Norderstedt (em) Am Weltfrauentag, 8. März, laden die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Norderstedt, Claudia Meyer, und die Stadtbücherei Norderstedt/Bildungswerke gemeinsam zu einer Lesung in die Bücherei Norderstedt-Mitte ein.

Autobiographie einer Fernfahrerin
Regina L. lebt in einer Kleinstadt in Österreich und aufgrund ihrer turbulenten Vergangenheit, beginnt sie mit dem größten Abenteuer ihres Lebens. Der Anfang ihrer Fernfahrerkarriere stellte sich schwieriger dar, als die junge Frau es sich gedacht hatte. Nachdem sie den Führerschein im Jahre 1994 für den 38 Tonner endlich in der Tasche hatte, begann sie Anfang Sommer mit der Arbeitssuche für eine Stelle als Lkw-Chauffeurin, die im tiefsten Winter endete. Da Frauen zu dieser Zeit vorwiegend zum Gebären von Kindern und für den Haushalt bestimmt waren, wurde sie von vielen Firmeninhabern nur verhöhnt. Von über 120 Firmen hatte sich nur ein Betrieb dazu bereit erklärt, ihr die Chance für den Neuanfang zu geben.

Völlig unerfahren trat die junge Frau Montag abends ihren Dienst an. Schon alleine die Abfahrt bei der ersten Tour war ein Problem, da sie bis jetzt nur in der Fahrschule mit so einem großen Lastkraftwagen gefahren war und der Lehrer immer daneben saß. Doch heute war alles anders. Das Glücksgefühl beim Einräumen der Reisetaschen endete mit einem Schlag, als ihr bewusst wurde, dass sie nicht die leiseste Ahnung hatte, wie sie den riesigen Truck vom Platz bewegen sollte. Immer wieder startete sie einen Versuch, den Ganghebel in die richtige Position zu bringen, doch es gelang ihr trotz „Zwischenkuppeln“ und „Zwischengas“ geben nicht.

Es war Regina nicht entgangen, dass ihr Chef sie aus einiger Entfernung kritisch beobachtete und voller Wut und Verzweiflung startete sie einen Versuch nach dem anderen, um den Lastwagen wenigstens aus dem Blickfeld ihres neuen Arbeitgebers wegbewegen zu können, um sich danach eingehend mit der Handhabung des Getriebes zu befassen. Kurz vorm Aufgeben ließ sich der spießige Ganghebel, wie durch ein Wunder, in die richtige Stellung bewegen und sie fuhr mit lautem Aufheulen des Motors Richtung Autobahn. Schon zu Beginn ihrer Fernfahrerkarriere lernte die Frau, wie hart und einsam so ein Fernfahrerleben sein konnte, doch sie dachte nicht im Traum daran, ihr hochgestecktes Ziel aufzugeben. Die ersten Wochen wurden für Regina zum Höllenritt in eine ihr unbekannte Domäne, die sie jedoch im Laufe der Zeit zu lieben lernte. Die Fernfahrerin musste auf brutalste Weise lernen, dass das Leben auf der Straße sehr gefährlich sein konnte, denn in den ersten Wochen wurde sie das Opfer eines Überfalls.

Nur die Erinnerung an die Vergangenheit, wie tief sie damals gesunken war, als sich ihr Freund mit dem gesamten Geld aus dem Staub gemacht hatte, ließ sie weiter machen. Nie wieder wollte Regina von jemandem abhängig sein und trotz ihrer Ängste, fuhr sie weiterhin in die Ferne. Der Dienstgeber der ersten Firma wusste von ihren früheren Problemen und nutzte dies ohne jegliche Skrupel aus. Schon beim Lohn wurde sie benachteiligt, weil sie Anfängerin und vor allem eine Frau war. Als die Kraftfahrerin dann auch noch ein paar Wochen später auf der Autobahn in die Leitplanke knallte, wurde ihr Gehalt nochmals gekürzt.

Niemals wollte sie, wie es vielen anderen Fahrern schon passiert war, einen Sekundenschlaf erleben. Und doch war es passiert. Es kam, wie es kommen musste. Regina konnte damals nicht einschätzen, wann sie stehen bleiben musste, um ein paar Stunden zu schlafen. Sie hatte großes Glück, denn beim Anprall wurde die Kraftfahrerin aus ihren Träumen gerissen und konnte so schlimmeres verhindern. Natürlich gab es nicht nur Schattenseiten in diesem großartigen Beruf, man konnte auch durchaus Schönes erleben. Sie bereiste Länder, die sie privat nie besuchen hätte können wenn sie nicht in diesem Job gearbeitet hätte und lernte großartige Menschen kennen, mit denen sie heute noch in Kontakt ist.

Die Lkw-Fahrerin bekam außergewöhnliche Landschaftsschauspiele zu Gesicht, aus denen sie Kraft schöpfen konnte. Schiffsreisen, auch wenn sie beruflicher Natur waren, machten ihr Leben auf der Straße lebenswert. Städte, die sie in der Ruhepause oder an den Wochenenden mit ihren Kollegen erkunden konnte, ließen sie die nächsten 20 Jahre durchhalten. Eines Tages konnte sich die Lkw-Fahrerin, aufgrund ihrer vorhandenen Praxis, einen neuen Betrieb suchen, wo die Arbeitsbedingungen um einiges besser waren und die Kollegialität an erster Stelle stand. Sie wurde im Laufe der Zeit von allen Kollegen und auch vom neuen Chef akzeptiert. Langsam aber sicher, ging es beruflich und privat bergauf mit ihr. Man konnte fast behaupten, dass sie ab diesem Zeitpunkt glücklich war.