Neumünster. Über dem Großflecken in Neumünster schwebt eine Drohne. An die 50 junge Menschen halten ihr Handy nach oben und versuchen mit dessen Taschenlampe zunächst ein „J“ in den regnerischen Himmel zu zeichnen. Dave, mit Mikrofon, dirigiert die Leute von Buchstabe zu Buchstabe. Denn zum Schluss soll das Wort „Jesus“ über dem Großflecken leuchten. Dieser sogenannte Lightmob ist Teil der 5. Nacht der Kirchen in Neumünster, an der sich auch die Jugendallianz der Stadt beteiligt. Nach der Aktion auf dem Großflecken soll an diesem Freitagabend noch ein Jugendgottesdienst folgen.

Währenddessen malen in der Kreuzkirche fünf junge Leute ebenfalls mit Licht. Sie stehen hinter einer halbtransparenten Leinwand, darauf erstreckt sich das Panorama einer chinesischen Berglandschaft. Leise asiatische Flötenklänge begleiten das Schattenspiel, bei dem sich die Figuren durch die Szenerie bewegen. Das Publikum folgt gebannt der Geschichte vom Reisfeld am Berge. Die Zahl der Zuschauer vor der Leinwand hält sich an diesem verregneten Freitagabend etwas in Grenzen – und das nicht nur in der Kreuzkirche.

Zwölf Kirchen der Stadt haben ihre Türen geöffnet. „Gemeinsam leuchten“ lautet das Motto des Abends. Und so geleiten dann auch Teelichter die Besucherinnen und Besucher durch die Bankreihen zum Altarraum der Anscharkirche. Dort sitzen im Halbkreis knapp 20 Leute. Warme Harmonien vom Klavier begleiten ihren Gesang. „Wie eine Kerze leuchtet“ singen sie. Es ist eine eingängige und ruhige Melodie. „Herzensgesänge“ steht in schnörkeliger Schrift auf dem Einband des Liederheftes. Wer nach dem gemeinsamen Singen möchte, schreibt auf, was ihn im Herzen bewegt, heftet seinen Zettel vielleicht an die kleine, aufgebaute Klagemauer. Oder er steht noch mit anderen bei einem Getränk in der Hand zusammen.

Es sind nicht die Menschenmassen, die von Kirche zu Kirche spazieren. Die 5. Nacht der Kirchen hat einen eher unaufgeregten Charakter. Zum ersten Mal erlebt die neue Pröpstin in Neumünster, Simone Pottmann, dieses gemeinsame Angebot von evangelisch-lutherischen, katholischen und freikirchlichen Gemeinden.

„Ich bin beeindruckt von den vielen Haupt- und Ehrenamtlichen, die mit viel Kreativität und Liebe so vielfältige und tolle Angebote gestaltet haben. Besonders anregend finde ich die bunte Mischung des Programms. Mal ganz andächtig, mal informativ, mal fröhlich, mal ernst und besinnlich“, schildert die leitende Geistliche des Ev.-Luth. Kirchenkreis Altholstein ihre Eindrücke.

Pröpstin Pottmann möchte sich dafür stark machen, dass diese Veranstaltung auch im kommenden Jahr stattfindet – damit sich möglichst viele Menschen auf diese besondere Entdeckungsreise bei Nacht durch Neumünsters Kirchen machen können.

Foto: An der kleinen Klagemauer in der Anscharkiche konnten Besucher ihre niedergeschriebenen Gedanken hinterlassen.