Neumünster (em) Pflege Diakonie Altholstein will Dorfbewohner dabei unterstützen, in vertrauter Umgebung bleiben zu können. Geschäftsführer Heinrich Deicke fordert von der Politik eine Stärkung der Infrastruktur.
„Die Pflege wird die Herausforderung der nächsten Jahre besonders in ländlichen Regionen“, sagt Diakonie-Altholstein-Geschäftsführer Heinrich Deicke angesichts des demographischen Wandels. Er nutzt die ruhigere Sommerzeit, um unterschiedliche Arbeitsfelder der Diakonie tageweise zu besuchen. Anfang August begleitete er die Tour von Pflegefachkraft Manuela Schlicht in den Dörfern rund um Bad Bramstedt. Vier Pflegekunden versorgte Manuela Schlicht in knapp drei Stunden, und das ist schon der erste Unterschied zur ambulanten Pflege in der Stadt: „Hier lebt ein Patient in Lentföhrden und zum nächsten im Nachbarort sind mehrere Kilometer zu fahren in Neumünster oder Kiel versorgen wir teilweise mehrere Senioren in einem Wohnblock“, sagt Deicke.
Weite Wege hat aber nicht nur der Pflegedienst zurückzulegen. Ob Fachärzte, Sanitätshäuser oder Apotheken viele Anlaufstellen für Senioren sind nur noch in den Städten oder ländlichen Zentralorten zu finden. Ein echtes Problem angesichts der alternden Bevölkerung auf dem Land. In Schleswig-Holstein steigt die Zahl der Über-60-Jährigen in den nächsten 20 Jahren um 35,3 Prozent, sagt eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Im Südwesten des Bundeslandes soll der Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung auf satte 39,3 Prozent steigen. Damit erhöht sich auch die Zahl derer, die Unterstützung im Haushalt und Pflege benötigen. Um für diese gleiche Lebensbedingungen unabhängig vom Wohnort zu schaffen, sieht Heinrich Deicke die Politik in der Pflicht: „Die Leitlinie ambulant vor stationär darf sich nicht auf die Städte beschränken!“ Eine Möglichkeit zur Stärkung der Infrastruktur sieht er darin, u.a. angesichts der langen Wege analog zum diskutierten Landärztezuschlag auch für Leistungen der Krankenpflege einen Zuschlag zu gewähren. 10,23 Euro zahlen die Krankenkassen pro Hausbesuch, egal ob nur Augentropfen gegeben werden oder noch ein Verbandswechsel und eine Insulinspritze hinzukommen. Und egal, wie weit die Strecke zum Patienten ist.
Sich mit der Pflege Diakonie aus der Fläche zurückzuziehen und sich auf die wirtschaftlichere Versorgung in Ballungsräumen zu konzentrieren, ist für Deicke indiskutabel: „Unsere Wirtschaftlichkeit als Pflegedienst entscheidet sich nicht in Weddelbrook, aber unser diakonisches Profil!“ So wie die Kirche im Dorf bleibe, bleibe auch die Diakonie und versuche, das generationenübergreifende Miteinander und die nachbarschaftlichen Netzwerke zu stärken und zu stützen. Die Pflege Diakonie will auf den absehbar steigenden Bedarf an Pflegeleistungen in ländlichen Regionen mit der Gründung weiterer Stationen reagieren, und so auch Arbeitsplätze vor Ort schaffen. Denn auch auf dem Lande sind Großfamilien, die sich Tag und Nacht um die Großeltern kümmern, nicht mehr die Regel. Die jüngere Generation pendelt zum Arbeiten in die Stadt und umgekehrt werden diejenigen jetzt in Segeberg alt, die vor Jahren als Pendler wegen der günstigen Mieten herzogen, aber keine Familie vor Ort haben.
Die Qualität der ambulanten Pflege auf dem Land streicht Catarina Herold-Brommann heraus, Pflegedienstleitung der Pflege Diakonie in Bad Bramstedt: „Ich liebe die Fahrten über Land. Da gibt es keine Parkplatzsuche oder Stop an Go an den Ampeln. Die Leute auf dem Dorf sind entspannter. Und sie freuen sich, wenn wir ihnen aus erster Hand berichten können, wie es mit der Baustelle auf dem Bleeck aussieht oder wie es war, als der Laster vor der Kirche lag.“ Rund ein Drittel der 60 Pflegekunden ihrer Station lebt außerhalb Bad Bramstedts. Und das soll nach dem Willen von Catarina Herold-Brommann und Heinrich Deicke auch so bleiben: „Dort alt zu werden, wo man immer leben wollte, das ist doch das Schönste!“
Die Pflege Diakonie
Die Pflege Diakonie Altholstein hat 16 Stationen zwischen Kiel und Norderstedt. Sie ist mit ambulanter Pflege sowohl in den Städten Kiel, Neumünster, Bad Bramstedt und Kaltenkirchen vertreten, als auch auf in ländlichen Regionen um Rickling, Felde, Bordesholm und Flintbek. 645 Mitarbeitende versorgen 1.747 Kunden. Sie leisten nicht nur Pflege, sondern fahren auch mit den Pflegekunden zum Arzt, kaufen ein oder helfen in Haushalt.
Die Pflege Diakonie besteht seit 1996, sie hervorgegangen aus der Alten- und Gemeindekrankenpflege der Kirchengemeinden. Die diakonische Pflege steht in der Tradition dieser kirchlichen Arbeit und ist daher mit den Gemeinden weiter eng verbunden.