit und gehe mit meiner Frau Anne auf der Mohle spazieren. Aber die Anlage ist groß dimensioniert und wir können ihm nicht entkommen. Als Jürgen beim Auftritt seine CDs verkauft, singt er zum Playback einer seiner Hits „Onkel Jürgen hat kein Wechselgeld.“ Damals dachte ich noch, eine Steigerung sei nicht mehr möglich. Der etwas schwierige Veranstalter hat das alles zum Glück nicht mitbekommen. Auch nicht den Trick des Schlagerstars zu versuchen von zwei Veranstaltern pro Tag je eine Hotelzimmerpauschale zu kassieren( Dieses System hat er heute perfektioniert). Als meine Frau Anne, ein italienischer Manager und ich zum Essen vorausgingen, habe ich ihm ein falsches Lokal genannt. Die Rache des kleinen Mannes.
In meinem Wahlheimatdorf Nahe holte ich ihn zu einem Zeltfest. Jürgen war nachmittags beim „Tag des deutschen Schlagers“ in Bad Segeberg aufgetreten und hatte deshalb und unserer alten Freundschaft wegen Sonderkonditionen mit mir vereinbart. So komme ich mit nur 10-Mark Eintritt zurecht, wenn das Zelt voll wird.
Gegen 21 Uhr kommt mein Künstler: „Alter, ich muss gleich auftreten. Ich habe noch einen anderen Termin,“ so Jürgen. Im Festzeit sind zu diesem Zeitpunkt gerade mal hundert Leute. Als ich Jürgen erkläre, dass die Presse erst gegen 23 Uhr kommt, ist er dann auch mit einem späteren Auftritt einverstanden. Bis dahin essen wir Fischbrötchen und erzählen uns die alten Backstage-Geschichten über Wolfgang Petry, Costa Cordalis, all die anderen und ganz viel über Jürgen Drews. Das Zelt war dann voll, die Gäste aller Altersklassen gut drauf bis enthusiastisch. Der Auftritt dauerte wieder etwas lange, auch wegen des CD-Verkaufs und weil ich mich immer noch nicht traute, ihn abzusagen.
Der Handy-Freak Drews (er lief schon damit herum als sie noch so groß und so schwer wie zwei Mauersteine waren) ist ein Schlager-Kultstar und gleichzeitig für viele Kollegen ein echter Kumpel. Bei Live-Auftritten „ackert er wirklich und will auch den letzten Gast überzeugen. Es macht mir Spaß, den „König von Mallorca“ zu treffen. Immer eine fröhliche Angelegenheit. Dabei habe ich ihn nie Alkohol trinken sehen. Er wirkt immer so, als wäre ihm nichts peinlich und als täte er für Publicity alles. Der norddeutsche Schlagersänger hat erkannt, dass er nur eine Ware zu verkaufen hat, sich selbst. Das tut er fast ohne Kompromisse.
Seine Fernsehsendung „Strip“ ist kein Glanzpunkt in der Kulturlandschaft. Er tritt in einer Fernsehsendung als Moderator auf wie als Sänger im Festzelt oder im „Oberbayern“ auf Mallorca. Das funktioniert nicht. In den Wohnzimmern zuhause fehlt die Partyatmosphäre. Dennoch, die Sendung hat ihm einen erneuten Gagenauftrieb beschert. Gönnen wir es ihm. Es ist ihm sicherlich nicht immer gut gegangen seit seinem Karriere-Beginn bei den Les Humphrey Singers. Ich glaube einfach, er will nie wieder arm sein.