Norderstedt (rj) Eine warme Mahlzeit und Betreuung am Nachmittag das ist das Konzept von offenen Ganztagsgrundschulen. In Norderstedt sollen bis 2022 alle zwölf Grundschulen dafür umgewandelt werden. In Friedrichsgabe läuft bereits der Betrieb, Glashütte soll in einem Jahr folgen. Nur: In der Grundschule wird es eng.
„Timing ist alles“, sagt Schulleiterin Alrun Bolz-Lahrmann über die Situation an der Müllerstraße. Rund 80 der 173 Kinder nehmen aktuell das Angebot des Mittagstisches wahr, Tendenz steigend. Die Mensa bietet jedoch nur Platz für zwölf Schüler. In mehreren Etappen werden sie versorgt, die letzten um 14.30 Uhr. Eine Situation, die nicht tragfähig ist, erst recht, wenn ab kommendem Schuljahr der offene Ganztagsbetrieb startet. „Wir müssen als Schule gut aufgestellt sein, um das auch räumlich zu bewältigen“, so Bolz-Lahrmann.
Mittlerweile liegt ein Konzeptentwurf eines beauftragten Architekten in vier Varianten vor. Nicht eine bezieht das an der Schule angesiedelte Kunsthaus mehr mit ein, das Kulturdezernentin Anette Reinders (GALiN) vor Wochen noch ins Spiel brachte und für Ärger bei den Vereinen in der Kulturstätte sorgte. Um- oder Neubau für die Mensa sowie Klassen- und Horträume der Schule? Wir fragten bei den Parteien nach, welche Lösung sie für geeignet halten.
CDU: Machbarkeit erst überprüfen
Es bleibt festzuhalten, dass es sich um ein Konzept mit unterschiedlichen Varianten und um keine konkreten Planungen handelt. Deshalb dürfte es sich auch bei den vorgelegten Zahlen nur um grobe Schätzungen handeln.
Zwei Dinge sind bei der Präsentation des Konzeptes deutlich geworden: 1. Die Wünsche und Notwendigkeiten der Schule wären im Kunsthaus nicht abdeckbar. 2. Besonders im Betreuungsbereich besteht Handlungs- und Investitionsbedarf. Die vorgelegten Konzeptvarianten sind in engagierter Zusammenarbeit zwischen Schulgemeinschaft und Architekten entstanden und bilden eine gute Grundlage für die weiteren Diskussionen in den Gremien. Vor dem Hintergrund begrenzter Mittel und der Tatsache, dass wir in Norderstedt insgesamt zwölf Grundschulen in offene Ganztagsgrundschulen umwandeln wollen, ist die Gesamtsumme auf dem Wunschzettel von 2 Millionen Euro kritisch auf die Notwendigkeiten und Finanzierungsmöglichkeiten hin zu überprüfen. Erste Entscheidungen sind frühestens Anfang November zu erwarten.
SPD: Gebäude in Fertigbauweise
Für uns ist klar, dass das Kunsthaus für den Mensa-Neubau nicht angetastet werden darf. Der Versuch der Verwaltung, die Kulturträger und die Schulgemeinschaft gegeneinander auszuspielen, hat zu einem bislang nicht abschätzbaren Vertrauensverlust geführt.
Dieses Vorgehen war aus unserer Sicht unnötig. Wir sind davon überzeugt, dass mit einem Modulgebäude, also einem Gebäude in Fertigbauweise Kosten gespart werden können. In Bezug auf Qualität und Dauerhaftigkeit stellen Gebäude in Stahl-Modulbauweise heute eine gleichwertige Alternative zum Massivbau dar. Sie bieten Bauherren der öffentlichen Hand jedoch unschlagbare Vorteile insbesondere in puncto Wirtschaftlichkeit, Investitionssicherheit und Nachhaltigkeit.
Im gesamten Bundesgebiet gibt es gute Beispiele für den Erfolg dieser Bauweise sie können als Vorbild für unsere Stadt dienen. Der Mensa-Neubau könnte somit ohne Schwierigkeiten auf dem Schulgelände seinen Platz finden. Die Stadtverwaltung ist nun gefordert, eine kreative Lösung vorzuschlagen.
GALiN: Räume durch Reorganisation
Die Grundschule ist sehr gut ausgestattet, nach Meinung einiger Kenner der Örtlichkeiten „die am besten ausgestattetste Grundschule“.
Mit Beginn des nächsten Schuljahres soll dort für den Ganztagsbetrieb eine größere Mensa eingerichtet werden. Da es dort einige schulfremd genutzte Räume gibt, dürfte es keine größeren Probleme bereiten, durch Reorganisation und entsprechende bauliche Veränderungen einen geeigneten Raum zuschaffen, der überdies eine Küche aufnehmen kann. Die Schulverwaltung muss doch wesentlich enger mit den zukünftigen Offenen Ganztagsgrundschulen kooperieren, um den in den Schulen erarbeiteten Wunschzettel in eine, auch finanziell, machbare Checkliste zu überführen. Dazu ist auch durch ständige Gespräche sicherzustellen, dass das Konzept der offenen Ganztagsgrundschule an allen Schulen verinnerlicht und bejaht wird. Der GALiN-Fraktion wird die Umsetzung der OGGS weiterhin unterstützen. Auch, wenn als Zwischenlösung hier und da ein Container aufgestellt werden muss.
FDP: Jetzt Nägel mit Köpfen machen
Die Besichtigung der Grundschule und das Gespräch mit Schulleitung und Elternvertreter hat gezeigt, dass dort nicht nur eine Mensa für rund 120 Kinder gebaut werden muss. Es fehlen auch die notwendigen Räume, um die offene Ganztagsschule durchführen zu können. Wir Liberalen können uns vorstellen, dass die neue Mensa seitlich an die zukünftigen Gruppenräume angebaut wird. Auf der anderen Seite des Gebäudes könnten dann drei Klassenräume mit Differenzierungsräumen geschaffen werden. So würde das jetzt sehr zergliederte Gebäude eine vernünftige Struktur erhalten und es könnten die Fachräume wieder genutzt werden.
Die FDP möchte geprüft haben, ob die Mensa durch mobile Trennwände auch für Gruppenräume geeignet wäre. Nach ersten Schätzungen kostet der Neubau mit 434 Quadratmetern, von denen weniger als die Hälfte auf Mensa und Küche entfallen, etwa 1,9 Millionen Euro. Die FDP hält die Finanzierung ohne Kreditaufnahme für möglich, da die städtischen Steuereinnahmen in diesem Jahr höher als erwartet ausfallen.
Die Linke: Zukunftsmodell statt Sanierung
Die nötigen Baumaßnahmen betreffen nicht nur die Mensa, sondern den gesamten Schulbereich.
Ohne die Kenntnis der einzelnen Varianten für An- beziehungsweise Neubauten wird es dem Leser schwerfallen, die Unterschiede zu erkennen. Wir werden uns für eine Lösung einsetzen, die den Ansprüchen, die Wirtschaft, Gesellschaft und Politik an unsere Schulen stellen, gerecht wird. Wenn wir es ernst nehmen mit Forderungen nach zum Beispiel Inklusion, Binnendifferenzierung, individueller Förderung und Forderung, Doppelbesetzungen von Lehrkäften und Sozialpädagogen im Unterricht, müssen wir die räumlichen Voraussetzungen dafür schaffen. Die Notwendigkeit von Baumaßnahmen ist unstrittig. Wir sollten die Chance nutzen, jetzt Standards zu setzen, die auch zukünftigen Anforderungen genügen, anstatt der Entwicklung ständig hinterher zu sanieren. Eine vernünftige Lösung sollte nicht an den Kosten scheitern, sondern wir müssen jetzt in die Zukunft unserer Kinder, in unsere Zukunft investieren.