Neumünster (em) Als Chantal Schierbecker die Bugenhagenkirche in Neumünster zum ersten Mal betritt, fallen ihr sofort die Betonpfeiler ins Auge. „Da habe ich noch so gedacht: na ja. Aber der Charme der Kirche erschließt sich erst beim zweiten Mal und irgendwann habe ich angefangen, sie wirklich zu mögen“, erinnert sich die Diakonin.
Fünfzig Jahre wird die Bugenhagenkirche nun alt und Chantal Schierbecker steckt mitten in den Vorbereitungen für das große Kirchweihfest am Sonnabend, 31. Oktober.
Alle Gruppen und Kreise der Kirchengemeinde machen mit, jeder hat sich eine Aktion ausgedacht. Zum Bespiel versteckt das Team der Kindertagesstätte Kirchenmäuse und die Besucher machen sich auf die Suche. „Die Empore ist schön duster, die eignet sich besonders“, lacht Schierbecker. Jetzt, während der Kinderbibelwoche, spielen die Lüttn hin und wieder mit der Diakonin Verstecken in der Kirche.
Ursprünglich war Bugenhagen mal als dritte Stadtkirche gedacht, damals auch für die Bundeswehr in Neumünster. Deshalb ist sie mit mehr als 400 Plätzen vergleichsweise groß geraten. Viele Verstecke für die Kinder also - von der militärischen Vergangenheit heute keine Spur mehr.
„Ich mag die Herzlichkeit meiner Gemeinde“, antwortet Pastorin Maike Windhorn-Stolte auf die Frage, welche Beziehung sie zu ihrer Kirche hat. Das Gebäude und die Menschen darin bilden für sie eine Einheit. So wie die Architektur der Kirche mittelalterliche mit modernen Stilelementen verbindet, sieht Windhorn-Stolte auch ihre Gemeinde: „Bei uns treffen Menschen, die neu im Stadtteil sind auf, welche, die schon immer hier wohnen. Wir feiern klassischen Gottesdienst mit modernen englischen Songs der Jugendband.“
Auch beim Kirchweihfest treffen junge auf ältere Menschen, ehemalige Nachkriegsflüchtlinge auf neu Zugezogene. „In dieser Offenheit meiner Gemeinde ist vieles möglich“, freut sich die Pastorin. Bei Kaffee und Kuchen werden beim Kirchweihfest alle zusammensitzen und klönen, im neuen Gemeindesaal. „Wir mussten anbauen, weil wir einfach mehr Platz brauchen“, sagt Alf Schneede, stellvertretender Vorsitzender des Kirchengemeinderates. Die Pfadfinder, der Jugendtreff und das Amtszimmer der zweiten Pastorin Susanne Hansen sollen unter - 2 - anderem im Anbau unterkommen. Im 70 Quadratmeter großen Gemeindesaal vergewissert Schneede sich, wie die Malerarbeiten voran gehen. Schließlich wird hier in anderthalb Woche Kuchen wie vor 50 Jahren serviert: saftige Streuselkuchen oder der legendäre Kalte Hund.
Schneede wurde in der Bugenhagenkirche schon konfirmiert und bereitet mit dem Kirchengemeinderat für den Festtag ein Stadt-Land-Fluss-Spiel vor. „Das wird bestimmt eine runde Sache, wenn alle zusammenkommen, völlig ungezwungen und fröhlich“, blickt er dem Kirchweihfest entgegen.
Das beginnt mit einem Festgottesdienst zum Reformationstag um 15 Uhr. Darin wollen die Gruppen der Gemeinde aus Puzzleteilen ein riesiges Kreuz zusammenlegen, das eigens getischlert wurde und einen Ehrenplatz in der Kirche einnehmen soll. Zu den Feierlichkeiten haben sich auch der Architekt der Kirche, Friedrich W. Hain, und Pastor Heinz Wischnewski angekündigt, der seinerzeit den Bau der Kirche begleitet hat. Das anschließende Aktionsprogramm mit Sinnesparcour, Pilzbestimmung, Erzählstand für alle Erlebnisse rund um die Kirche und vielem mehr dauert bis 18.30 Uhr. Dann gibt der Chor Cantica unter Leitung von Norbert Klose ein Abschlusskonzert in der Kirche. Cantica, wie auch ein Gospelchor, probt regelmäßig in den Räumen der Kirchengemeinde.
Die Bugenhagenkirche ist am 31. Oktober 1965 nach rund drei Jahren Bauzeit von Bischof Friedrich Hübner feierlich eingeweiht worden. Sie ist unter anderem mit sogenannten Handstrichziegeln errichtet, die aus der ehemaligen Boostedter Ziegelei stammen. Vorgänger der Bugenhagenkirche ist eine Kapelle in der Böcklersiedlung, die heute als Archiv des Kirchenkreises Altholstein genutzt wird. Dieser Stadtteil Neumünsters entstand nach dem Zweiten Weltkrieg und schaffte Wohnraum für Flüchtlinge aus den früheren deutschen Ostgebieten.
Foto: Bis zum großen Kirchweihfest soll der Gemeindesaal fertig sein: Diakonin Chantal Schierbecker und Alf Schneede vom Kirchengemeinderat überzeugen sich vom Fortschritt der Malerarbeiten.