Bad Segeberg (em) In den Monaten März und April beginnen in Deutschland für rund 1,3 Millionen Motorräder mit Saisonkennzeichen die ersten Ausfahrten 2016. Und auch die Zweiräder mit Ganzjahreskennzeichen werden mit den steigenden Temperaturen wieder stärker am Straßenverkehr teilnehmen.

Gerade zu Beginn der Saison, wo Biker nach der Winterpause noch nicht wieder ihre Bestform erreicht und Autofahrer sich noch nicht an die schnellen Verkehrsteilnehmer gewöhnt haben, besteht eine erhöhte Unfallgefahr. Bei rund 600 Unfällen im Jahr gibt es den sogenannten „Personenschaden“: Verletzte oder gar Tote. „Deshalb ist Erste Hilfe so unglaublich wichtig“, erklärt Torsten Güldensupp, Leiter der TÜV-STATION Bad Segeberg. Wie bei jedem Verkehrsunfall bleibt die grundsätzliche Reihenfolge gleich:

1. Absichern und Eigenschutz
Egal ob man selbst beteiligt ist oder als Ersthelfer hinzukommt, so gilt der Eigenschutz als oberste Prämisse. Dazu gehört beispielsweise die Absicherung der Unfallstelle vor dem Notruf und dem Beginn der Ersten Hilfe und die Einschätzung, ob man ungefährdet Hilfe leisten kann. Denn man ist nicht verpflichtet, sich selbst in Gefahr zu begeben, um anderen zu helfen.

2. Notruf
Mit der 112 gibt es eine europaweit gültige Notrufnummer, die man jederzeit kostenfrei anrufen kann, um Rettungskräfte anzufordern auch vom Handy. Zusätzlich gibt es auf Autobahnen in regelmäßigen Abständen orangefarbene Notrufsäulen. Ein Notruf kann also immer abgesetzt werden. Dabei sollten den Rettungskräften die fünf „W-Fragen“ beantwortet werden:
• WO ist der Unfall geschehen?
• WAS ist geschehen?
• WIE VIELE Personen sind verunglückt?
• WELCHE Verletzungen liegen scheinbar oder offensichtlich vor?
• WER meldet den Unfall?

Doch auch nach der Beantwortung der fünf „W-Fragen“ sollte der Notruf nicht einfach beendet werden, da es sein könnte, dass die Rettungskräfte noch weitere Fragen oder Handlungsanweisungen für die Ersthelfer haben. Das Gespräch sollte immer von den Rettungskräften beendet werden.
3. Lebensrettende Sofortmaßnahmen
Sofern es ungefährdet möglich ist, sollten anschließend die lebensrettenden Sofortmaßnahmen beginnen. Dazu gehören Wiederbelebungsmaßnahmen, die stabile Seitenlage, Stillung von stark blutenden Wunden und die Schockbekämpfung. Gerade bei den Wiederbelebungsmaßnahmen nach Atem- oder Kreislaufstillstand gilt es, nicht zögerlich zu sein, erklärt Güldensupp. „Das heißt, dass man nichts verschlimmern kann, selbst wenn man Fehler macht. Wer es nicht riskiert, kann das Leben des Unfallopfers auch nicht retten.“ Deshalb sollten Wiederbelebungsmaßnahmen bis zum Erfolg oder dem Eintreffen der Helfer durchgeführt werden.

„Bei Motorradfahrern stellt sich zusätzlich die Frage nach dem Helm“, weiß Güldensupp. „Sofern der Biker bei Bewusstsein ist, sollte man den Helm nicht abnehmen, da dieser Kopf- und Halswirbelsäule stabilisiert.“ Verletzungen in dem Bereich treten bei jedem zehnten verunglückten Motorradfahrer auf. „Allerdings gilt auch das Selbstbestimmungsrecht, so dass der Verunglückte selbst entscheiden darf, ob er den Helm abnehmen will oder nicht.“ Anders verhält es sich, wenn das Unfallopfer nicht ansprechbar ist. „Im Fall einer Bewusstlosigkeit muss der Helm entfernt werden, um die stabile Seitenlage und Wiederbelebungsmaßnahmen zu ermöglichen“, so der TÜV-Experte. „In diesem Fall ist das Risiko einer weiteren Wirbelsäulenverletzung geringer, als die Gefahr durch Ersticken oder Herzstillstand.“

Wenn der Helm abgenommen werden muss, so sollte das vorsichtig geschehen und die Halswirbelsäule dabei so gut wie möglich stabilisiert und fixiert werden. „Optimalerweise wird der Helm von zwei Helfern abgenommen“, so der Stationsleiter.

• Der erste Helfer kniet oberhalb des Kopfes und stabilisiert den Hals, indem er seitlich Helm und Unterkiefer umfasst und den Kopf leicht zu sich hinzieht.
• Der zweite Helfer kniet seitlich neben dem Oberkörper des Verletzten, öffnet das Visier, entfernt gegebenenfalls eine Brille und öffnet den Kinnriemen.
• Anschließend übernimmt der zweite Helfer die Stabilisation der Halswirbelsäule, in dem er seitlich unter den Helm greift und den Kopf leicht anhebt.
• Der erste Helfer zieht dann langsam und vorsichtig den Helm ab. Dabei sollte der Helm unten leicht auseinandergezogen werden, um etwas mehr Platz für Nase und Ohren zu schaffen.
• Helfer eins übernimmt nun wieder die Fixierung des Kopfes, indem er ihn seitlich greift und mit den Zeigefingern den Unterkiefer etwas nach vorne schiebt. So kann der Bewusstlose besser atmen.
• Sofern der Bewusstlose nicht erbrechen muss, sollte diese stabile Position bis zum Eintreffen des Notarztes beibehalten werden. Andernfalls ist ein Wechsel in die stabile Seitenlage nötig trotz eines möglichen Verletzungsrisikos an der Halswirbelsäule.

„Egal, ob bei einem Motorrad- oder Autofahrer Kenntnisse in Erster Hilfe sollten regelmäßig aufgefrischt werden“, empfiehlt Güldensupp. Erste-Hilfe-Kurse werden regelmäßig von verschiedenen Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz angeboten. Zusätzlich hat der TÜV-Experte noch einen Rat hat: „Wenn der Verunglückte keine Lebenszeichen von sich gibt, seien Sie mutig. Sie können mehr helfen als schaden.“