Neumünster (red) Die Landtagswahl am 6. Mai hat gleich zwei Neumünsteranerinnen den Einzug in den Landtag beschert.
Neben der direkt gewählten SPDKandidatin Kirsten Eickhoff-Weber zieht auch „Piratin“ Angelika Beer über die Liste ihrer Partei in den Landtag ein. Torsten Geerdts, seit 1992 im schleswig-holsteinischen Landtag vertreten, hatte 2009 den Wahlkreis Neumünster erstmals direkt gewonnen und bekleidete seitdem sogar das Amt des Landtagspräsidenten. Er hat es, trotz aussichtsreichem Listenplatz 2, nicht mehr geschafft ins Parlament einzuziehen, da die CDU ihre 22 Sitze alle mit ihren 22 Direktmandaten auffüllen konnte und die Liste nicht mehr zog.
Mit 53.1 Prozent lag die Wahlbeteiligung in Neumünster noch unter dem Landesdurchschnitt mit 60,1 Prozent. 2009 waren noch 13,4 Prozent mehr Wähler an die Urnen gegangen, was sicher auch mit der damals gleichzeitig stattgefundenen Bundestagswahl zusammenhängt.
In Kiel wird nun an einer Regierung „gebastelt“, doch was heißt das Ergebnis für Neumünster? Das Stadtmagazin hat die fünf in der Neumünsteraner Ratsversammlung vertretenen Parteien befragt, wie sie den Ausgang der Landtagswahl bewerten? Wo sehen die Parteien die wichtigsten Aufgaben, die nun von den zwei Neumünsteraner Abgeordneten angegangen werden müssen? Gibt es Ziele, bei denen die Partei eine oder beide Abgeordnete unterstützen würden?
SPD: Mehr Geld für die Bildung
Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben mit Ihrem Votum klar die verheerende Politik von Schwarz-Gelb abgewählt und einem zukunftsorientiertem Bündnis von SPD, Grünen und SSW das Vertrauen ausgesprochen. In Neumünster hat die SPD mit Kirsten Eickhoff-Weber einen beachtlichen Sieg errungen. Die neue Regierung wird transparent und im Gespräch mit den Bürgern die Chance nutzen, in Bildung zu investieren, die Kommunen zu stärken und die Finanzen zu konsolidieren. Für die beiden Abgeordneten aus Neumünster wird es wichtig sein, sich in die Regierungsarbeit schnell und konstruktiv für unser Land, aber auch für Neumünster einzubringen. Dabei werden die bereits oben genannten Themen ihnen sehr viel abverlangen. Darüber hinaus erwarten wir, dass zum Beispiel Themen wie die Weiterentwicklung der beruflichen Bildung, die kommunale Finanzlage, der Ausbau des Tourismus sowie die Förderung unserer Stadt als Gewerbe und Handelszentrum in der Mitte Schleswig-Holsteins bei den beiden Abgeordneten ganz oben auf ihrer Liste stehen. Natürlich wird die SPD Neumünster besonders Kirsten Eickhoff- Weber, aber auch die Abgeordnete der Piraten bei allen Aktivitäten, die zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürgern, unserer Stadt und unseres schönen Schleswig-Holstein sind, unterstützen. Politik für die Menschen in unserem Land ist das Ziel.
CDU: Keine ständigen Reformen
Wir haben in Neumünster einen guten Wahlkampf geführt, dies wird auch dadurch belegt, dass wir das Erststimmenergebnis von Torsten Geerdts im Vergleich zur letzten Wahl nochmals verbessern konnten. Obwohl die Arbeit von ihm als Abgeordneter und auch als Landtagspräsident über alle Parteigrenzen hoch anerkannt ist, hat es im direkten Vergleich diesmal nicht gereicht. Das müssen wir akzeptieren und nach vorne schauen. Als Oppositionspartei werden wir Druck auf die Dänenampel ausüben müssen, damit die neue Landesregierung die Weichenstellungen der letzten Jahre nicht aufweicht. Wir hoffen, dass die beiden sich über ihre verantwortungsvolle Aufgabe im Klaren sind und ihr Mandat entsprechend ausüben. Sie sind ab jetzt Vertreter aller Neumünsteraner. Das bedeutet nicht die Vertretung parteipolitischer Interessen, sondern die Vertretung der Interessen aller Neumünsteraner. Neumünster hat eine starke Vertretung im Landtag verdient, insbesondere im Sinne der kommenden Generationen. Kinder brauchen gute Bildung, Erziehung und Betreuung und keine ständigen Reformen. Anschließend brauchen sie gute Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Start ins Berufsleben und schließlich einen finanziellen Handlungsspielraum, um ihre Zukunft eigenständig gestalten zu können. Dies haben Frau Eickhoff-Weber und Frau Beer in ihrer Verantwortung sicherzustellen. Wir werden beide Abgeordnete bei allem unterstützen, was dem Wohle Neumünsters zu Gute kommt und überall dort, wo wir die Entwicklung unserer Stadt gefährdet sehen, einschreiten.
Bündnis für Bürger: Ende der Einschnitte
Durch das Ergebnis der Landtagswahl sieht das Bündnis für Bürger die selbstherrliche und arrogante Klientelpolitik der CDU abgestraft, die Wähler haben damit zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Rückkehr zur Basis und damit zu echter Sozialpolitik wünschen. Die Linken haben es auch nicht geschafft, die Sozialpolitik voranzutreiben; man konnte bei ihnen nur innerparteiische Querelen beobachten. Einzig die FDP verspricht mehr Glaubwürdigkeit, was nach unserer Meinung allein an der Person des Herrn Kubicki festgemacht werden kann. Ob sie dem Vertrauensvorschuss gerecht werden kann, darf bezweifelt werden. Die SPD hat mit Thorsten Albig einen Sympathieträger ins Rennen geschickt und sich so die Möglichkeit der Regierungsbildung gesichert. Die Piraten ziehen die Aufmerksamkeit der Jugend auf sich, weil sie ihr Programm, so sie denn haben, nach ihr ausgerichtet hat. Wir sind gespannt, ob diese Partei tatsächlich mehr als eine kurze Modeerscheinung ist. Vom neu gewählten Landtag erwarten wir die Rücknahme des Konsolidierungspaketes für die Kommunen und endlich eine Entschuldung der kommunalen Kassen. Was bei den Banken geht, sollte auch bei Ländern und Kommunen gehen. Außerdem muss endlich das Konnexitätsprinzip in allen Belangen von Bund und Land verwirklicht werden. Es geht nicht an, dass den Kommunen die Daumenschrauben angelegt werden, während die Initiatoren der Schulden sich aus der Verantwortung stehlen. Wenn Frau Beer und Frau Eickhoff-Weber diese Problematik aufgreifen, können sie sich der Unterstützung des Bündnis für Bürger sicher sein.
Die Grünen: Einsatz für FEK und Bildung
Natürlich freuen wir uns als Partei darüber, abermals den Anteil an den Zweitstimmen im Land und in der Stadt erhöht zu haben. Wir werten dies als Zustimmung zur politischen Arbeit der Grünen. Die Möglichkeit der Beteiligung an der neuen Landesregierung sehen die Grünen ebenfalls positiv. Für Neumünster ist es darüber hinaus erfreulich, mit zwei Abgeordneten im neuen Landtag vertreten zu sein. Darüber hinaus bleibt auffällig, dass die beiden großen Parteien wiederum an Zustimmung verloren haben oder nicht so viele Stimmen zurück gewinnen konnten wie erwartet und dass mit einer Wahlbeteiligung von 60,2 Prozent der niedrigste Wert überhaupt erreicht wurde. Zu den wichtigsten Aufgaben dürften die grundgesetzliche Vorgabe eines ausgeglichenen Haushalts, die Weiterentwicklung der Bildungsinfrastruktur, die passende Schwerpunktsetzung des Landes im Rahmen der Energiewende sowie die gezielte Förderung der Wirtschaft darstellen. Darüber hinaus erwarten wir von beiden Abgeordneten, die Interessen der Stadt angemessen beim Land zu vertreten. Hierzu zählen wir den Einsatz für eine verbesserte finanzielle Ausstattung des Friedrich-Ebert-Krankenhauses, für einen Ausgleich der finanziellen Lasten, die durch Aufgabenerteilungen durch Bund und Land auf die Kommunen entstanden sind bzw. entstehen werden und für die Anbindung Neumünsters in die öffentliche Hochschullandschaft des Landes. Wir werden die Abgeordneten beim Einsatz der oben genannten Ziele gern unterstützen. Es werden sich weitere Themenpunkte ergeben, bei der eine Zusammenarbeit bzw. Unterstützung erfolgt.
FDP: Weiter Schulden abbauen
Stärkste „Partei“ ist die Partei der Nichtwähler mit 39,8 Prozent geworden. Das ist nicht das erste Mal so, stellt aber für alle anderen Parteien und selbstverständlich auch für uns eine große Herausforderung dar. SPD, Grüne und SSW, die die neue Landesregierung bilden wollen, stützen sich auf insgesamt weniger als 30 Prozent der Wahlberechtigten. Die wichtigsten Aufgaben, die in den nächsten fünf Jahren anzugehen sind, können nachgelesen werden im Landtagswahlprogramm der FDP. Wir stehen gern zur Verfügung bei der Umsetzung dieser Politik. In den wesentlichen Fragen der Landespolitik sind die Ziele der beteiligten künftigen Regierungsparteien und damit auch der Abgeordneten nicht miteinander vereinbar. Zu nennen wären hier vor allem: Die Fortsetzung der Haushaltskonsolidierung, die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur und die weitere Ausgestaltung des Schulwesens. Es gibt eigentlich nur zwei denkbare Szenarien: Entweder werden diese Hauptthemen im Koalitionsvertrag ausgeklammert oder eine oder mehrere Parteien brechen in wesentlichen Fragen ihre Wahlversprechen. Eine dritte Möglichkeit scheidet aus. Wir sehen der weiteren Entwicklung mit Interesse entgegen. Die inneren Widersprüche der „Dänen- Ampel“ werden in spätestens einem halben Jahr für jedermann offensichtlich sein.