Neumünster (red) Ein paar Formalitäten seien noch abzuarbeiten, dann soll dem Beitritt Neumünsters als dann vollwertiges Mitglied der Metropolregion Hamburg im Frühjahr 2012 nichts mehr im Wege stehen.

Die Stadtverwaltung verfolgt bereits seit 2005 beharrlich das Ziel, ordentliches Mitglied in der Kooperation zu werden. Immerhin ist Neumünster seit Mitte 2010 in verschiedenen Facharbeitsgruppen über Verwaltungsmitarbeiter vertreten.

Im Frühjahr 2012 soll der letzte Vorhang fallen. Der Schritt in die Vollmitgliedschaft ist mit einem jährlichen Beitragsvolumen von rund 33.000 Euro verbunden, könnte jedoch für die Stadtentwicklung und die Wirtschaft, aber auch für alle anderen gesellschaftlichen Bereiche neue Perspektiven eröffnen. Wenn es im nächsten Jahr neben dem Beitritt Neumünsters auch zu der Aufnahme der weiteren Kandidaten die Stadt Lübeck sowie die Kreise Nordwestmecklenburg, Ludwigslust-Parchim und Ostholstein kommt, umfasst die Metropolregion Hamburg 17 Kreise und Landkreise, zwei kreisfreie Städte sowie die Stadt Hamburg. Die vier Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern sind dann ebenfalls Träger dieser Kooperation. In Zahlen hieße dies, dass die Fläche der Metropolregion Hamburg von 19.802 um 6.272 auf etwa 26.074 Quadratkilometer wächst. Die Bevölkerungszahl wächst dann von derzeit 4,3 auf 5 Millionen Bewohner. Flächenmäßig wird die Metropolregion Hamburg damit die zweitgrößte in Deutschland nach Berlin- Brandenburg.

Was denken die im Rat vertretenen Parteien zu diesem Thema? Welche Chancen hat Neumünster durch die Mitgliedschaft? Gibt es auch Risiken durch die Kooperation? Welche Anforderungen setzen die Parteien in die Personen, die Neumünster in den Gremien der Metropolregion vertreten sollen? Wir fragten nach.

SPD: Hoffnung auf mehr Gewerbe
Die Aufnahme von Neumünster in die Metropolregion Hamburg bedeutet für unsere Stadt enorme Wachstumspotenziale. Die SPD hat sich deshalb in den letzten Jahren immer wieder vehement dafür eingesetzt, die Kooperation mit Hamburg zu intensivieren. Auch deshalb haben wir uns gegen Pläne der CDU gewehrt, Neumünster mit dem Kreis Rendsburg-Eckernförde zu fusionieren. Wir haben uns immer dafür stark gemacht, dass wir uns in Richtung Süden orientieren. Der Beitritt zur Metropolregion bedeutet für beide Städte große Entwicklungsmöglichkeiten. Hamburg als wachsende Stadt, für die in den kommenden Jahren ein Zuwachs der Bevölkerung und auch bei Unternehmensansiedlungen prognostiziert wird, braucht für seine Entwicklung neue Flächen. Hier hilft Neumünster gern weiter. Mit attraktiven und erschlossenen Gewerbegrundstücken zu bezahlbaren Preisen, kann Neumünster der Metropole Hamburg einiges bieten. Für unsere Stadt kann die Kooperation wiederum wichtige Impulse für den Arbeitsmarkt und steigende Einnahmen für den städtischen Haushalt bringen. Oder anders ausgedrückt: Der Beitritt Neumünsters zur Metropolregion Hamburg bedeutet auf beiden Seiten eine „Win-Win-Situation“. Trotz dieser Chancen, die Neumünster in dieser Kooperation erhält, ist es der SPD wichtig, das Kosten-Nutzen- Verhältnis genau im Auge zu behalten. Die zunächst von der Stadtverwaltung angegebenen Kosten von 5000 Euro jährlich werden nun, nach den detaillierten Aufnahmegesprächen mit rund 33.000 Euro jährlich verbucht. Deshalb fordern wir, dass die Verwaltung einen jährlichen Bericht über die Aktivitäten innerhalb der Kooperation abgibt.

CDU: Erfolg nur mit Weitblick
Der Wirtschaftsstandort Neumünster liegt in der Mitte Schleswig-Holsteins. Die Großstädte Hamburg, Kiel und Lübeck liegen nicht allzuweit entfernt. Neumünster verfügt mit der A 7, A 1 und A 20 über sehr gute Verkehrsanbindungen. Von besonderer Bedeutung ist die Nähe zum Flughafen in Hamburg und zum Seehafen, der aus allen Nähten platzt. Diese Ausgangslage ist für die wirtschaftliche Entwicklung Neumünsters eine große Chance. Wir müssen sie nur nutzen. 2003 hat die CDU-Fraktion den Antrag eingebracht, eine weitergehende Kooperation mit der Metropolregion Hamburg zu prüfen. 2005 wurde der damalige Oberbürgermeister Hartmut Unterlehberg wiederum auf Antrag der CDU und diesmal auch der FDP beauftragt, eine Vollmitgliedschaft Neumünsters auf den Weg zu bringen. Wir sind in der Zwischenzeit eingebunden in die Arbeitsgemeinschaft Hamburg-Randkreise, die die regionalplanerischen Aktivitäten bündelt. Ebenso sind wir bei der Entwicklung eines Konzeptes entlang der A 7 mit dabei. Die Marketingorganisation „Nordgate“ entlang der A 7 von der Stadtgrenze Hamburgs bis nach Neumünster tut ein übriges, die bestehenden Synergien des boomenden Metropolbereichs zu nutzen und auf unseren Wirtschaftsstandort mit ausgewiesenen freien Gewerbe- und Industrieflächen zu lenken. Die Ratsmitglieder, die neben dem Oberbürgermeister Dr. Olaf Tauras die Stadt vertreten, sollten vor allen Dingen Parteipolitik zu Hause lassen und über genug Weitblick verfügen, um die Chancen Neumünsters zu erkennen.

Die Grünen: Land muss uns unterstützen
Für interessierte Unternehmen, die einen Standort suchen, kann dies die Kontakt-Aufnahme erleichtern oder auch ein entscheidender Faktor für eine Ansiedlung sein. Bisher wird Neumünster vom Land dem „Kern“-Raum zugeordnet. Dies mutete in der Vergangenheit eher nachteilig für unsere Stadt an. Immer wieder entstand und entsteht sogar heute noch der Eindruck, als würde Neumünster als Vorort der Landeshauptstadt wahrgenommen. Die Rolle Neumünsters als „Scharnier“ zwischen dem Großraum Hamburg im Süden einerseits und dem Norden des Landes könnte durch einen Wechsel der Planungsregion in Richtung Süden gestärkt werden. Wo Licht ist, ist auch Schatten, und jede Möglichkeit hat Chancen und Risiken. In diesem Fall würden die Risiken wohl in erster Linie durch den Wechsel entstehen. Neumünster wird es mit anderen Partnern zu tun bekommen, die ihre jeweils eigenen Interessen verfolgen. Eine Einschätzung über die Risiken ist aktuell schwer machbar. Allerdings ist die Zahl der Mitglieder und die räumliche Ausdehnung der Metropolregion um ein Vielfaches größer als vom ehemaligen „Kern“, was die gemeinsam verfolgten Ziele verwässern könnte. Nicht auszuschließen bleibt eine Art „Wagenburg- Mentalität“ der verbliebenen ehemaligen „Kern“-Mitglieder, die in-zwischen eine gemeinsame Wirtschaftsförderung betreiben. In der Metropolregion verlieren die einzelnen Mitglieder automatisch an Gewicht, wenn ihre Anzahl wächst. Eine mögliche Ausdehnung bis an die dänische Grenze könnte zu einer Überdehnung des Gedankens führen. Das Land muss die Neu-Orientierung Neumünsters unterstützen.

FDP: Einbindung des HVV erwünscht
Die Orientierung Richtung Kiel ist überholt. Der Austritt aus „KERN“ war konsequent, weil der Verbund die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllte. Hamburg als die Metropole im Norden, die mit ihrer Dynamik der Motor der wirtschaftlichen Entwicklung ist, wird für die Zukunft bestimmend sein. Eine Erweiterung wird nicht nur Neumünster erfassen, sondern andere Bereiche, die zur koordinierten Entwicklung von Wohnorten und Wirtschaftsraum der wachsenden Metropolregion zu zählen sind. Neumünster bietet mit Bahn und Straßen bereits hervorragende Verbindungen nach Hamburg, verfügt über preiswerteren Wohnraum und weitere zu entwickelnde Gewerbeflächen und braucht Impulse, um den Weggang der Bundeswehr, aber auch anderer Unternehmen auszugleichen. Die Entwicklungsachse A 7, in Zukunft noch mit dem Kreuz der A 20, die Neumünster mit Hamburg verbindet, ist darüber hinaus bereits im Nordgate-Verbund zusammengeschlossen. Die anderen Mitglieder von Nordgate gehören bereits zur Metropolregion. Der Anschluss an die Metropolregion ist also nur konsequent und nimmt eine Entwicklung auf, die bereits weit fortgeschritten ist. So kann unsere Stadt vermehrt Nutzen aus einer koordinierten Entwicklung ziehen und vermeiden, ins Abseits zu geraten. Für jeden spürbar wäre dieser Nutzen, wenn auch der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) Neumünster einschließen würde. Dies ist sicher ein Ziel, das die Einbindung in diesen regionalen Verbund später abrunden soll. Die FDP begrüßt alle Schritte in diese Richtung. Mit Kiel als Landeshauptstadt wird Neumünster dessen ungeachtet eng verbunden sein.