Kaltenkirchen (em) Bürgermeister Hanno Krause hatte in einem Positionspapier an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die finanzielle Lage der VHS thematisiert, die durch die stark steigende Zahl an Zuwandernden und die erforderlichen Sprachkurse angespannt ist.

Die Antwort des BAMF stellt Bürgermeister Hanno Krause nicht zufrieden: „Ich entnehme Ihrem Schreiben keine zielführende Richtungsweisung und es bleibt somit leider wie so oft an den Städten und Gemeinden, somit an der Basis des Geschehens vor Ort hängen, die finanzielle Leistungsfähigkeit der VHS letztendlich zu sichern. Dieses auch vor dem Hintergrund, dass VHS sehr oft Aufgaben übernimmt, die eigentlich von Bund und Ländern voll finanziert werden müssen. Insofern nehmen Sie bitte meine Enttäuschung zur Kenntnis.“

Hier das Antwortschreiben von Dr. Hans-Eckhard Sommer, Präsident des BAMF, im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 28.11.2022, in welchem Sie das Sprachkursangebot in Ihrer Gemeinde angesichts der stark ansteigenden Anzahl von Zuwandernden thematisieren. Zu den Ausführungen in Ihrem Positionspapier möchte ich wie folgt antworten:

Die Integrationskursträger haben im laufenden Jahr 2022 auf mehr als eindrucks-volle Weise ihre Flexibilität und Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Bundesweit haben bis heute rund 325.000 neue Teilnehmende einen Integrationskurs begonnen in den drei Monaten September, Oktober und November 2022 alleine waren dies mehr als im gesamten Jahr 2021. Eine daraus abgeleitete Erwartungshaltung, dass diese Steigerung unvermindert weitergeführt werden kann, ist nicht zu vertreten. Diese Steigerung wird sich allerdings nicht unvermindert fortsetzen lassen. Die von Ihnen angeführten Zahlen unterstreichen sehr eindrucksvoll, vor welchen Herausforderungen wir alle aktuell stehen. Ich kann Ihnen versichern, dass das BAMF bereits an Maßnahmen arbeitet, um weitere Aufstockungen der Kurskapazitäten zu fördern. Für Ihre bisherigen und künftigen Anstrengungen, möglichst allen Interessierten ein adäquates Kursangebot zu machen, danke ich Ihnen sehr. Ohne Ihr großes Engagement wäre die bisher erreichte Angebotsaufstockung nicht möglich gewesen.

Zu dem von Ihnen beigefügten Appell kann ich Ihnen die folgenden Informationen geben:

  1. Es ist jederzeit möglich, die Zulassung als Integrationskursträger um zusätzliche Kursorte zu erweitern. Auf die Bereitstellung zusätzliche Räume durch die Kommunen sowie die Umschichtung von Personal innerhalb der Kommunalverwaltung hat das BAMF jedoch keinen Einfluss, da beides nicht in den Verantwortungsbereich des Bundes fällt.

  2. Selbiges gilt für die Erhöhung von Landesmitteln für zusätzliche Personalressourcen an Volkshochschulen, um weitere Integrationsangebote des Lan-des zu finanzieren. Auch dies regeln die Bundesländer in eigener Verantwortung.

  3. Ihr Wunsch nach mehr Haushaltsmitteln für Erstorientierungskurse ist verständlich und nachvollziehbar, jedoch liegt die Entscheidung hierüber eben-falls nicht beim BAMF, sondern beim Deutschen Bundestag als Haushaltsgesetzgeber.

  4. Der Kostenerstattungssatz wurde erst am 01.08.2022 erhöht. Eine Komponente hiervon ist das Lehrkräftehonorar. Hier wurde die sog. „untere Honorargrenze“ seit 2016 mehr als verdoppelt. Mögliche weitere Erhöhungen bedürfen der Bereitstellung entsprechender Mittel durch die Bundesregierung.

  5. Das BAMF ist stets bestrebt, die Verfahrensabläufe möglichst bürokratiearm zu gestalten. Dennoch ist ein gewisses Maß an Verwaltungsaufwand u.a. im Hinblick auf eine sinnvolle und zweckmäßige Verwendung von Steuergeldern unverzichtbar. In enger Zusammenarbeit mit Kursträgerverbänden wird aktuell geprüft, wo vermeidbarer Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten (Träger, Lehrkräfte, BAMF etc.) reduziert werden kann. Die gemeinsam erarbeiteten Verwaltungsvereinfachungen werden dann zügig umgesetzt. Die Erfordernisse der Erwachsenenpädagogik und Sprachdidaktik werden dabei berücksichtigt.
    Zur Erhöhung der Lehrkräftekapazitäten wurden bereits verschiedene Maßnahmen veranlasst, beispielsweise die verstärkte Zulassung von neuen Lehrkräften und die Reaktivierung von bereits zugelassenen Lehrerinnen und Lehrern. Darüber hinaus wurde auch die Vergütungsuntergrenze von freiberuflich tätigen Lehrkräften zum 01.08.2022 von 41,00 Euro auf 42,23 Euro angehoben.

Derzeit wird außerdem ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Sicherung und Erhöhung der Lehrkräftekapazitäten in Integrations- und Berufssprachkursen vorbereitet, bei dem unter anderem die Rahmenbedingungen bei der Zulassung und Qualifizierung von neuen Lehrkräften weiterentwickelt werden, um potentiellen Lehrkräften den Einstieg ins Integrationskurssystem zu erleichtern. Einerseits sollen beispielsweise die Möglichkeiten für den Quereinstieg ausgebaut und flexibler gefördert werden, andererseits soll auch pensionierten Lehrkräften aus dem Schuldienst unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht werden, ohne Zusatzqualifizierung in Integrationskursen zu unterrichten.

Ein breiter Zugang zum Integrationskurssystem für Lehrkräfte ohne akademischen Abschluss ist aus Sicht des BAMF jedoch nicht sinnvoll. Die Zulassung von Lehrkräften unterliegt bundeseinheitlichen Kriterien gem. § 15 IntV, aus denen hervorgeht, dass mindestens ein Hochschulabschluss auf Bachelor-Niveau (oder vergleichbar) bzw. alternativ ein sprachlicher Berufsabschluss als formelle Mindestanforderung vorliegen muss. Darüber hinaus muss eine fundierte Zusatzqualifikation in „Deutsch als Zweit- bzw. Fremdsprache“ nachgewiesen werden. Diese Entscheidung über formale Erfordernisse wird auch von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis mitgetragen. Diverse wissenschaftliche Studien belegen den direkten Zusammenhang zwischen der Qualifikation der Lehrkraft und dem Kurserfolg der Teilnehmenden. Daher halten wir ganz bewusst trotz aller quantitativer Herausforderungen an den wesentlichen qualitativen Standards fest.

Das BAMF beobachtet diese Situation aufmerksam, um bei Bedarf mit zusätzlichen Maßnahmen nachsteuern zu können.