Bad Segeberg (em) Einen Blick ins Leben wollten die FDP-Politiker Stephan Holowaty und Rosemarie Jahn wagen, einmal fernab des täglichen Geschäfts ohne Zeitzwang mit Handwerkern plaudern. Der 57-jährige Holowaty ist Diplomkaufmann und seit 2017 im Kieler Landtag. Als selbstständiger IT-Berater legt er seine Schwerpunkte auf die Digitalisierung, aber auch Europa, Verbraucherschutz und kommunale Themen. Ein liberales Urgestein im Kreis Segeberg ist Rosemarie (Rosi) Jahn. Sie vertritt liberale Interessen seit 1991, also fast 30 Jahre schon im Kreistag und ist dort auch Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit, Ordnung und Verkehr.

Auf Einladung der Kreishandwerkerschaft besuchten sie zusammen mit Kreishandwerksmeister Michael Kahl und Geschäftsführer Carsten Bruhn Betriebe im Kreis. Doch vorher noch nutzte Bruhn die Möglichkeit, ein Anliegen der Handwerker an die Politik loszuwerden. Die Förderung der überbetrieblichen Ausbildung nämlich läuft im nächsten Jahr aus und es ist derzeit ungewiss, ob es eine Verlängerung für den nächsten 7-Jahreszeitraum geben wird. „Damit rennen sie bei mir offene Türen ein“, lächelte Holowaty, „Das ist auch eins meiner Herzthemen. Wir dürfen diese jungen Menschen auf keinen Fall verlieren. Die Förderung müsse auf jeden Fall erhalten bleiben.“

Nach dem Vorgespräch freuten sich Stephan Holowaty und Rosi Jahn auf ein spannendes Programm. Beim Autohaus Thomas Thies in Stuvenborn hieß das Thema zunächst: „E-Mobilität, was bedeutet das für eine kleine Werkstatt auf dem Lande?“ Thomas Thies hatte seinen Betrieb 1985 mit 2 Mitarbeitern begonnen, 1990 von 400 auf 900 Quadratmeter Werkstatt- und Verkaufsfläche erweitert und beschäftigt derzeit 23 Mitarbeiter. Thies freut sich ganz besonders über das persönliche Verhältnis auf dem Land: „Hier bekommen wir alles auf dem kleinen Dienstweg geregelt.“

Um bei der E-Mobilität mithalten zu können, hat er 2 Mitarbeiter zum „Hochvolttechnik-Lehrgang“ geschickt. Auch in der Werkstatt hat er in spezielle Werkzeugsätze für E-Fahrzeuge und Hebebühnen investiert. Zudem hat er sich einen E-Golf angeschafft, um eigene Erfahrungen an die Kunden weitergeben zu können. Chancen sieht er für kleine E-Mobile als Zweitfahrzeug, zum Einkaufen und für kurze Arbeitswege.

Interessant wäre auch die Idee der „Dörpsmobile“, die allen Dorfbewohnern leihweise zur Verfügung ständen. Wenn diese von Photovoltaik-Anlagen geladen würden, wären sie ja völlig CO2-Neutral. Ob er einen besonderen Wunsch an die Politik habe, wollte Stephan Holowaty wissen und Thomas Thies musste nicht lange nachdenken: „Die Bürokratie! Allein für fünf unterschiedliche Statistiken müssen wir Zahlen liefern, der Zeitaufwand erschlägt uns schon langsam!“

Anschließend ging es weiter zu Maurermeister Thomas Henning, der in Oersdorf mit 5 handwerklichen Mitarbeitern und einer Bürokraft seinen Betrieb hat. Auch für ihn ist es nicht einfach, guten Nachwuchs zu finden. Zur Zeit beschäftigt er zwei Azubis und hofft diese bis zum Gesellen durchzubringen. Sein größtes Problem aber ist die fehlende Digitalisierung, denn Glasfaser gäbe es hier noch nicht. „14 Tage hatten wir kein Telefon, das geht für einen Betrieb überhaupt nicht“, klagte er. Holowaty pflichtete ihm bei: „In Schleswig-Holstein sind wir zwar mit 40% gut davor, denn einige Bundesländer sind erst bei 5 bis 7%, aber insgesamt ist Deutschland ganz weit hinten.“ Thomas Henning klagte auch darüber, dass er für die Ausschreibung, einen Klassenraum zu renovieren, 50 Seiten aus dem Internet herunterladen und dann ausfüllen müsse. Auch bekomme er manche Ausschreibungen gar nicht mit. Dann treffe er auf der Baustelle Kollegen, die jeden Tag ein paar hundert Kilometer zur Arbeit fahren. „Was für eine Verschwendung von Kraftstoff und CO2“, bedauert er.

Stephan Holowaty hatte sich mehr von der Vereinfachung des „Tariftreuevergabegesetzes“ erwartet, scheinbar waren noch nicht alle Regeln auf der Ausführungsebene angekommen. „Da werde ich mich gleich mal drum kümmern“, versprach er. Dass er sich erfolgreich kümmern kann, bewies gleich darauf eine Mitteilung aus dem Büro von Wirtschaftsminister Bernd Buchholz, die er eingeholt hatte: Die Förderung der überbetrieblichen Ausbildung stehe dort ganz oben auf der Prioritätenliste und würde landesweit noch steigen. Und so hatte die Tour mit der Kreishandwerkerschaft nicht nur langfristig, sondern auch sehr Konkret den ersten Erfolg zu verzeichnen.
Foto: Kreishandwerkerschaft