Norderstedt (em) Grundsätzlich kann jeder Mensch durch letztwillige Verfügung bestimmen, wer ihn beerben soll. Dieser Freiheit hat der Gesetzgeber allerdings mit dem Pflichtteilsrecht Grenzen gesetzt. Mit dem Pflichtteilsrecht soll garantiert werden, dass besonders nahestehende Angehörige in jedem Fall am Nachlass beteiligt werden.

Wer ist pflichtteilsberechtigt?
Pflichtteilsberechtigt sind der Ehegatte, die Abkömmlinge des Erblassers bzw. wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind, die Eltern des Erblassers. Unter den Abkömmlingen schließen die näheren Abkömmlinge die Entfernteren aus, also beispielsweise das lebende Kind ist pflichtteilsberechtigt, dann aber nicht die Enkelkinder.

Wie hoch ist der Pflichtteilsanspruch?
Der Pflichtteilsanspruch besteht jeweils in der Höhe der Hälfte der gesetzlichen Erbquote des betreffenden Angehörigen. Beispiel: Der A hinterlässt 2 Kinder, K 1 und K 2. Er ist unverheiratet. Per Testament verfügt A, dass K 2 sein alleiniger Erbe werden soll, während K 1 nichts erhalten soll. In der gesetzlichen Erbfolge würden die beiden Kinder des A diesen zu je die Hälfte beerben. K 1 bekommt aufgrund des Testaments nichts, so dass K 1 pflichtteilsberechtigt ist. Der Pflichtteilsanspruch beträgt damit ¼ des Wertes des Nachlasses nach A.

Was ist Inhalt des Pflichtteilsanspruches?
Der Pflichtteilsanspruch ist immer nur auf Geldzahlung gerichtet, also nie auf die Beteiligung an Sachwerten, wie z. B. Immobilien, Firmenbeteiligungen oder Kfz gerichtet. Genau hier liegt aber auch die große Gefahr: Werden Sachwerte vererbt, so kann der Pflichtteilsanspruch einen erheblichen Liquiditätsbedarf auslösen. Beispiel: In unserem Beispiel eben mag der Nachlass des A aus einem Wert von 1.000.000 Euro bestehen, allerdings verkörpert in einem Miethaus in der Innenstadt. Bargeld hinterlässt er nicht. K 2 sieht sich plötzlich einem Liquiditätsbedarf von 250.000 Euro ausgesetzt, um seinen Bruder gegenüber den Pflichtteilsanspruch erfüllen zu können. Noch schlimmer kann es einen vererbten Betrieb betreffen. Bestünde der Nachlass des A aus einem mittelständischen Betrieb, so müsste K 2 aus diesem Unternehmen das Geld aufbringen oder aber das Geld anderweitig beschaffen. Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass die Bedienung von Pflichtteilsansprüchen im Erbfall bei der Gestaltung der Erbfolge mit berücksichtigt und geplant werden muss.

Wie kann man Pflichtteilsansprüche vermeiden?
Eins ist klar, im Erbfall ist alles zu spät. Man kann langfristige Strategien anlegen, in dem man Vermögenswerte schon zu Lebzeiten auf den gewünschten Erben überträgt. Im Ergebnis läuft die landläufig bekannte 10-Jahresfrist, innerhalb welcher Schenkungen bei der Berechnung der Pflichtteilsansprüche berücksichtigt werden. Aber: Die 10-Jahresfrist läuft nur dann, wenn sich der Erblasser des Vermögensgegenstandes wirklich begeben hat, also nicht z. B. Nießbrauchsrechte an einer Immobilie vorbehalten hat. Hilfreich ist überdies alles, was die Erbquoten der Erbberechtigten untereinander beeinflusst.

So ist beispielsweise die Vereinbarung von Gütertrennung unter Ehegatten geeignet, die Pflichtteilsquoten der Kinder hochzufahren. In diesem Zusammenhang noch schlimmer ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft, da in diesem Fall der Partner überhaupt keine Pflichtteilsansprüche hat. Schließlich sollte man in Erwägung ziehen, sich zu seinen Lebzeiten mit dem ungeliebten Pflichtteilsberechtigten zu einigen, entsprechende vertragliche Vereinbarungen sind durchaus möglich, aber beurkundungspflichtig, also durch den Notar umzusetzen. Generell gilt: Wer vor einem solchen Problem steht, sollte sich rechtzeitig Rat einholen. Je eher die Dinge angegangen werden, um so mehr Zeit bleibt Gestaltungen durchzuführen.