Norderstedt (em/ls) Bis zur Scheidung der Ehe kann ein Anspruch auf Trennungsunterhalt bestehen. Dieser Anspruch endet immer mit der Rechtskraft der Ehescheidung. Auch nach der Scheidung kann ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt bestehen, der nachehelicher Unterhalt genannt wird. Dieser beginnt ab der Rechtskraft der Ehescheidung und löst den Trennungsunterhalt ab. Es handelt sich bei Trennungs- und nachehelichem Unterhalt also um zwei voneinander verschiedene Unterhaltsansprüche, die getrennt voneinander vereinbart und notfalls auch gerichtlich durchgesetzt werden müssen.

Während beim Trennungsunterhalt der Gedanke eine Rolle spielt, dass die eheliche Solidarität fortwirkt, weil die Ehe noch nicht geschieden ist und sich die Eheleute ja auch noch entscheiden könnten, zusammen zu bleiben, steht nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe der Grundsatz der wirtschaftlichen Eigenverantwortung gemäß § 1569 BGB im Vordergrund. Der Gesetzgeber formuliert das so: „Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außer Stande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nach den folgenden Vorschriften.” Das heißt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich davon ausgeht, dass die Ehegatten nach Scheidung ihrer Ehe jeweils für sich selbst sorgen sollen. Nur dann, wenn einer der Ehegatten das nicht alleine hinbekommt (obwohl er sich hinreichend bemüht hat) und wenn dieses Unvermögen letztlich auch Folge der Ehe ist, soll es gewissermaßen doch einen Unterhaltsanspruch geben. In der Praxis kommt diese Ausnahme natürlich recht häufig vor.

Die §§ 1570 bis 1576 BGB definieren nun die Tatbestände, bei deren Vorliegen an einen über die Scheidung hinaus gehenden nachehelichen Unterhaltsanspruch nachgedacht werden kann, nämlich
• wegen Kinderbetreuung,
• wegen Alters,
• wegen Krankheit,
• wegen Erwerbslosigkeit,
• als Aufstockungsunterhalt zum Ausgleich unterschiedlicher Einkommen
• bis zum Abschluss einer Ausbildung oder
• aus Billigkeitsgesichtspunkten.

Die Paragraphen stellen auch die Voraussetzungen auf, unter denen eine nacheheliche Solidarität und damit der Unterhaltsanspruch gegeben sein soll. Wie der Anspruch dann konkret aussieht, ist eine andere Frage. Dieses Spannungsverhältnis zwischen Eigenverantwortung der geschiedenen Ehegatten einerseits und nachehelicher Solidarität andererseits muss in jeder Ehe gesondert aufgelöst werden. Es muss stets im Einzelfall unter Abwägung sämtlicher Kriterien und Interessen an eine individuelle Lösung gefunden werden. Insbesondere geht es dabei darum, wie lange ein Unterhalt zu zahlen ist, und wie dieser Unterhalt gegebenenfalls stufenweise herabgesetzt werden soll. Zentrales Kriterium für die konkrete Bestimmung des nachehelichen Unterhalts ist das Vorhandensein von so genannten ehebedingten Nachteilen. Der Gedanke ist wie beim Schadensersatz: Mit dem nachehelichen Unterhalt sollen diejenigen finanziellen Nachteile ausgeglichen werden, die dem unterhaltsberechtigten Ehegatten aufgrund der Aufgabenverteilung innerhalb der Ehe entstanden sind.

Ein Beispiel: Hat Frau Müller ihr Medizinstudium wegen der Kinderbetreuung abgebrochen und kann sie dies nach 20 Jahren Unterbrechung nicht mehr nachholen, so ist sie heute so zu stellen, als hätte sie ein Einkommen als Ärztin. Sie kann so viel monatlichen nachehelichen Unterhalt beanspruchen, wie es einem Arztgehalt entspricht.

Aber auch dann, wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist der Unterhalt, so sieht es die Rechtsprechung regelmäßig, jedenfalls nach Billigkeitsgesichtspunkten für eine Übergangszeit zu zahlen. Das ist auch der Grund dafür, dass die Unterhaltsverpflichtung trotz der recht eindeutigen Formulierung in § 1569 BGB regelmäßig eben doch nicht mit der Scheidung endet. Die Höhe des Unterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Zunächst muss also festgestellt werden, welches Einkommen während intakter Ehe vorhanden war man spricht von prägendem Einkommen. Dabei zählt nicht jedes Einkommen es ist das so genannte unterhaltsrelevante Einkommen zu ermitteln. Auch beim nachehelichen Unterhalt gilt grundsätzlich die 3/7-Unterhaltsquote.

Der Unterhalt kann jedoch nach einer umfassenden Angemessenheitsprüfung in der Höhe herabgesetzt werden oder auch zeitlich befristet werden, sodass der Unterhalt danach entfällt. Spätestens diese Fragen sollten von einem Fachanwalt für Familienrecht geklärt werden.

Foto: Jörgen Breckwoldt, Rechtsanwalt und Mediator von der Kanzlei Lotz und Schmidt.

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