Bad Segeberg (em) Es war ein Abend der Rückschau und des Ausblicks: Die Feier zum 150-jährigen Bestehen des Kreises Segeberg, zu der am vergangenen Freitag, 8. September rund 200 Gäste nach Bad Segeberg kamen.
Fast auf den Tag genau 150 Jahre war es am Festabend her, da verfügte Wilhelm, König von Preußen, dass in der Provinz Schleswig-Holstein 20 Kreise gebildet werden sollen. An deren Spitzen sollten Landräte stehen, die durch den König ernannt wurden. „Diese Kreise hatten noch nicht so viel zu tun mit den heutigen elf in Schleswig-Holstein“, sagte Landrat Jan Peter Schröder in seiner Begrüßung im Kreistagssitzungssaal. Kommunale Selbstverwaltung nach heutiger Vorstellung in einer Demokratie habe es noch nicht gegeben. „Und so könne man sich fragen, ob der 22. September 1867 dann überhaupt der Grund für einen Feiertag 150 Jahre später sein kann“, so Schröder, der die Antwort sogleich hinterherschob: „Ich denke ja, denn die Verfügung war der Ausgangspunkt für eine Entwicklung, die zu den heutigen Kreisen geführt hat.“
Einer von zwei Festrednern war Professor Dr. Hans-Günter Henneke, geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistags und für seine „Reden der anderen Art“ bekannt, wie Landrat Schröder ihn anmoderierte. Und tatsächlich präsentierte Henneke einen Mix aus fundiertem historischen Wissen, lockeren Anekdoten und einer Prise Humor, mit dem er die Lacher der Anwesenden immer wieder auf seiner Seite hatte.
„Am 22. September 1867 hätte man angesichts der ablehnenden Haltung der schleswig-holsteinischen Bevölkerung nicht prognostiziert, dass 150 Jahre später der Erlass der preußischen Kreisordnung in Schleswig-Holstein feierlich gewürdigt werden würde“, so Henneke. Aber die Kreisbildung habe unbestritten eine Identifikation der Bevölkerung mit dem jeweiligen Kreisgebiet geschaffen. „Das ist allemal feierliche Würdigung wert.“
Als weiterer Festredner ergriff Schleswig-Holsteins noch neuer Innenminister Hans- Joachim Grote das Wort. Der ehemalige Norderstedter Bürgermeister hatte Glückwünsche von Ministerpräsident Daniel Günther sowie der gesamten Landesregierung im Gepäck. Der Kreis Segeberg sei sein Heimatkreis und es sei daher eine große Ehre für ihn, an diesem Abend „als Ihr Innenminister zu reden“, sagte er in Richtung Gäste, die der CDU-Politiker auf eine „kleine Gedankenreise“ mitnahm.
„1867 war das Land etwas unübersichtlicher gegliedert. Das Straßennetz ließ zu wünschen übrig.“ Zudem sei Karl May noch nicht einmal Schriftsteller gewesen, sondern wurde als Betrüger, Dieb, Landstreicher und wegen weiterer Vergehen mehrfach verurteilt. Damals hatten auch nur drei Prozent der Bevölkerung ein Wahlrecht ausnahmslos Männer. „Die Welt von damals ist verschwunden so wie die Pferdefuhrwerke.“ Jeder und jede könne sich heute einbringen und jede Stimme zähle, sagte Grote. „Mit ihren Reformen führten die Preußen damals eine liberale Gemeindeund Städteordnung ein. Eine Auswirkung davon war unter anderem eine Stärkung der Demokratie.“
Grotes Reise führte weiter vom Bevölkerungswachstum im Kreis über die Selbstverwaltung als „ein unglaubliches Privileg“ und die Möglichkeit, wählen zu dürfen, hin zum politischen Ehrenamt, der Bedeutung des ländlichen Raums und der Chance, „die Bedürfnisse der heutigen Segeberger Bürgerinnen und Bürger aufzugreifen: Im Grünen wohnen, fernab der Städte und Massen, doch mit einer Datenverbindung in die ganze Welt.“
Auch Vertreter aus dem polnischen Partnerkreis Drwasko ließen es sich nicht nehmen, an den Feierlichkeiten teilzunehmen. Der stellvertretende Kreispräsident Marek Banazek sowie der Vize-Landrat Jacek Koslowski überreichten als Jubiläumsgeschenke zwei Gemälde aus ihrer Heimat sowie eine junge Weißbuche, die unter anderem für Zielstrebigkeit und Mut stehe. „Gerade in unruhigen Zeiten wie diesen ist mir diese langjährige und innige Partnerschaft sehr wichtig. Ich freue mich, dass Sie da sind“, sprach Landrat Schröder seinen Dank aus.
Der Kreis Segeberg stehe für eine besondere Entwicklung: Aus einem kargen Landstrich sei ein prosperierender Teil der Metropolregion Hamburg geworden, sagte Kreispräsident Winfried Zylka, der am Samstag nach dem Festakt seinen 9.999 Tag im Amt feiern konnte. Zylkas Part war es, die Jubiläumsausstellung „Kreis Segeberg 150 Jahre“ im unteren Foyer des Kreishauses offiziell zu eröffnen. Zu sehen gibt es dort bis Ende des Jahres zu den allgemeinen Öffnungszeiten der Kreisverwaltung Bilder und „bewusst kurze, prägnante“ Texte aus ausgewählten Bereichen, die die vergangenen 15 Jahrzehnte des Kreises auf 18 Schautafeln widerspiegeln.
Im Anschluss an den Festakt feierten die Gäste im festlich dekorierten Zelt im Garten des Hauses Segeberg bei Essen, Getränken und Musik mit dem Ensemble „stillos?!“ weiter.