Neumünster (em) „Als Berichterstatterin der SPD-Fraktion im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages für die „Traditionsschifffahrt“ hat Birgit Malecha-Nissen gemeinsam mit den SPD-Ostseepolitikern Frank Junge und Franz Thönnes sowie weiteren SPD-Bundestagsabgeordneten die Bundesregierung kritisch zum Entwurf einer neuen Sicherheitsverordnung für Traditionsschiffe befragt.
Die Parlamentarier haben die Fragestunde im Deutschen Bundestag genutzt, da immer noch Klärungsbedarf bei kritischen Punkten besteht und sie, wie die betroffenen Verbände, vor dem Hintergrund der verschärften neuen Regelungen, weiterhin den zukünftigen Bestand der Traditionsschiffe und damit auch einen Teil des maritimen kulturellen Erbes gefährdet sehen.
Eine Neufassung der Sicherheitsverordnung durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) für Traditionsschiffe halten auch wir, wie die Traditionssegler selbst, für erforderlich. Sie muss jedoch so gestaltet sein, dass sie einerseits Sicherheit wirklich verbessert und nicht mit überzogenen Vorschriften den künftigen überwiegend im Ehrenamt erfolgenden Betrieb der Traditionsschiffe im Bestand gefährdet. Doch auch der inzwischen überarbeitete Entwurf für die sogenannte „Verordnung zur Änderung der schiffssicherheitsrechtlichen Vorschriften über Bau und Ausrüstung von Traditionsschiffen“ enthält immer noch eine Vielzahl von Punkten, die genau dem widersprechen und damit ein wichtiges Element des maritimen, kulturellen Erbes in unseren Küstenregionen aufs Spiel setzten.
Genau deshalb unterstützen wir die betroffenen Verbände auch in ihrer Forderung an das BMVI in einem gemeinsamen Fachdialog die wirklich notwendigen neuen Sicherheitsbestimmungen zu besprechen und ebenso akzeptable Übergangsregeln zu erarbeiten. Das BMVI sollte diese Bereitschaft aktiv aufgreifen.
Enttäuschende Antworten
Die Antworten, die der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Enak Ferlemann, in der heutigen Befragung der Bundesregierung gab, waren jedoch enttäuschend. So erklärte er, dass das BMVI die Bedenken des Bundesrates und der Verbände der Traditionssegler bezüglich eines zusätzlichen erheblichen Kosten- und Verwaltungsaufwandes nicht teile. Auch wies er die Kritik zurück, dass man bei den Regelungen für die Traditionsschiffe nicht auf die allgemeine Schifffahrt abstelle, sondern sich einzig und allein auf die Sicherheit der zu befördernden Passagiere konzentriere.
Zwar werde man noch die Fragen der Verbände beantworten, doch ein neuer breiter Diskurs, wie ihn der Bundesrat und die Verbände gefordert hatten, um ein für alle Seiten zufriedenstellendes Ergebnis zu erreichen wurde kategorisch ausgeschlossen. Wenn die EU-Kommission zustimme, solle die Verordnung noch bis Sommer in Kraft treten. Nach Erkenntnissen des BMVI sei auf absehbarer Zeit auch nicht mit einer europäischen Regelung zu rechnen.
Lediglich zu Beratungsrunden über die Auslegung der neuen Verordnung sei man bereit die Verbände einzuladen. Geradezu unterstellend zweifelte er, dabei übereinzukommen, da diese ganz andere Interessen hätten. Damit wusch er deren erhebliche Bedenken, hinsichtlich des zukünftigen Betriebes ihrer Schiffe praktisch vom Tisch und erklärte, dass die Bestandschiffe sich im Wesentlichen keine Sorge machen müssten.
Nach dem jetzigen Verordnungsentwurf besteht in den nächsten Jahren der Bestandsschutz für Traditionsschiffe hinsichtlich ihrer Historizität und ihres Betreiberkonzeptes. Jedoch sehen die Verbände, wie auch wir, nach dem Auslaufen der Schiffssicherheitszeugnisse die Gefahr, dass die überwiegend ehrenamtlich geführten Traditionsschiffsvereine die durch die Verordnung notwendig werdenden Investitionen sowie die mit erheblichen Kosten verbundenen organisatorischen Aufwendungen nicht aufbringen können und den Betrieb in Zukunft einstellen werden.
Hinsichtlich der Frage nach der gleichen und transparenten Handhabung bei der Erteilung von Ausnahmen für das Schiffssicherheitszeugnis durch die Berufsgenossenschaft Verkehr wurde lediglich auf Artikel 3 des Grundgesetzes verwiesen, der die gleichartige Ausübung des Ermessens verlange.
Auch blieb der Begriff des Ausschlusses der „erwerbswirtschaftlichen Nutzung“ weiter unbestimmt. Es wurde lediglich darauf verwiesen, dass Gewinne, die erwirtschaftet werden, wieder in das Schiff zurückfließen müssen. Ob damit auch Kredite für Investitionen oder andere Betriebsaufwendungen abgedeckt sind, blieb erneut offen. Doch erwarte man nun zusätzlich von den Vereinen, dass sie hierzu eine Erklärung eines Wirtschafts- oder Steuerprüfers erbringen müssen. Ob die hierdurch entstehenden zusätzlichen Kosten auf lange Sicht gesehen die Sicherheit der Passagiere wirklich erhöhen, erscheint uns zweifelhaft. Der Nachweis der Gemeinnützigkeit sollte dagegen eigentlich reichen.
Mit dem Satz des Parlamentarischen Staatssekretärs: „Wir vergleichen nicht die Berufsschifffahrt mit der Traditionsschifffahrt.“ wurden die fachlichen Einwände der Traditionssegler, wonach das Vorhaben, berufliche Regelungen auf ehrenamtlich betriebenen Organisationen zu übertragen, in Teilen nicht umsetzbar sei, schlichtweg ignoriert.“
Schwerpunkte der Abgeordnetenfragen
Die Parlamentarier haben die Bundesregierung gefragt, wie sichergestellt werden kann, dass die durch die Verkehrsberufsgenossenschaft zu erteilenden Genehmigungen und Ausnahmen transparent, nachvollziehbar, vorhersagbar, kontinuierlich und konsistent sind. Ebenso wurde nach der weiteren Zeitplanung des BMVI, der Abstimmung mit anderen Bundesministerien, sowie dem beabsichtigten Datum des Inkrafttretens der Verordnung gefragt und ob das BMVI plant, gemeinsamen Gesprächsrunden mit Vertretern der Traditionsschifffahrt offene Fragen einvernehmlich und transparent zu klären.
Weiterhin wollten die Fragesteller wissen, welche Maßnahmen das Verkehrsministerium (BMVI) vorsieht, um bei den neuen Regelungen für Konformität zu sorgen, damit die Schiffsbetreiber Investitionssicherheit haben. Gleichfalls ging es darum, wie das BMVI die vom Bundesrat und den Verbänden geäußerten Bedenken, wonach die neuen Vorschriften zu erheblichen Kosten und bürokratischem Aufwand beitragen, der teilweise sogar den gesamten Betrieb der Traditionsschiffe gefährden könnte, bewertet.
Auch war für die Abgeordneten von Interesse, warum das BMVI Sicherheitsregeln aus der Berufsschifffahrt auf die ehrenamtlich betriebene Organisation von Traditionsschiffen lediglich auf der Basis von sehr unterschiedlichen Daten über angebliche Unfälle mit Traditionsschiffen, überträgt, statt derzeit stattfindende Arbeiten auf EU-Ebene für eine europäisch einheitliche Regelung abzuwarten.
Foto: Im Gespräch bei der letzten SPD-Küstengang-Sitzung im Dezember 2016 u.a. mit York Haase (Lovis), Jan Kellermann (SPD Berlin), Susanne Mittag, MdB, Gerhard Bialek (GSHW), Dr. Birgit Malecha-Nissen, MdB, Nikolaus Kern (GSHW), Klaus Kühl-Peters (AG Feuerschiffe Küste) (v.l.n.r.)