Bad Segeberg (em) Nachwuchs im Handwerk wird in Zeiten der Akademisierung und Digitalisierung händeringend gesucht. Mit Musik, bunter Lichtshow und launiger Moderation konnte die Kreishandwerkerschaft Mittelholstein die neuen Lehrlinge begrüßen.

Als einen „phänomenalen Anblick, der Gänsehaut verursacht“, bezeichnete Kreishandwerksmeister Lars Krückmann am Donnerstagabend die mit insgesamt 800 Gästen rappelvolle Veranstaltung zur Einschreibungsfeier der Kreishandwerkerschaft Mittelholstein. Nach eingeschränkten Veranstaltungen während der Corona-Pandemie konnten jetzt rund 450 Besucher in der Kreissporthalle in Bad Segeberg die feierliche Einschreibung von rund 350 Handwerkslehrlingen aus 13 Gewerken und 15 Innungen der Kreise Segeberg und Neumünster begleiteten.

So manchem jungen Auszubildenden zitterte vor Aufregung die Hand, als in einem feierlichen Moment die Eintragung des Namens in die Lehrlingsrolle erfolgte und damit der Eintritt in den neuen Lebensabschnitt als Handwerkslehrling traditionell besiegelt wurde. Stellvertretend für jede der 15 Innungen schritten Ausbilder, Obermeister und Lehrlinge zum Pult vor der Bühne, um die feierliche Eintragung vorzunehmen. Im Anschluss zündete jede Innung an einem eigens vorgesehenen Tisch die Kerzen neben ihrer Innungslade an. „Ich bin schon ein bisschen aufgeregt“, gab Elias Ratzmann aus Bad Bramstedt kurz vor dem wichtigen Ereignis zu. Der 16-Jährige will Mechatroniker für Kältetechnik werden. Stark nachgefragt waren das Baugewerbe mit rund 80 Lehrlingen und auch die Ausbildung zum Elektriker und Kraftfahrzeugmechaniker war bei den jungen Erwachsenden sehr gefragt.

Nach dem Einmarsch der Gewerke, der von einer imposanten Lichtershow begleitet wurde, griffen die jungen Handwerker Jessica Stange, Gina Kepke und Björn Elsner zum Mikrofon und führten launig durch den Abend. Auf das Podium holten sie Vertreter aus Politik und Handwerk und fühlten ihnen auf den Zahn.

Dass auch in Zeiten der Digitalisierung das Handwerk unabdingbar ist, betonte der Kreishandwerksmeister Lars Krückmann aus Norderstedt: „Das Handwerk ist nicht durch Computer ersetzbar. Eine Zange passt nicht durchs Internet.“ Zugleich mahnte er vor der Akademisierung der Schulabgänger: „Zu viele junge Leute wollen Abitur machen und anschließend studieren. Dadurch bricht uns der Nachwuchs weg.“ In die gleiche Kerbe hieb die Vize-Präsidentin der Handwerkskammer Lübeck, Malermeisterin Simone Speck aus Neumünster: „Dass das Handwerk etwas Tolles und Solides ist, muss schon an der Basis in Schule und Familie vermittelt werden.“ Bestätigung gab es vom Kreispräsidenten des Kreises Segeberg, Claus Peter Dieck, der betonte: „Man soll nicht glauben, dass ein Bachelor-Absolvent weniger Sorge vor Arbeitslosigkeit haben muss als ein Meister. Die Gleichwertigkeit einer dualen Ausbildung und einem Studium muss noch stärker herausgestellt werden.“ Simone Speck kritisierte zudem das Ausmaß der Bürokratie und appellierte an die Politik, die Rahmenbedingungen für das Handwerk zu verbessern: „Wir wünschen uns angesichts der durch Materialknappheit und Energiekrise ausgelösten Existenzängste Hilfe von der Politik.“
Abgerundet wurde das Programm von Livemusik des Maurers und Musikers Björn Paulsen.

Text und Fotos: Einmarsch der Dachdecker ©Kreishandwerkerschaft Mittelholstein